Jacksons Gemälde sollen reisen

Rodgau – Corona vermag vieles zu ersticken – nicht aber Herzenssachen. Einer solchen Herzensangelegenheit verleiht Dieter Wiesner aktuell wieder neuen Schwung. Der frühere Generalmanager und Freund der 2009 verstorbenen Pop-Ikone Michael Jackson arbeitet mit Hochdruck an einer Ausstellung von 140 Gemälden und Zeichnungen, die der erfolgreichste Entertainer aller Zeiten persönlich angefertigt hat.
Auftakt zu einer weltweiten Tour dieser Unikate könnte in Katar zum Beginn der Fußball-WM im November sein. Als weitere Stationen sind Moskau, Singapur, Tokio und Deutschland im Gespräch. Zur Eremitage in Russland gebe es „ausgezeichnete Kontakte“. In Katar sei alles schon vorbereitet gewesen. „Dann kam die Pandemie.“
„Viele wissen gar nicht, dass Michael Jackson nicht nur ein fantastischer Sänger und wundervoller Mensch war, sondern auch ein Künstler, der ausgezeichnet gemalt hat“, sagt Wiesner schwärmerisch. Dann geht er in einen Nebenraum seines Büros in Rodgau und kehrt zurück mit einem Original. Es ist die zeichnerische Momentaufnahme des durch Jackson weltberühmt gewordenen Tanzschritts Moonwalk. Vorsichtig zieht der gelernte Kaufmann das kostbare Einzelstück aus der Schutzfolie heraus und präsentiert es fürs Pressefoto.
Alle US-Präsidenten, Liz Taylor, Andy Warhol, Martin Luther King: Der King of Pop hat zu Lebzeiten Prominente gerne gezeichnet. Aber auch Selbstportraits, Abstraktes oder Zeichnungen von prunkvollen Möbelstücken mit vielen versteckten Details gehören zum künstlerischen Nachlass, dessen Wert einmal auf 1,4 Milliarden Dollar geschätzt wurde.
Mit der Ausstellung möchte Wiesner, der noch immer ein enger Vertrauter der Familie Jackson und ein Mann mit weltweiten Kontakten ist, einen Wunsch der Mutter des Pop-Titanen, Katherine Jackson, erfüllen. „Michael hat schon als kleiner Junge gemalt. Das hat er als Erwachsener perfektioniert. Er wollte dafür keine Aufmerksamkeit. Er wollte nicht, dass jemand das weiß. Aber als wir nach seinem Tod durch die Sammlung gelaufen sind, war schnell klar: Das muss die Welt sehen“, schildert der 70-Jährige die Genese des Projekts. Insbesondere Katherine Jackson sei es ein Anliegen, „alle Seiten ihres Sohnes zu zeigen, damit jeder erkennt, dass er auf vielen Gebieten eine Ausnahmeerscheinung war.“
Wiesner denkt bei der Ausstellung nicht nur ans Bilderzeigen, sondern vielmehr an eine Multi-Media-Schau. „Man wird seine Stimme hören, Filme von seinen Welttourneen erleben, Kleidungsstücke sehen. Man wird auch Filme sehen, die ihn beim Malen zeigen.“ Endpunkt der weltweiten Tour könnte die Neverland-Ranch als Dauerausstellungsort werden, sofern sich dort dafür ein Platz findet. Denn Jacksons früherer Privatsitz gehört seit Ende 2020 einem Privatmann.
Wiesners Freundschaft mit dem Weltstar begann holperig. 1995 wollten der Ex-Manager und einer seiner Geschäftskollegen aus Österreich einen Energiedrink auf den Markt bringen. Der gebürtige Schwabe, der damals eine Firma zur Herstellung von Werbeprodukten betrieb, hatte in die Idee zunächst kein Vertrauen. „Das wird nix, dachte ich.“ Trotzdem nutzte er seine US-Kontakte, um den Pfirsich-Drink der Werbefirma von Michael Jackson vorzustellen. „Und auf einmal haben die uns eingeladen.“
In Los Angeles war die entscheidende Präsentation. Überraschend kam der Künstler persönlich. „Wir waren super aufgeregt und total schick angezogen. Dann kam er plötzlich rein – in Schlabberhose und einem viel zu großen Pulli.“ Das Entscheidende aber war: Jackson wollte das Produkt auf seiner History-Tour unbedingt haben.
Als es dann aber um die Vermarktung 1997 beim Konzert in München ging, lief die Sache aus dem Ruder. „Die haben uns draußen stehen lassen“, erinnert sich Wiesner nur ungern daran, dass er seine Dosen nicht verkaufen durfte. Über einen Leibwächter Jacksons gelang es ihm schließlich, einen Termin mit dem Weltstar zu bekommen, um seine Probleme zu schildern. Ab da wurden aus Geschäftspartnern Freunde. „Es hat irgendwie gepasst. Vielleicht hat er in mir so etwas wie einen älteren Bruder gesehen“, vermutet der Unternehmer. Auch wenn er inzwischen in Rente ist, möchte er die Ausstellung unbedingt realisieren. „Das ist noch einmal eine ganz wunderbare Aufgabe.“
Von Bernhard Pelka
