Mut zur eigenen Firma

In Rodgau endete am vergangenen Sonntag eine Premiere: die ersten Gründertage für Schülerinnen und Schüler. Bisher richteten sich solche Termine immer an Erwachsene. Zwei junge Männer aus Nieder-Roden hatten wesentlichen Anteil an der Organisation der Drei-Tage-Veranstaltung: Felix Oppolzer und Tim Simon.
Rodgau - Eine Handy-App, die Ernährungstipps gibt. Eine andere App prüft als Frühwarnsystem während Onlineunterhaltungen, ob der Gesprächspartner eventuell sexuelle Motive für den Chat im Schilde führt: Junge Leute haben prima Geschäftsideen, sofern sie sich nur trauen. „Aber die Angst, als Firmengründer zu scheitern und alles riskieren zu müssen, ist in Deutschland immens groß. Deshalb machen sich viel zu wenige junge Leute selbstständig. Die Angst lähmt.“ Felix Oppolzer und Tim Simon wissen, wovon sie sprechen. Unter den Abiturienten ihres Jahrgangs waren der frühere Schüler an der Claus-von-Stauffenberg-Schule und sein Kollege aus der Ober-Röder Nell-Breuning-Schule Exoten. Inzwischen sind sie Unternehmer und geben als Gründerberater ihr Wissen an junge Menschen weiter – zuletzt beim „Techstars Startup Weekend“ in der Claus-von-Stauffenberg-Schule.
Als Gründerberater und Mitveranstalter machten Oppolzer und Simon am vergangenen Wochenende 36 Gymnasiasten Mut zur Selbstständigkeit nach dem Motto: „Wenn’s schief geht – na und? Dann steht wieder auf und macht weiter!“ Und sie gaben Tipps, wie man’s richtig anstellt.
Eingeladen hatten zum „Techstars Startup Weekend“ das Gründerzentrum an der Technischen Hochschule Aschaffenburg („VentureLab“), die Initiative „Rodgau erleben“ und ein US-Unternehmen. Drei Tage lang ging es darum, mit Hilfe von Beratern wie Oppolzer und Simon – beide Mitarbeiter im „VentureLab“ – und Mentoren auch aus der Rodgauer Wirtschaft, angehenden Abiturienten aus dem Kreis Offenbach praxisnah Fähigkeiten in Sachen Ideenfindung, Marktvalidierung und Produktentwicklung sowie Produktpräsentation zu vermitteln. Am Ende präsentierten die Teilnehmer dann ihre Geschäftsideen: Unter anderem die App, die Ernährungstipps gibt, die Frühwarn-App und auch ein Lüftungs- und Temperiersystem, das den Schlafkomfort im Bett steigern soll.
Als Referenten stellten sich zum Beispiel der Rodgauer Gitarrenbauer Nik Huber und Marcus Gessler vom gleichnamigen Nieder-Röder Hersteller von Notlichtsystemen und Sicherheitsleuchten zur Verfügung.
Auch Fernsehstars der Gründerszene nahmen die angehenden Firmenchefs an die Hand. Etwa Ziya Orhan aus Aschaffenburg. Der Handyladenbesitzer hatte 2020 zusammen mit seinen Geschäftspartnern auf VOX in „Die Höhle der Löwen“ die Investoren Nils Glagau und Carsten Maschmeyer überzeugt. Sie steckten 400 000 Euro in eine Idee, wie man Handys passgenau mit Folien vor Kratzern und anderen Schäden schützen kann. „Inzwischen haben wir ein Handelsvolumen von über 30 Millionen Euro erreicht“, schilderte Orhan den steilen Aufstieg seines Unternehmens.
Von ihm hörten die künftigen Gründer Sätze wie: „Firmengründung bedeutet wenig Schlaf und viel Arbeit. Und wenn ihr dann am Markt seid, wird es immer noch härter.“ Oder: „Geschwindigkeit ist das A und O. Ihr müsst schneller sein als die anderen.“ Und: „Eure Geschäftsidee muss ein Alleinstellungsmerkmal haben. Was könnt ihr besser als die andere Firma?“
Entscheidend sei bei der Suche nach Investoren für die eigene Geschäftsidee auch die Fähigkeit, das Produkt einleuchtend und ohne technischen Kauderwelsch möglichst einfach erklären zu können. „Den Investor interessieren technische Details nur am Rand. Der will mit euch Geld verdienen, sonst nichts“, raubte Orhan vielleicht so manchem im Saal Illusionen. Wichtig sei überdies, dass das Team stimmt und miteinander auskommt. Und: „Holt eine Frau ins Team. Frauen betrachten die Dinge ganz anders als Männer. Und verschiedene Sichtweisen sind für euch auf eurem Weg ganz wichtig!“
Landrat Oliver Quilling besuchte als oberster Wirtschaftsförderer im Landkreis Offenbach die Veranstaltung und war angetan. Junge Menschen würden bei der Berufsberatung zu wenig darauf hingewiesen, dass auch die Selbstständigkeit zu den Möglichkeiten gehört, Karriere zu machen. Insofern seien die Gründertage für Schüler „eine coole Idee“. Quilling bot Felix Oppolzer und Tim Simon an, in Kontakt miteinander zu bleiben. (bp)
