Mitgestalten ist spannend

Die ersten Gehversuche im Stadtparlament haben die beiden Abgeordneten der Tierschutzpartei hinter sich. Bei den Kommunalwahlen im März vergangenen Jahres erreichte die Organisation 3,8 Prozent der Stimmen und belegt nun zwei Sitze in der Stadtverordnetenversammlung. Paula López Vicente (24) und Fabian Schelsky (23) haben rasch Gefallen an der politischen Arbeit gefunden.
Rodgau – Sie haben schnell gemerkt, dass sie mitgestalten können. Das finden die Studenten gut, die beide in Rodgau aufgewachsen sind.
Sie seien freundlich aufgenommen worden, versichern beide. Da noch mehr neue Kommunalpolitikerinnen und -politiker ihre Arbeit im Stadtparlament Arbeit aufgenommen haben, werde vieles recht ausführlich erläutert. So bekomme man Einblick in die Prozesse.
Fabian Schelskys, der an der Fernuniversität Hagen Politikwissenschaft studiert, ist es durchaus bewusst, dass die Ausgangsposition als Teil der regierenden Kooperation recht gut ist. „Wären wir in der Opposition, sähe die Sache anders aus“, sagt er. Rodgau habe sich bereits auf einem guten Weg befunden. In einer anderen Stadt wäre der Start vermutlich schwieriger gewesen, glaubt der Landesvorsitzende der hessischen Tierschutzpartei.
Kollegin und Partnerin Paula López Vicente studiert in Aschaffenburg Betriebswirtschaftslehre, ist Geschäftsführerin im Landesverband Hessen der Tierschutzpartei und Fraktionsvorsitzende in Rodgau. Sie findet es spannend, dass sie nun Einblick in Themen bekommt, mit denen sie vorher nichts zu tun hatte.
Erst kürzlich machte das Rodgauer Stadtparlament sich zwei Anträge der kleinen Fraktion zu eigen: Ein Vorschlag ermöglicht es, eine weitere Hundewiese im Stadtgebiet zu schaffen, da bisher für die mehr als 3000 Hunde lediglich eine provisorische Auslauffläche ohne eine Einzäunung existiert.
Der zweite Antrag fand sogar bundesweit Beachtung: Er betrifft die künftigen Vergaben von Flächen in städtischem Besitz an Zirkusse. Demnach werden keine Stellplätze mehr vergeben, wenn die Institutionen Tiere zur Schau stellen.
Doch eigentlich hält Paula López Vicente nichts von solch rigiden Maßnahmen: Statt zu verbieten, will sie lieber für Themen sensibilisieren, zum Nachdenken anregen und durch Aufklärung überzeugen. Dogmatisch sind beide Jungpolitiker überhaupt nicht.
Deswegen wollen sie auch niemanden dazu bekehren, vegan zu leben. Höchstens mit ihrer Überzeugung und Begeisterung anstecken. Obwohl der Verzicht auf tierische Produkte für sie selbst nur eine logische Konsequenz ist. „Ich habe vor ein paar Jahren kapiert: Die Welt ist so schön und wir machen sie kaputt“, sagt Schelsky.
Was sie noch an weiteren Plänen und Ideen einbringen wollen? Es sind Themen wie etwa Gegenveranstaltungen zum klassischen Silvesterfeuerwerk, das außerhalb der Pandemie nicht nur Haus- und Wildtiere in Angst und Schecken versetzt, sondern auch die Umwelt belastet und immer wieder zu Unfällen und Verletzungen bei Menschen führt. Wenn es einalternatives Unterhaltungsangebot geben würde, könnten sicher viele auf die Knallerei verzichten, glauben beide.
Zum Beispiel Umstrukturierungen der Landwirtschaft hin zum biologischen Anbau hält Paula López Vicente für förderungswürdig. Sie glaubt: „Es ist stets ein Zusammenspiel von Menschen-, Umwelt- und Tierrechten. Man kann nicht das eine Betreiben und das andere ignorieren. Das haben viele Menschen noch nicht so recht verstanden. Ich möchte dies ändern.“
Beide Nachwuchspolitiker wollen Jugendliche motivieren, sich einzubringen: „Das ist spannend, man kannst aktiv werden und etwas machen.“ Man müsse nur etwas Mut fassen und sich einsetzen und engagieren. „Das geht ja schon im Kinder- und Jugendparlament“, appelliert Fabian Schelsky. Da könne man Mitarbeit unkompliziert ausprobieren. (Von Simone Weil)