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Mobilitätskonzept steht ganz oben

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Von: Ekkehard Wolf

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Fühlt sich wohl an seinem neuen Arbeitsplatz im Rathaus: Bürgermeister Max Breitenbach. Er ist seit 100 Tagen im Amt.
Fühlt sich wohl an seinem neuen Arbeitsplatz im Rathaus: Bürgermeister Max Breitenbach. Er ist seit 100 Tagen im Amt. © pelka

Rodgau – Heute vor 100 Tagen hat Max Breitenbach als Bürgermeister die Nachfolge von Jürgen Hoffmann angetreten. Im Interview zieht er eine erste Zwischenbilanz.

Sie sind jetzt 100 Tage im Amt. Was ist anders, als Sie es erwartet haben?

Der Arbeitsablauf ist eigentlich so, wie ich erwartet habe. Da haben sich die intensive Vorbereitung und der Austausch mit erfahrenen Kollegen bezahlt gemacht. Aber es ist natürlich so, dass sich die Welt inhaltlich so verändert hat, dass ganz andere Themen im Fokus stehen, als sie im Wahlkampf aktuell waren. Da nenne ich nur das Thema Energie: Wie bereiten wir uns auf eine Gasmangellage vor? Das führt dazu, dass man die eigenen Ziele auf den Prüfstand stellen muss.

Wie leicht oder wie schwer fällt es Ihnen, sich in die Vielfalt der Themen einzuarbeiten?

Die schiere Anzahl der Projekte und Themen, die hier in der Verwaltung vorliegen, ist schon eine Herausforderung. Im Vorhinein konnte ich natürlich nur Fragen zu den Themen stellen, die öffentlich und in der Politik bekannt waren. Aber ich glaube, über ein gutes Gedächtnis und eine gute Auffassungsgabe zu verfügen. Was es mir leicht gemacht hat, ist die große Unterstützung der Kollegen aus der Verwaltung, die mich an die Hand genommen haben. Das ist ein Prozess, der noch läuft, aber bisher bin ich ganz zufrieden.

„Zeit für Neues“ war Ihr Wahlkampfmotto. Wo haben Sie in den ersten 100 Tagen schon neue Akzente gesetzt?

Für die ersten 100 Tage hatte ich mir drei Ziele gesetzt. Erstens die Kommunikation mit dem Bürger und aus dem Rathaus heraus zu erweitern. Das Videoformat, alle zwei Wochen mit einem neuen Video, und die Rathaus-vor-Ort-Tour sind da erste Zeichen. Wir haben auch begonnen, die sozialen Medien intensiver zu nutzen. Als zweites Thema will ich das Mobilitätskonzept verstärkt vorantreiben. Die fehlgeschlagene Ausschreibung war zwar ein Rückschlag, trotzdem hat das Thema für mich weiterhin höchste Priorität. Das dritte Ziel war, die Stadtentwicklung verstärkt in den Fokus zu nehmen. Da wird es demnächst organisatorische Veränderungen in der Verwaltung geben, um das stärker zu unterstützen.

Bei Ihrer Amtseinführung hat Ihr Vorgänger Jürgen Hoffmann gesagt, das Amt des Bürgermeisters sei wie eine Wundertüte. Welche Überraschungen haben Sie bisher erlebt?

Jürgen Hoffmann hat mit dem Begriff Wundertüte recht gehabt: Jeder Tag ist anders. Was mich gefreut hat, ist die Offenheit und die Unterstützung, mit der mich die Kollegen hier im Haus aufgenommen haben. Das ist nicht selbstverständlich. Eine negative Überraschung war die Situation des TSV: Da hatte ich gehofft, dass wir einen positiveren Weg finden.

Als Bürgermeister hat man keine 40-Stunden-Woche. Wie hoch ist Ihre Wochenarbeitszeit? Und wie viel davon verbringen Sie im Rathaus?

Ich zähle die Stunden nicht. Es ist aber schon so, dass die Tage selten sind, an denen ich unter zehn bis zwölf Stunden nach Hause komme. Zwei Drittel meiner Arbeitszeit bin ich im Büro und ein Drittel auf Terminen. Und am Wochenende? Ich bin schon früher gern auf Veranstaltungen gegangen, da vermischt sich Privates und Beruf. Ich empfinde es als Privileg, in der Heimat zu arbeiten. Manchmal ist es schwierig, Freundin, Familie und Freunden die Zeit freizuschaufeln, die sie verdienen. Aber wir haben es bisher ganz gut hinbekommen.

Wie können Sie dieses Pensum auf Dauer durchhalten?

Es ist schon so, dass man sich bewusst Zeiträume schaffen muss, in denen man Zeit für Familie, für Freunde und für Privates hat. Man muss sich darüber klar werden, dass manches auch am nächsten Tag noch Zeit hat – und dass man nicht jede E-Mail am Abend gleich beantworten muss. Ich erlebe große Unterstützung durch meine Familie, meine Freunde und vor allem durch meine Freundin. Zum Musikmachen komme ich leider nicht mehr so oft. Das ist schade, aber das wusste ich vorher.

In der ersten Reihe steht man ständig unter Beobachtung. Haben Sie eigentlich noch Zeit und Raum, wo Sie „Sie selbst“ sein können?

Wenn man sich für eine Kandidatur entscheidet, muss einem bewusst sein, dass man sich auch entscheidet, dieses öffentliche Leben zu führen. Ich versuche, bei allem, was ich in der Öffentlichkeit tue, ich selbst zu sein, damit es keinen großen Spagat zwischen dem öffentlichen und dem privaten Max gibt. Das fällt mir Gott sei Dank bisher nicht schwer.

Was war Ihr schönstes Erlebnis in den ersten 100 Tagen? Und worauf hätten Sie lieber verzichtet?

Schöne Erlebnisse sind die Besuche bei Ehejubilaren oder bei Seniorengeburtstagen. Da erfahre ich viel über den Ort und über die Geschichte der Leute hier, was ich bisher nicht wusste. Verzichtet hätte ich gern auf den Ausgang des Gerichtsverfahrens zur Stromkonzession.

Was ist die größte Herausforderung, vor der Rodgau steht?

Da sind die aktuellen Themen wie die Energiekrise. Insgesamt wird es eine Herausforderung, all die Entwicklungsprozesse, die angestoßen sind, wie erneuerbare Energien und Stadtentwicklung, zum Abschluss zu bringen.

Mit den Bürgergesprächen „Rathaus vor Ort“ waren Sie in allen Stadtteilen präsent. Was haben Ihnen diese Begegnungen gebracht? Wird es eine weitere Serie geben?

Mit dem Format bin ich ganz zufrieden. Ich habe auch vor, es im nächsten Jahr zu wiederholen. Wichtig war für mich, in den Austausch zu kommen und das gegenseitige Verständnis zu fördern. Wir als Verwaltung nehmen auch das eine oder andere Thema mit. Natürlich gibt es Themen, die immer wieder kommen, wie der Verkehr oder das Parken, aber da darf man halt nicht aufhören, das Gespräch zu suchen.

Als Bürgermeister können Sie nicht alle Wünsche erfüllen. Wie oft müssen Sie Nein sagen? Fällt Ihnen das leicht oder schwer?

Nein sagen muss ich öfter, als mir lieb ist. Wem fällt das schon leicht? Gerade wenn man Verständnis für die Wünsche des Gegenübers hat. Aber ich denke, das gehört dazu. Vieles erlauben die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht. Wichtig ist immer, zu erklären, warum man Nein sagen muss.

Sie sind als unabhängiger Bürgermeisterkandidat angetreten, obwohl Sie aktives CDU-Mitglied sind. Wie bewältigen Sie diesen Spagat?

Es gehört zur Wahrheit dazu, dass ich seit meiner Wahl andere Ämter in der Partei abgegeben habe, um mich ganz auf meine Arbeit zu konzentrieren. Ich war ja stellvertretender Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes und das bin ich jetzt nicht mehr. Mir ist es wichtig, Ansprechpartner für alle zu sein.

Sehen Sie sich manchmal mit Erwartungen Ihrer Partei konfrontiert, die Sie nicht erfüllen können?

Es gibt immer wieder Erwartungshaltungen, aber nicht in der Partei. Mancher Bürger erwartet, dass sich manche Situationen allein durch meinen Amtsantritt schnell verändern. Was die Partei angeht, spüre ich bisher keinen Erwartungsdruck. Im Gegenteil: Ich spüre Unterstützung durch die Mitglieder.

Nehmen Ihnen die anderen politischen Kräfte ab, dass Sie überparteilich sein wollen?

Das müssen Sie die anderen fragen. Aus meiner Sicht habe ich seit meiner Wahl im September einige Zeichen gesetzt, dass ich die Zusammenarbeit mit allen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung suche. Wenn ich mir die Art und Weise der Zusammenarbeit im Magistrat ansehe, bin ich mir sicher, dass wir auf einem guten Weg sind. Diese Zusammenarbeit nehme ich als sehr kollegial wahr.

Die ersten 100 Tage einer Amtszeit gelten in der Politik traditionell als eine Art Schonfrist. Müssen Sie sich nun auf rauere Zeiten einstellen?

Das glaube ich nicht. Ich zumindest werde weiterhin versuchen, durch Argumente und durch offene Kommunikation zu überzeugen.

Das Gespräch führte

Ekkehard Wolf

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