Feier zum Europatag stellt die Vorteile der Gemeinschaft heraus

Nieder-Roden – Europäische Union oder Europapokal? Der Donnerstag bot die Qual der Wahl.
Etwa 80 Besucher gaben dem Europatag im Bürgerhaus Nieder-Roden den Vorzug vor der Fernsehübertragung der Europa League, bei der die Fußballer der Frankfurter Eintracht den Einzug ins Finale verpassten.
Die Feier zum Europatag schlug einen Bogen von der kulturellen Vielfalt Europas bis zur politischen Mitbestimmung bei der Europawahl am 26. Mai. Hauptredner Roland Straub legte den Schwerpunkt auf die Wirtschaft. Kein Wunder: Der promovierte Ökonom arbeitet bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Manche Zuhörer erfuhren erst bei dieser Gelegenheit, dass der Chefberater des EZB-Präsidenten Mario Draghi in Rodgau lebt und bekennender Kickers-Fan ist.
Jeder Europäer hat einen anderen Blick
„Jeder Europäer hat einen anderen Blick auf diesen Kontinent“, sagte Bürgermeister Jürgen Hoffmann in seinem Grußwort. Trotz der unterschiedlichen Anforderungen und Ansprüche an Europa gebe es auch gemeinsame Werte, die den Zusammenhalt sicherten. „Wir wollen die Unterschiedlichkeiten der Weltanschauungen nicht einebnen“, betonte Hoffmann: „Die Vielfalt ist es, die uns als Menschen in Europa ausmacht.“ Er rief die Zuhörer dazu auf, zur Einheit Europas zu stehen: „Nicht über das reden, was uns trennt, sondern darüber, dass Europa der Garant von Frieden und Stabilität ist.“
Als stellvertretende Vorsitzende des Ausländerbeirats rief Özlem El-Amin zur Teilnahme an der Europawahl auf. Die Wahl sei wichtig, weil die EU-Entscheidungen alle Einwohner der EU betreffen. Ob man Europa als nah oder als fern empfinde, hänge von der Blickrichtung ab: „Für die Offenbacher sind wir Rodgauer, für die Bayern Hessen, für die Türken Deutsche, für die Japaner und Amerikaner sind wir Europäer.“
Europa aus ökonomischer Sicht
Gastredner war Dr. Roland Straub beleuchtete die Bedeutung Europas zunächst aus ökonomischer Sicht. Der europäische Binnenmarkt sei ein wichtiger Wachstumsmotor. Jeder sechste Arbeitsplatz in Deutschland hänge direkt mit dem Handel innerhalb der EU zusammen. Gemeinsam könnten die Länder Europas in der Welt viel mehr bewegen als allein. Die Souveränität der einzelnen Staaten bleibe erhalten. „Souveränität bedeutet, dass ich die Ergebnisse beeinflussen kann“, so Straub. Dies sei durch das Zwei-Säulen-Modell der EU gewährleistet: auf der einen Seite das direkt gewählte Europaparlament, auf der anderen Seite der Ministerrat (Rat der Europäischen Union), der die Regierungen der Mitgliedsländer repräsentiert. Die EU führe kein Eigenleben, betonte der Redner. Die oft gehörte Aussage „Das hat Europa beschlossen“ sei falsch: „Es gibt keine Regel, die nicht auch von Deutschland beschlossen ist.“
Die lange Friedensperiode von 74 Jahren stellte Andreas Spott von der Städtepartnerschaft Nieder-Roden/Puiseaux in den Mittelpunkt seiner kurzen Ansprache. Friede sei auch der Antrieb für den ersten Schritt zur europäischen Einheit gewesen: „Der eigentliche Gedanke Schumans war es, nach zwei verheerenden Weltkriegen Frieden in Europa zu schaffen.“
Europa nach Noten ließ das Mandolinenorchester des Wanderclubs Edelweiß im konzertanten Teil des Abends erklingen: angefangen vom Prélude aus „Te Deum“ von Marc Antoine Charpentier, das als Eurovisions-Melodie bekannt ist, über die „Europäische Suite“ von Konrad Wölki mit Elementen vieler bekannter Melodien aus Europa bis zu dem modernen Stück „Fusion Em“ von Danielle de Rover. Das Orchester unter Leitung von Birgit Pezza wurde mit viel Beifall bedacht – ebenso wie später die Sängerin Franziska Langer für ihren Auftritt.