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Energiekrise im Kreis Offenbach: Kündigungswelle rollt - Betroffene haben nur wenig Zeit

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Von: Ekkehard Wolf

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Die Kündigungswelle im Landkreis Offenbach hat begonnen: Die ersten Kunden der Energieversorgung Rodau GmbH (EVR) haben die Kündigung ihrer Stromlieferverträge bereits erhalten.

Rodgau - Nach und nach will die EVR allen rund 4 500 Stromkunden kündigen. Gleichzeitig bietet sie den Abschluss eines neuen Vertrags an. Wer unterschreibt, lässt sich damit auf eine massive Preiserhöhung ein. Ein Arbeitspreis von 82,5 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) bedeutet für die Kunden mindestens doppelt so viel wie bisher.

Die Betroffenen haben nur wenige Tage Zeit, sich zu entscheiden. Das EVR-Angebot gilt für zehn Tage. Ansonsten wird die Kündigung zum Monatsende wirksam.

Energiekrise im Landkreis Offenbach: Viele Kunden fragen sich, was nun?

Was nun? Betroffene Kunden haben drei Möglichkeiten: Sie suchen sich einen neuen Stromversorger, sie unterschreiben den neuen Vertrag mit der EVR oder sie tun einfach nichts. Niemand muss befürchten, nach der Kündigung ohne Strom dazustehen. Das ist gesetzlich geregelt. Die Strombelieferung wird unterbrechungsfrei fortgesetzt. Zuständig dafür ist der örtliche Grundversorger. In Rodgau gibt es zwei Grundversorger: die Entega Plus GmbH für Nieder-Roden und die Energieversorgung Offenbach AG (EVO) für alle anderen Stadtteile.

„Gleichwohl kann es für Sie aus Kostengründen sinnvoll sein, möglichst zeitnah einen neuen Vertrag mit einem anderen Stromlieferanten zu schließen“, heißt es im Kündigungsbrief der EVR. Zahlreiche Betroffene haben bereits begonnen, sich nach einer Alternative umzusehen. Das ist beispielsweise an den Beratungstelefonen der Energieversorgung Offenbach spürbar, wie EVO-Pressesprecher Harald Hofmann sagt: „Wir haben sehr viele Anrufe von EVR-Kunden.“

Landkreis Offenbach: Ersatzversorgung als teures „Auffangbecken“ in der Not

Als Strom-Grundversorger ist die EVO für die Stadt Offenbach und für sieben Städte und Gemeinden im Kreis Offenbach zuständig. Hofmann: „Wer gar nichts tut, fällt in die sogenannte Ersatzversorgung. Das ist sozusagen das Auffangbecken für alle Kunden. Wir raten allerdings dazu, selbst aktiv zu werden und sich einen günstigeren Tarif zu suchen.“ In der Ersatzversorgung verlangt die EVO zurzeit 88,83 ct/kWh. „Es geht sehr viel günstiger“, sagt Harald Hofmann: Im Standardtarif kostet der gleiche Strom nur ein Drittel (29,9 ct/kWh). Dazu kommt ein monatlicher Grundpreis von 7,44 Euro – halb so viel wie die EVR künftig verlangt.

Wer versehentlich in der teuren Ersatzversorgung landet, wechselt laut Hofmann nach sechs Wochen automatisch in den Standardtarif (Grundversorgung). Die EVO-Homepage nennt einen anderen Zeitraum. Dort heißt es, dieser Wechsel erfolge „nach spätestens drei Monaten“. Der Grundversorgertarif, der in Offenbach „Classica“ heißt, hat eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. Eine Preisgarantie gibt es nicht. „Bisher haben wir den Preis nur einmal im Jahr geändert“, sagt der EVO-Pressesprecher. Für den Jahreswechsel kündigt er eine Preiserhöhung an. Das Ausmaß stehe noch nicht fest, „es wird aber sehr viel weniger sein als das, was jetzt in Rodgau passiert“.

Landkreis Offenbach: Aufgeheizter Energiemarkt wirkt sich auch in Rodgau aus

„Der Energiemarkt ist außer Rand und Band geraten“, sagt auch Harald Hofmann. Ein Lichtblick für die Kunden: „Wir kaufen langfristig ein und durch diese Einkaufspolitik können wir den Preisanstieg dämpfen.“ Wer einen Stromtarif mit Preisgarantie bevorzugt, wird in der Region bei der Entega fündig. Das kommunale Unternehmen aus Darmstadt bietet Ökostrom mit zwölf Monaten Preisgarantie derzeit für 57,17 ct/kWh an.

Zwei andere Anbieter aus der Region nehmen erst gar keine neuen Kunden mehr auf. „Aktuell überarbeiten wir unser Preissystem und können Ihnen daher derzeit kein Angebot unterbreiten“, teilt die Maingau Energie GmbH (Obertshausen) bei der Online-Tarifabfrage für Rodgau mit.

Dem Stromzähler sieht man nicht an, welcher Versorger die Energie liefert.
Dem Stromzähler sieht man nicht an, welcher Versorger die Energie liefert. © Wolf, Ekkehard

Landkreis Offenbach: „In Rodgau bieten wir momentan keinen Strom an“

Eine ähnliche Antwort erhält man bei der Mainova (Frankfurt), allerdings erst auf Umwegen. Obwohl die Internetseite mit dem Titel „Günstige Stromtarife für zu Hause: Jetzt Anbieter wechseln“ wirbt, verweist der Online-Tarifrechner lediglich auf das Beratungstelefon. Nach geräumiger Zeit mit der Dudelmusik in der Warteschleife erhält man dort die Auskunft: „In Rodgau bieten wir momentan keinen Strom an.“ Der Berater begründet das so: Als Grundversorger in Frankfurt habe die Mainova gerade keinen Spielraum, auswärtige Kunden aufzunehmen. (Ekkehard Wolf)

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