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In Rodgau geht ein Kapitel der Vereinsgeschichte zu Ende. Der Frauenchor Dudenhofen löst sich nach 44 Jahren zum Jahresende auf. An der Dreiviertelmehrheit in der Mitgliederversammlung führte kein Weg vorbei.
Dudenhofen - „Wir können keinen Auftritt mehr hinlegen“, bedauert die Vorsitzende Renate Albin. Wenn das für Mai geplante Konzert nicht wegen der Corona-Pandemie ausgefallen wäre, hätte der Frauenchor seine Beteiligung abgesagt. „Das Adventskonzert hätten wir auch nicht mitsingen können.“
Chor hat ohne Nachwuchs keine Zukunft
„Wir werden alle älter, unsere Stimmen werden brüchiger“, sagt Renate Albin. Der Chor ist nur noch halb so groß wie vor zehn Jahren. Der Gesundheit geschuldet lässt der Probenbesuch nach: „Wenn 18 von uns da sind und das nächste Mal 16, dann macht es keinen Spaß mehr.“
In seinen besten Zeiten hatte der Frauenchor um die 120 Mitglieder, von denen fast die Hälfte aktiv waren. Im Jahr 2006 listete eine Festschrift noch 46 Sängerinnen auf.
„Wir hatten viele schöne Auftritte, vor allem in der Zeit mit Herrn Siegler, der Verbindungen in die ganze Welt hatte“, erzählt Renate Albin. Winfried Siegler, der 2015 gestorbene langjährige Dirigent des Männerchors, hatte den Frauenchor fast vier Jahrzehnte lang geleitet. Er war bekannt dafür, dass er seine Chöre auf den Punkt genau vorbereitete: „Siegler war ein Perfektionist. Wenn es nicht perfekt war, ging er damit nicht auf die Bühne.“
Auftritte mit berühmten Sängern
Die Dudenhöfer Frauen sangen unter anderem in der Alten Oper und beim Hessischen Rundfunk, sie traten mit renommierten Opernsängern wie René Kollo und Günter Wewel auf. Mit Wewel bestritten Frauenchor und Männerchor 1995 ein Open-Air-Konzert an der Gänsbrüh: „Eine Riesenvorbereitung, aber es hat Spaß gemacht“, erzählt Renate Albin. Während des Konzerts fiel der Strom aus, doch das konnte den Genuss nicht schmälern.
Lebhaft sind die Erinnerungen an das Kaffeehaus-Konzert 2011 zum 35-jährigen Bestehen des Vereins. Die Bühne war als Café dekoriert, die Sängerinnen saßen an runden Tischchen und die Besucher im Saal wurden mit Kaffee und Kuchen bewirtet. Auch das Repertoire drehte sich um Kaffee und Kuchen. Zu „Aber bitte mit Sahne“ gab es sogar eine richtige Tortenschlacht.
Die Idee zur Gründung des Frauenchors war 1976 bei einen Ausflug entstanden. Winfried Siegler hätte lieber einen gemischten Chor geleitet, erzählt Renate Albin. Sie nennt aber auch gute Gründe für einen reinen Frauenchor: „Wir müssen nicht gegen die Männer ansingen.“ Neue Sängerinnen müssten keine Angst haben, sich zu blamieren. Im Frauenchor gehe sie einfach lockerer in die Singstunde, meint die stellvertretende Vorsitzende Anita Steppke: „Frauen singen eher für die Seele, weil es ihnen Spaß macht und weil es eine schöne Gemeinschaft ist.“
Mindestens ebenso wichtig wie das Singen war den Frauen die Geselligkeit – von den Ausflügen bis zur Fastnacht. Sie waren von Anfang an bei der Narrisch Singstunn dabei.
Rainer Fenchel trat 2012 als Chorleiter Sieglers Nachfolge an. „Er hat dem Chor noch mal Auftrieb und Pep gegeben“, würdigt Renate Albin. Mit ihm traten die Frauen unter anderem beim Hessentag in Langenselbold auf. Nachdem Fenchel mit Rücksicht auf seine Gesundheit eine Auszeit nehmen musste, fand der Frauenchor in Amelie Bückner eine neue, motivierende Chorleiterin.
Keeskuchenfest mit Tradition
Die geplanten Ausflüge bis zum Jahresende wollen die Frauen noch wahrnehmen. Auch in Zukunft wollen sie ihre Gemeinschaft pflegen: Am ersten Dienstag jedes Monats treffen sie sich um 17 Uhr zum Stammtisch im Bürgerhaus. Einige Sängerinnen machen im gemischten Chor „Cantiamo“ weiter.
Was bleibt, sind viele Erinnerungen und eine lieb gewonnene Tradition: „Das Keeskuchenfest wird es weiterhin geben“, kündigt die Vorsitzende an.
Melodien aus Oper, Operette, Musical, Volkslied, Schlager und der leichten Muse gehörten zum Repertoire. Und als Zugabe durfte ein bestimmtes Lied nie fehlen: „Ein Likörchen für das Frauenchörchen, das ist schöner als Applaus, als so mancher Blumenstrauß.“ Eine flüssige Zugabe für die Sängerinnen gab es dann auch.
Von Ekkehard Wolf