Homeoffice stresst viele Paare

Corona, Inflation, Krieg, Energiekrise: Das Beratungszentrum Ost in Rodgau bietet Menschen Hilfe in der Krise.
Nieder-Roden – Es sind schwerwiegende Probleme, die große Teile der Bevölkerung schon über längere Zeit quälen. Reicht das Budget noch für den Lebensmitteleinkauf? Welche Belastung flattert mit der nächsten Heizkostenabrechnung ins Haus? Wird die Gefahr durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine auch für Deutschland noch größer?
Solcher Art existenzieller Bedrohung können manche Menschen nur schwer aushalten, ohne emotionalen Schaden zu nehmen. Die Zahl der Ratsuchenden steigt, auch immer mehr Kinder leiden unter der Situation.
Das macht sich auch im Beratungszentrum Ost in Nieder-Roden bemerkbar. Dort sind eine Beratung für Eltern, Kinder und Jugendliche, Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Unterstützung bei Schuldenproblemen sowie Insolvenzberatung und Unterstützung bei Suchtproblemen angesiedelt.
Bei den Angeboten am Puiseauxplatz hat die Schuldner- und Insolvenzberatung Hochkonjunktur und die drei Beschäftigten auf den insgesamt 2,5 Stellen haben alle Hände voll zu tun. Wenn das knappe Budget bereits durch die heftige Inflation geschmälert ist, wie soll dann auch noch die Verdopplung beim Gaspreis verkraftet werden?
„Mit solchen Fragen kommen unsere Kunden zu uns“, berichtet Janina Staudt. Nicht nur die große Nachfrage führt zu einem höheren Arbeitsaufkommen bei den Schuldenexperten, sondern auch die staatlichen Hilfen, die nun gewährt werden. Sie müssen in die Anträge eingearbeitet werden.
Außerdem betreiben die Berater einen großen bürokratischen Aufwand zwischen Datenschutz und Statistik: „So geht für einen 15-minütigen Termin etwa die doppelte Zeit in der Nachbereitung drauf“, erläutert die Schuldnerberaterin. Hinzu kommen nun häufig Nebenkostenabrechnungen, die viele Bürger mit einem Einkommen nur knapp über einer Bemessungsgrenze für finanzielle Hilfen, in die Bredouille bringen können. Außerdem könne es sein, dass sich durch die zusätzlichen Kosten eventuell ihr Anspruch auf staatliche Hilfen verändert habe und sie auf einmal bezugsberechtigt seien, erklärt Janina Staudt.
Die angespannte finanzielle Lage belaste die Familien enorm, sagt auch Sybille Schilling, die das Beratungszentrum des Caritasverbandes leitet. Insbesondere die Arbeit im Homeoffice über längere Zeit stresse viele Paare sehr: Deswegen gehe es in der Lebensberatung häufig um Themen wie Trennung und auch das Umgangsrecht. Darüber hinaus gebe es bei hochstrittigen Paaren meist einen großen Aufwand, weil viele Mails hin- und hergingen und unzählige Telefonate geführt würden.
„Auch der therapeutische Bedarf bei Kindern nimmt zu“, ist die Erfahrung der Beratungsstellenleiterin. Häufig geht es dabei um knallharte Themen wie Zwänge, Depressionen und Selbstverletzungen. Bereits in ihrem Jahresbericht aus dem vergangenen Jahr hatten die Fachleute festgestellt, dass sich immer mehr Kinder selbst in die Haut schneiden oder ritzen, weil sie unter Druck stehen. (Simone Weil)