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Dieses heimische Unternehmen kennt kaum jemand – trotzdem ist es Marktführer in Europa

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Von: Bernhard Pelka

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Thomas Pfaff, Günter Burkardt und Thiemo Burkardt (von links) prägen das Unternehmen Seufert bis heute.
Thomas Pfaff, Günter Burkardt und Thiemo Burkardt (von links) prägen das Unternehmen Seufert bis heute. © Pelka

Die ersten Schritte wurden bereits im Jahr 1920 gemacht. Inzwischen ist die Firma Seufert aus dem Kreis Offenbach ein Marktführer in Europa. Eine Nische macht‘s möglich.

Rodgau – Transparenz spielt im Leben eine wichtige Rolle – zum Beispiel in der Politik, unter Freunden oder in einer guten Ehe. Aber auch in der Industrie. Die Firma Seufert aus Rodgau-Hainhausen hat Transparenz sogar zum Markenzeichen und zündenden Geschäftsidee gemacht. Das Unternehmen stellt durchsichtige Kunststoffverpackungen her und ist auf diesem Gebiet einer der Marktführer in Europa. Heute feiert die Seufert Gesellschaft für transparente Verpackungen Jubiläum: Das Unternehmen mit Sitz an der Hans-Sachs-Straße 3 besteht seit 25 Jahren.

Die Firma versteht sich als Innovationstreiber der Branche. Neueste Entwicklung sind Folien zur Herstellung von Klarsicht-Faltschachteln aus 100 Prozent wiederverwertetem Kunststoffabfall: Eco-R-PET. Alles, was bestenfalls im Gelben Sack oder in Schredder-Automaten beim Getränkehändler landet, dient der Produktion dieser Folien im Seufert-Schwesterwerk in Bitterfeld-Wolfen. „Das ist unsere Antwort auf die oft polemische Debatte um die Verschmutzung der Weltmeere und die Müllvermeidung“, erläutern die Geschäftsführer Thomas Pfaff und Thiemo Burkardt die Stoßrichtung des neuen Produkts. „Wir reden nicht nur über Umweltschutz, Kreislaufwirtschaft und Recycling, sondern wir tun auch etwas dafür.“ Deshalb bezieht Seufert das Granulat zur Folienproduktion unter anderem von einem US-Lieferanten, dessen Mitarbeiter an vielen Stränden der Erde den PET-Plastikmüll sammeln und ihn zerkleinert als Grundstoff für Eco-R-PET verkaufen. In der großen Halle in Hainhausen machen dann 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an modernen Maschinen aus den in Bitterfeld-Wolfen entstandenen Folien hochwertige Verpackungen für Lebensmittel, Kosmetika, Stifte und Textmarker oder Scheibenwischer und mehr.

Erfolgs-Unternehmen aus Rodgau (Kreis Offenbach): „Keiner hat auf uns einen Pfifferling gegeben“

Der Hainhäuser Spezialbetrieb hat eine bewegte Geschichte. Er geht zurück auf die Firma Theodor Seufert, die 1920 in Offenbach gegründet und später von Julius und Gerhard Seufert als Seufert Verpackungen GmbH weitergeführt wurde. Standorte waren zunächst der Bernardbau an der Herrnstraße, danach ab Ende der 50er Jahre die neu gebaute Fabrik an der Schäferstraße und ab 1972 parallel dazu der Neubau in Hainhausen. War das Familienunternehmen zunächst auf die Herstellung von Seide veredelter Bezugskartonagen spezialisiert, kam mit dem Siegeszug der Selbstbedienungsläden ab 1965 die Produktion durchsichtiger Verpackungen hinzu. In diesem Jahr stieß Günter Burkardt zur Mannschaft hinzu. Der gelernte Buchhalter bildete sich im Abendstudium zum Steuerbevollmächtigten und Finanzbuchhalter weiter und stieg alsbald in Hainhausen neben Gerhard Seufert zum stellvertretenden Geschäftsführer auf.

Ein Blick in die moderne Maschinenhalle.
Ein Blick in die moderne Maschinenhalle. © Pelka

Eine noch tragendere Rolle spielte der gebürtige Mühlheimer in den 90er Jahren, als der Betrieb im Zuge der Diskussion um immer mehr Plastikabfälle und umweltschädliche Inhaltsstoffe in finanzielle Schieflage geriet und am 4. August 1996 schließlich Insolvenz anmelden musste. Denn Burkardt gehörte zum Kern jener zwölf Mitarbeiter, die trotz aller Wirren unerschütterlich an die Firma glaubten und aus der Insolvenz heraus bei laufender Produktion Geschäftsanteile kauften, um in eigener Regie weiterzumachen, nachdem sich die Gründerfamilie zurückgezogen hatte.

„Keiner hat auf uns einen Pfifferling gegeben. Jeder hat geglaubt, dass wir uns ruckzuck streiten und alles den Bach runtergeht“, erinnert sich der 79-Jährige an die spannende Zeit. „Aber alle haben was riskiert, ihre Spardosen geöffnet und eisern zusammengehalten.“

Marktführer in Europa: Erfolgsgeschichte aus Rodgau (Kreis Offenbach)

Der heutige Mitgeschäftsführer Thomas Pfaff, der bei Seufert schon seine Ausbildung gemacht hatte, war damals Verkaufsleiter. „Es war krass: Wir sind mit Privatautos zu den Kunden gefahren, weil die Leasingfahrzeuge natürlich sofort eingezogen worden waren“, wird er nie vergessen. Am 1. März 1997 gründeten die wagemutigen Mitarbeiter die Seufert Gesellschaft für transparente Verpackungen. Mit im Boot war damals noch ein Investor. Die Mitarbeiter kauften 2011 aber auch dessen 26,5 Prozent Anteile auf.

Unternehmerischer Mut, aber auch Kontinuität ist eine Stärke des Geburtstagskinds. Günter Burkardt ist noch immer im Unternehmen – bei Seufert im Beirat und in Bitterfeld-Wolfen als Geschäftsführer. Sein Sohn Thiemo ist nach zehn Jahren bei der Bank seit 2001 ganz für Seufert da – und zusammen mit Thomas Pfaff in der Geschäftsführung. Und von den ehemals zwölf unerschrockenen Gesellschaftern sind noch acht an Bord. Vier genießen ihren verdienten Ruhestand.

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