1. Startseite
  2. Region
  3. Rodgau

Komplexes Konstrukt

Erstellt:

Kommentare

Eine echte Herausforderung für das Regie-Team ist das neue Projekt des Großen Welttheaters: Bettina Hartmann und Maybrit Gutschling.
Eine echte Herausforderung für das Regie-Team ist das neue Projekt des Großen Welttheaters: Bettina Hartmann und Maybrit Gutschling. © Karin Klemt

Großes Welttheater gab es in Nieder-Roden im vergangenen Vierteljahrhundert immer wieder mal. Was die gleichnamige Theatergruppe diesmal plant, sprengt freilich in mancher Hinsicht den bekannten, ohnehin schon großformatigen Rahmen: Wenn „Die Gestrandeten“ im September Premiere hat, feiern mehr als 50 Schauspieler mindestens sechsmal ein Doppeljubiläum nach – jeweils in voraussichtlich drei Stunden Netto-Spielzeit.

Nieder-Roden – Mit einer ersten Durchlaufprobe am Feuerwehrhaus Süd hat das Projekt nach holprigem Start und mit sportlichem Zeitplan am Samstag Fahrt aufgenommen. Über gewöhnliche Maßstäbe lokaler Hobby-Schauspielerei gingen Nieder-Röder Ambitionen nach den Schilderungen von Bettina Hartmann von Beginn an hinaus. Nach Informationen der Regisseurin, die mit Maybrit Gutschling die aktuelle Inszenierung in die Hand genommen hat, ging die Initiative zur ersten Aufführung 1946 vom katholischen Pfarrer aus. Gegeben wurde „Das große Welttheater“ von Calderón de la Barca. Nach Informationen von Hartmann hat damals „der halbe Ort mitgespielt“. Laut Überlieferung ließ sich der Geistliche auf dem Sterbebett eine Wiederholung versprechen. Die erfolgte 50 Jahre später, sodass 2021 das – freilich von Corona ausgebremste – Doppeljubiläum fällig war.

Die bislang größte Inszenierung mit mehr als 120 Akteuren mit Statisten und Chor war 2019 das Klaus-Störtebeker-Drama „Wer ist der Mann ohne Kopf?“ an der Feuerwache Süd. Autor Thomas Auerswald hat nun auch „Die Gestrandeten“ geschrieben und in fünf jeweils knapp halbstündigen Akten plus Epilog sämtliche bisher aufgeführten Stücke verarbeitet. Dreh- und Angelpunkt ist ein Bahnhof, wo wegen Unwetterschäden Chaos herrscht: Züge kommen zu spät oder gar nicht – aber wenn einer einfährt, steigen jeweils die Darsteller für einen weiteren Akt der Inszenierung aus und finden Mitspieler unter den „gestrandeten“ Reisenden.

Praktischerweise haben die Fahrgäste in ihren Koffern, Taschen und Rucksäcken immer Kostüme und Requisiten dabei, die zur gerade gespielten Szene passen. Dass alles klappt und jeder spurt, stellen der energische Stationsvorsteher, die geschwätzige Kioskbesitzerin und der tüchtige Gepäckträger sicher. Gestemmt wird das komplexe Konstrukt – wie bisher jedes Projekt des Großen Welttheaters – von Laien-Schauspielern, die laut Bettina Hartmann aus sämtlichen Rodgauer Stadtteilen kommen und zum großen Teil schon bei den früheren Inszenierungen ihre jetzt wieder übernommenen Rollen spielten. Engagierter Nachwuchs und auswärtige Mitspieler, etwa aus Darmstadt oder Frankfurt, haben sich nach Wahrnehmung des Regieteams integriert.

Bei der rund vierstündigen Durchlaufprobe am Samstag hatten Hartmann, die sich auf ihre Aufgabe als langjährige Darstellerin und in Ausbildungsgängen beim hessischen Laientheaterverband vorbereitet hat, und Maybrit Gutschling mit ihrer theaterpädagogischen Ausbildung das Ensemble souverän im Griff. Keine Selbstverständlichkeit, nachdem sich der Start holprig angelassen und die Arbeit am Stück nach einem Grundlagen-Workshop und nicht zuletzt dank der Beharrlichkeit von Vereinschef Steffen Hartmann, dem Ehemann der Regisseurin, erst im März angelaufen war.

Aktuell proben die 51 Akteure mit Sprechrollen dreimal wöchentlich, zuzüglich der Durchlaufproben mit den Statisten an jedem zweiten Samstag. „Uns fehlen rund drei Monate“, sagt Bettina Hartmann, gibt sich zuversichtlich, dass bis zur Premiere am 15. September alles steht. Danach soll jeden Abend bis zum 21. September unter freiem Himmel gespielt werden. Ersatztermine sind der 22. und 23. September.  (zrk)

Der Schinderhannes ist zurück – und baff, wie gut es den Nieder-Rödern geht. Im September hat die klassische Räuberpistole mit dem Stück „Die Gestrandeten“ Premiere.
Der Schinderhannes ist zurück – und baff, wie gut es den Nieder-Rödern geht. Im September hat die klassische Räuberpistole mit dem Stück „Die Gestrandeten“ Premiere. © Karin Klemt

Auch interessant

Kommentare