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Ein Komponist für Kopf-Hörer

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Konzentrierte Musiker: Jens Joneleit (Schlagzeug) mit Stephan Langer (Kontrabass) auf der Bühne des Bürgerhauses Nieder-Roden. © Wolf

Nieder-Roden ‐ Ein Trommelwirbel. Einzelne gehauchte Töne auf dem Flügelhorn. Der Kontrabassist schrubbt rhythmisch mit den Fingern über das Holz. Zwei Klaviertöne klingen lange nach. Das war‘s: Die Spannung der Musiker löst sich. Beifall. Von Ekkehard Wolf

Die Kompositionen von Jens Joneleit sind Musik für Kopf-Hörer. Minimalismus in Perfektion erlebten rund 100 Zuhörer am Mittwoch im Bürgerhaus Nieder-Roden, als der 41-jährige Komponist und Maler den Kulturpreis der Stadt Rodgau erhielt. Mit herzlichem Beifall quittierten die Besucher ein ungewohntes Musikerlebnis. So bestand das Eröffnungsstück aus vier einzelnen Tönen und dauerte kaum eine Minute. „Das Wichtigste sind die Pausen“, erklärte ein kundiger Zuhörer nach der Feier.

Jens Joneleit ist nicht nur Minimalist. Er kann auch anders: wuchtig, krachend, opulent. „Seine Arbeiten sind immer wieder neu“, würdigte der weltbekannte Komponist und Theaterregisseur Prof. Heiner Goebbels in der Laudatio. Bei Jens Joneleit sei die künstlerische Qualität immer spürbar; Kraft, Gestaltungswille, Formbewusstsein, das Gespür für Räume und die Balance der eingesetzten Mittel: „Seine Arbeiten sind nie verblasen und abgehoben, sondern seine Ästhetik ist immer geerdet mit einer Vorliebe für die tiefen Register.“

Preisträger kündigt ein neues Werk für Musikverein an

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Anlass zum Strahlen: Bürgermeister Alois Schwab überreicht den Kulturpreis der Stadt Rodgau. © Wolf

Goebbels attestierte den Gemälden und Kompositionen Joneleits ein „Gleichgewicht der Schwere und Leichtigkeit“. Seine Musikstücke kennzeichne „ein grundierender Rhythmus, ein Groove, der unter den brachialen Klängen großer Orchester genauso pulsiert wie unter Jazzimprovisationen, wenn er selbst am Schlagzeug sitzt.“ Seit seiner Jugend habe sich Joneleit in unglaublicher Tiefe der Musik ausgesetzt. Seine Wahrnehmung sei auch auf Literatur, Theater und andere Kunstformen gerichtet. Daraus seien Fähigkeiten erwachsen, die er nun virtuos einsetze: „Sein künstlerischer Output hat ihn binnen weniger Jahre unüberhörbar und unübersehbar gemacht.“ Einflüsse des Free Jazz spielten für Joneleit nach wie vor eine Rolle: „Der Jazz ist für ihn keine biographische Episode, der Puls reißt nicht ab.“ Zur Persönlichkeit des Preisträgers, den er seit rund zehn Jahren kennt, sagte Goebbels: „Der Eindruck eines in sich ruhenden Pols täuscht. Unter seiner ruhigen Erscheinung brodelt es. Man unterschätzt ihn gerne.“

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Der Laudator: Prof. Heiner Goebbels im Gespräch mit Jens Joneleit und dem künftigen Bürgermeister Jürgen Hoffmann. © Wolf

Mit einer gelassen wirkenden Hartnäckigkeit verfolge Jens Joneleit seine Ziele über alle Widrigkeiten des Kulturbetriebs und alle Unsäglichkeiten der Kulturpolitik hinweg. Durch diese Beharrlichkeit habe Joneleit erreicht, dass seine Oper am 3. Oktober uraufgeführt wird: „Ich an seiner Stelle hätte längst alles hingeschmissen.“ Mit Jens Joneleit sei ein großer Künstler aus der Provinz hervorgegangen, würdigte Bürgermeister Alois Schwab. Er nutzte die Gelegenheit zum Dank an die Musikvereine, die talentierte junge Menschen förderten. Mit der Preisverleihung sei für ihn ein Traum in Erfüllung gegangen, sagte Jens Joneleit auch mit Blick auf das Musikerquartett des Abends mit seinem ehemaligen Musiklehrer Dr. Volker Bellmann am Klavier, dem Trompeter Tom Schüler und Stephan Langer am Kontrabass. Joneleit: „Wenn man so am Komponiertisch sitzt, dann juckt es einen in den Fingern, nicht nur mit dem Bleistift zu arbeiten, sondern das auch zu spielen. Als Komponist ist man ja immer auch Musiker.“ Seit seiner Jugend hätten seine Eltern Verständnis dafür gehabt, „dass ich das tue, was ich am liebsten tue und vielleicht am besten kann“.

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