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„Zirkus tut der Seele gut“

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Da leuchten nicht nur die Kinderaugen: Edle Pferde in der Manege – so nah wie im Zirkus kommen sich Mensch und Tier nicht oft. - Fotos: Karin Klemt
Da leuchten nicht nur die Kinderaugen: Edle Pferde in der Manege – so nah wie im Zirkus kommen sich Mensch und Tier nicht oft. © Karin Klemt

Nieder-Roden - Manege frei am Badesee: Der Zirkus Barus gastiert derzeit im Stadtteil Nieder-Roden.

Zirkusdirektor mit Leib und Seele: Marco Frank.
Zirkusdirektor mit Leib und Seele: Marco Frank. © Karin Klemt

Mit dem Standort und dem Publikum in Rodgau ist Direktor Marco Frank (41) mit seinen 14 Akrobaten und Mitarbeitern – fast ausschließlich Familienangehörige – nach eigenen Worten sehr zufrieden. Warum das nicht überall so ist und das Zirkusleben trotzdem noch Spaß macht, verrät er im Interview mit unserer Mitarbeiterin Karin Klemt.

Wie lange schnuppern Sie persönlich schon Zirkusluft?

Seit es mich gibt. Ich bin im Wohnwagen geboren, auf der Durchreise. Meine Geburtsstadt Gütersloh kenne ich gar nicht, war später nie mehr dort.

Sie führen den Zirkus Barus in der siebten Generation. Was machen Sie anders als Ihre Vorfahren?

Als der Zirkus 1812 in Schwerin gegründet wurde, war alles anders: Feuerschlucker, Schlangenbeschwörer und Bärentreiber sind vor Königen und Fürsten oder auf Marktplätzen aufgetreten. Unterwegs war man mit Pferd und Wagen. Heute haben wir einen modernen Fuhrpark, die Zeltanlage hält jedes Wetter aus und muss kaum beheizt werden. Es ist also vieles leichter.

Sicher nicht leichter wird das Zirkusleben durch Vorschriften und Einschränkungen. Macht es trotzdem noch Spaß?

Stimmt schon, der Zirkus ist der meistkontrollierte Betrieb, immer beim Veterinäramt im Blick und auf dem Präsentierteller. Das ist nicht immer leicht, aber wenn man sich an die Regeln hält, wird das anerkannt. Es kommt auch darauf an, wo man ist. Hier in der Gegend Frankfurt, Hanau, Offenbach sind wir seit rund acht Jahren unterwegs und fühlen uns gut aufgehoben. Die Leute kennen uns und wissen, dass wir ein guter Zirkus sind.

Wo findet ein Zirkus heutzutage mehr Publikum - in der Großstadt oder auf dem Land?

Eher in der Stadt. Da sind Tiere einfach exotischer. Auf dem Land begegnet man ja öfter mal einem Schwein oder einem Pferd. In der Stadt staunen die Leute ganz anders, wenn die Tierdressuren dran sind. Anderseits haben wir ein klassisches Zirkusprogramm, das überall ankommt. Wer die Tiere nicht so spannend findet, sieht gern die Akrobaten oder den Clown.

Zirkus und Tierschutz sind traditionell ein Reizthema, das heiß diskutiert wird. Welche Tiere dürfen Sie in Ihren Vorstellungen überhaupt noch zeigen?

Es ist eine Sache der Menschlichkeit, wie ich mit meinen Tieren umgehe. Dass wir Tiere haben, gehört zu unserem Beruf. Der Zirkus führt zurzeit um die 60 Tiere mit – Kamele, Dromedare und Lamas, Schweine, Ziegen, Hunde und natürlich Pferde. Wenn sie unter Stress stehen, werden sie krank. Unsere Tiere sind ausgeglichen, ein guter Ernährungs- und Pflegezustand wird uns bei jeder offiziellen Kontrolle bescheinigt. Wenn wir ein Gelände mieten, schauen wir uns vorher an, ob wir die Gehege groß genug bauen können. Wenn wir reisen, dann nur so weit, dass wir die Tiere am gleichen Tag ein- und wieder ausladen können.

Finden Sie denn auf ihren Tourneen noch genug geeignete Plätze?

Das wird immer schwieriger. Festplätze in den Gemeinden verschwinden, werden zugebaut oder sind in den letzten Jahren mit Containern für die Flüchtlinge belegt worden. Hier in Rodgau haben wir großes Glück – zehnmal so viel Platz, wie wir brauchen.

Ihre Kinder arbeiten mit und treten auch in der Manege auf. Können Sie jungen Leuten heutzutage ernsthaft empfehlen, zum Zirkus zu gehen?

Meine Kinder sind in dieses Leben hineingewachsen. Mein Sohn ist der Clown, die ältere Tochter Luftakrobatin und die Jüngste präsentiert die Ziegen. Alle haben oder machen einen Schulabschluss. Heute gibt es ja Privatlehrer, bei mir damals nicht: Ich kam nur bis zur dritten Klasse, weil wir alle paar Tage woanders waren. Ja, Zirkus kann jungen Leuten heute Perspektive bieten und attraktiv sein, wenn wir mit der Zeit gehen und zum Beispiel neue Sportarten wie BMX oder Skateboard ins Programm nehmen. Die Jugend wird zurzeit ja wieder sportlicher.

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