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Kartoffeln in Keimstimmung

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Von: Ekkehard Wolf

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Landwirt Robert Keller pflanzt seine Frühkartoffeln aus.
Landwirt Robert Keller pflanzt die Frühkartoffeln aus. Seine Maschine ist 35 Jahre alt und läuft wie am Schnürchen. © Wolf, Ekkehard

In 100 Tagen sind sie erntereif: Am Seehof in Rodgau pflanzt Landwirt Robert Keller die Frühkartoffeln aus.

Hainhausen – Sie heißen Wega und Glorietta, haben eine dünne Schale und ein ausgeprägtes Aroma. Aus den Augen sprießen rötliche Keime. Am Seehof in Hainhausen ist es jetzt höchste Zeit, die ersten Kartoffeln zu pflanzen.

Die Kartoffellegemaschine ist 35 Jahre alt, läuft aber wie am Schnürchen. Zwei Helfer legen die Setzkartoffeln auf kleine Metallteller, immer mit dem Keim nach oben.

Wie auf einem Paternoster-Lift bewegen sich die Kartoffeln abwärts. Der Schlepper zackert zwei Furchen, die Knollen fallen hinein, zwei Metallschaufeln häufeln die Erde zu einem Damm auf.

Konzentriert steuert Robert Keller seinen Schlepper übers Feld. Die Linien sind so gerade, als wären sie mit einem Lineal gezogen.

Seit Wochen hatte der Familienbetrieb die Saatkartoffeln auf diesen Tag vorbereitet. „Die Kartoffeln sollen in einer Keimstimmung sein, wenn sie in den Boden kommen“, erzählt Keller.

In flachen, grauen Kunststoffkisten durften die Knollen ihre Keime ausbilden. Als die Triebe fünf Millimeter lang waren, begann die Lichtbehandlung. Lampen beleuchteten die Knollen acht Stunden pro Tag, damit die Triebe nicht bis ins Unendliche wachsen. Robert Keller: „Wir wollen einen kurzen, festen, starken Keim.“

Zwei Hektar pro Tag kann man auf diese Weise mit Kartoffeln bepflanzen. Heute steht aber nur ein Hektar auf dem Plan. Mehr Frühkartoffeln baut der Familienbetrieb nicht an. In den ersten Wochen schützt ein Vliesstoff die Kultur, bis die letzten Bodenfröste vorbei sind.

Die jüngste Kälteperiode ist auch der Grund dafür, warum die Kartoffeln erst jetzt in die Erde kommen. „Normalerweise pflanzen wir schon Ende Februar“, sagt Robert Keller. Sein Sohn Lucas erklärt, dass Frühkartoffeln etwa 100 Tage bis zur Ernte brauchen. Das wäre Mitte, Ende Juni.

Kurze, feste Keime sind am besten. Hier präsentiert Lucas Keller zwei Prachtexemplare.
Kurze, feste Keime sind am besten. Hier präsentiert Lucas Keller zwei Prachtexemplare. © Wolf

Das Pflanzgut kommt von einem Bio-Betrieb in Mecklenburg-Vorpommern. Die Sorten sind durch herkömmliche Züchtung entstanden, nicht als sogenannte Hybride. Das sieht und schmeckt man, wie Lucas Keller erklärt: „Sie haben noch ihre Form, ihren Geschmack und ihre Farbe – ein schönes, kräftiges Gelb.“

Mitte April werden die anderen Kartoffeläcker bestellt. Auf fünf Hektar wachsen dann die sogenannten Lagerkartoffeln heran. Sie wachsen langsamer, haben feste Schalen und halten sich nach der Ernte bis ins nächste Jahr – wenn die Lagerbedingungen stimmen.

Vor zwei Jahren hat die Familie Keller ein riesiges Kühlhaus gebaut, um die Jahresernte von 80 Tonnen Kartoffeln ohne keimhemmende Mittel zu lagern. Trotz erheblicher Eigenleistung beliefen sich die Kosten auf 70 000 Euro. „Für einen kleinen Betrieb ist das eine Riesen-Investition“, sagt Lucas Keller.

Nicht nur bei der Lagerung ist es dem Familienbetrieb wichtig, wenig Chemie zu verwenden. Untergepflügte Senfpflanzen verbessern die Bodenqualität, mechanische Bodenbearbeitung unterdrückt unerwünschte Kräuter. „So, wie wir unsere Landwirtschaft betreiben, ist es nachhaltiger Pflanzenschutz“, betont Lucas Keller.

Auch bei der Tierhaltung und beim Absatz der Produkte hat die Familie ein gutes Gewissen. Die Schweine leben auf Stroh in einem geräumigen Außenklimastall und fressen ausschließlich selbst erzeugtes Futter. Und die Erzeugnisse des Seehofs werden ohne Großhandel in der Region verkauft – zum großen Teil per Direktvermarktung. (Von Ekkehard Wolf)

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