Keine Chance gegen die Rodgauer Narren

Ohne Gewalt, aber mit Humor und Konfetti haben die Narren am Samstag in Jügesheim einen vielfach umjubelten Sieg errungen: Gegen den Ansturm von Prinz Erik I., Prinzessin Stephanie V. und ihrem entschlossenen Aufgebot blieben Bürgermeister Max Breitenbach und die Rathaus-Besatzung chancenlos. Mindestens bis Aschermittwoch wird Rodgau närrisch regiert.
Jügesheim – Was die Rathausstürmer vom neu aufgestellten, jetzt noch größeren Sport- und Kulturverein SKG zum karnevalistischen Aufstand getrieben hatte, brachte Sitzungspräsident Stefan Schmidt auf den Punkt: Die Stadt schreibe schwarze Zahlen und habe zuletzt einen Überschuss verbucht, rücke das Geld aber nicht heraus. Da helfe nur noch die närrische Tat, so Schmidt, für den die traditionelle Attacke in seiner ersten Saison unter der Präsidentenkappe eine Premiere war, ebenso wie für Bürgermeister Max Breitenbach.
Und schon hörten mehrere Hundert Schlachtenbummler, von den Giesemer Trottwa-Lersche mit hausgemachten Fastnachts-Hits vorgewärmt, die karnevalistischen Heerscharen nahen. Unter infernalischem Gedröhn der Druffkapell rollte das Rodgau-Prinzenpaar an, begleitet von der Prinzengarde und den Gugisheimern als erprobte Eskorte. Angeführt von Jugendpräsident Justus Neiß, hatte sich auch der Nachwuchs mit dem Jugendprinzenpaar eingereiht.
Unter vielstimmigem „Giesem Helau“ war die Sache schnell entschieden. Souverän trugen die neuen Herrscher ihre Regierungserklärung vor – nicht wie bislang meistens ausschließlich stadtteil-patriotisch, wo doch das Prinzenpaar in Dudenhofen residiert. Der Nachbarort müsse denn auch nicht mehr als Parkplatz für die Giesemer herhalten, wenn erst die neue Stellfläche am Waldfriedhof fertig sei, versprach Prinz Erik.
Ebenfalls in Dudenhofen sieht Prinzessin Stephanie derweil einen veritablen Boulevard entstehen: Auf der Hegelstraße, wo triste und lärmintensive Gewerbebauten einem Marmor-Palast der Prinzen-Dynastie Stenger weichen – mit großem Garten, versteht sich, und gleich neben dem luxuriösen Einkaufszentrum. Sogar den weltgrößten E-Auto-Bauer und seinen glamourösen Chef Elon Musk sieht ihre Majestät dort verortet. In der Folge, meint der Prinz, wird der Giesemer Fastnachtszug klimaneutral, er selbst und seine Prinzessin gehen in die Geschichte als erstes CO2-freies Prinzenpaar ein.
Um den Frieden machen sich die Rodgauer Narren aus Sicht von Jugendprinz Jene-Etienne I. verdient: In einer Welt ohne Waffen seien nur noch die Konfetti-Kanone und Schokokugeln erlaubt. Seine Prinzessin Selina II. sieht die närrische Regentschaft auch daheim in Jügesheim herausgefordert: Sind erst einmal die Straßen repariert, wird das Rathaus zum Jugendtreff mit Chill-out-Lounge zum „Abhängen“, Whirlpool und Klo im Bürgerbüro.
Derlei blühende Visionen kamen auch beim Rathauschef gut an. Schön und gut, so Breitenbach, aber: „Das Parlament entscheidet, der Bürgermeister manchmal leidet“. „Wer soll das bezahlen?“ stimmte er an und gab so das Signal zum Sturm. Volle Kassen fanden die Eroberer dem Vernehmen nach nicht, dafür aber einen Schatz aus süßen Sachen und Sekt. zrk


