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Mordprozess beginnt mit Geständnis

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Von: Ekkehard Wolf

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Ein Mitarbeiter der Tatortgruppe des Landeskriminalamts fertigte vom Tatort mit einer Sphärenkamera 3-D-Bilder an.
Ein Mitarbeiter der Tatortgruppe des Landeskriminalamts fertigte vom Tatort mit einer Sphärenkamera 3-D-Bilder an. © 5vision.news

Wie kommt jemand dazu, urplötzlich einen langjährigen Freund zu erstechen? Diese Frage versucht die 11. Strafkammer des Landgerichts Darmstadt zu klären.

Hainhausen - Zur Tat kam es am 20. Mai 2022 in Hainhausen. Neun Monate später hat gestern die Hauptverhandlung begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 35-jährigen Angeklagten drei Straftaten vor: einen heimtückisch begangenen Mord, eine Körperverletzung und eine versuchte Brandstiftung mit dem Ziel, den Mord zu verdecken.

„Mein Mandant gesteht ein, die Tötung begangen zu haben“, sagte Pflichtverteidiger Ulf Köper (Heusenstamm) gleich zu Beginn. Er habe sich bedroht gefühlt, könne aber nicht mehr sagen, wodurch. Der Angeklagte räume auch den Brand ein.

Was an jenem Freitag geschah, stellt sich laut den Beteiligten etwa so dar: Drei Männer treffen sich nach Feierabend in einer Wohnung auf ein Bier oder zwei, reden und spielen Karten. Einer dreht sich einen Joint. Die drei Männer kennen sich seit 15 bis 20 Jahren. Sie stammen aus Kroatien und wohnen im gleichen Haus. Einer der drei ist erst seit ein paar Tagen in Rodgau; er wohnt vorübergehend bei seinem Kumpel im Hochparterre. Der dritte geht im Lauf des Abends für ein paar Minuten in seine Kellerwohnung und kehrt mit einem 30 Zentimeter langen Küchenmesser im Ärmel zurück. Später sticht er damit unvermittelt einen seiner beiden Freunde in den Hals. Das Opfer ist kurz darauf tot. Der andere Freund will dem Angreifer das Messer entwinden, wird am Finger verletzt und rettet sich mit einem Sprung aus dem Fenster. Mit gebrochener Ferse humpelt er in eine nahe Spielhalle und ruft um Hilfe. Es ist etwa 21.30 Uhr. Die Polizei trifft mit zwei Streifenwagen ein. Während sich zwei Beamte um den Verletzten kümmern, bemerken ihre Kollegen einen Wohnungsbrand in der Nähe. Sie öffnen die Wohnungstür (der Schlüssel steckt) und sehen dahinter einen Toten auf dem Boden liegen. Sein Oberkörper brennt vom Kopf bis zur Taille, die Hose hat rote Flecken.

Erst nach einigen Minuten wird klar, dass beide Fälle zusammenhängen. Der mutmaßliche Messerstecher steht zu diesem Zeitpunkt mit den anderen Hausbewohnern auf einem Sammelplatz. Ein Polizist hat ihn aus seiner Wohnung geklingelt. Nun lässt er sich widerstandslos festnehmen.

Gestern sprach der Angeklagte von jahrelangem Drogenkonsum (Marihuana, Kokain, zeitweise Speed). Außerdem leide er an Paranoia, sei deshalb vor Jahren in Kroatien auch schon freiwillig in Behandlung gewesen.

Mit einer paranoiden Störung erklärte er auch den Tathergang: Als einer der Freunde den anderen auf das Abendrot aufmerksam gemacht habe, „da habe ich gedacht, sie wollen mich umbringen“. Aus purer Angst habe er auch die Kleidung des Toten angezündet. Danach sei er in seine Wohnung gegangen: „Dann habe ich mich aufs Bett gelegt und gewartet, bis die Polizei kam.“

„Er war früher nie aggressiv“, berichtete der Augenzeuge (37), der sich durch einen Sprung aus dem Fenster gerettet hatte. Durch fortgesetzten Drogenkonsum habe sich sein Freund verändert; er sei nervös, reizbar und orientierungslos geworden. Von Verfolgungsängsten wisse er nichts, sagte der 37-Jährige. Er habe sich eher Sorgen gemacht, dass der Freund sich selbst etwas antun könne.

Polizeibeamte schilderten den Festgenommenen als teilnahmslos. Er habe sich gefügt, „als würde er zu Freunden ins Auto steigen“.

Der zweite Verhandlungstag ist am Donnerstag, 9. März. Beginn: 9 Uhr. (Ekkehard Wolf)

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