Offenbacher Feriencamp eigens für Flüchtlingskinder erweitert

Ein wahrhaft geordnetes Durcheinander hat sich während der Osterferien auf der Sportanlage Rosenhöhe tagtäglich abgespielt. Während eine Gruppe Jungen und Mädchen per „Schnick-Schnack-Schnuck“ ausgelegte Reifen erobert, üben sich andere im Hula-Hoop-Schwingen und wieder andere im Ballwerfen. Mehr als 270 Kinder im Alter von drei Jahren bis zur beginnenden Teenagerphase sind während der freien Zeit im sogenannten Osterferien-Camp zusammengekommen, um sich zu bewegen, zu spielen und dabei auch zu lernen.
Offenbach - Organisiert hat den Ferienaufenthalt der Träger Selbst-bewusst-lernen (SBL) in Kooperation mit dem Jugendamt der Stadt. Das Besondere dabei: Kurzfristig haben die Beteiligten das eigentlich ausgebuchte Camp erweitert, damit junge ukrainische Kriegsflüchtlinge, die in Offenbach gelandet sind, mitmachen können. Für alle Kinder ist das Camp kostenfrei, finanziert wird es zum größten Teil über das sogenannte Corona-Aufhol-Programm des Bundes.
„Wir haben alles in Bewegung gesetzt, um auch den ukrainischen Kindern diese Gelegenheit zu bieten“, sagt Bürgermeisterin Sabine Groß. Dass sich die Mühe und die zusätzlichen Finanzmittel, die die Stadt freigemacht hat, lohnen, zeigen viele kleine Erfolge im Camp-Alltag. So läuft das Miteinander nicht nur reibungslos, sondern auch sehr fröhlich ab.
„Außerdem spricht schon nach der kurzen Zeit mancher die ersten Sätze Deutsch“, erzählt Pädagoge Jens Mengeler, Geschäftsführer von SLB. In seinem grundsätzlichen Konzept setzt der Träger, der seit einigen Jahren regelmäßig in Offenbach vertreten ist, auf eine Mischung aus Sport, Freizeit und Lernen. Letzteres weniger im Sinne von schulischen Stoffplänen, lernen sollen die Kinder eher Handlungskompetenz und Miteinander.
Und so gibt es neben reichlich Bewegung auch kreative Angebote, die die Feinmotorik trainieren und regelmäßige Geschichten als Basis für Austausch und Fragen. Für die ukrainischen Kinder sind die Erzählungen übersetzt. Wichtig im Tageslauf sind ebenso Turniere mit Völkerball, Rollball oder anderen Ballspielen.
„Für die ukrainischen Kinder ist das Camp jetzt ein erstes Angebot, das ihnen helfen soll, zur Ruhe zu kommen und die neue Umgebung kennenzulernen“, sagt Bernd Hormuth, stellvertretender Leiter der Verwaltung des Jugendamtes. Von den Erlebnissen im Kriegsgeschehen sei derzeit weniger die Rede, erzählen die Betreuer. „Vieles kommt erst in einigen Monaten hoch, jetzt überwiegt der Sicherheitsaspekt und gerade Kinder funktionieren anfangs reibungslos“, weiß Hormuth. Entsprechende psychosoziale Unterstützungsangebote seien in Vorbereitung.
Um Sprachbarrieren entgegenzuwirken, hat das Team eigens Dolmetscher eingesetzt. Ebenso haben diese Aufgabe auch einige kleine russischsprechende Offenbacher im Camp übernommen. Fleißig übersetzen sie zwischen ihren ukrainischen Spielkameraden, anderen Kindern und den Betreuern. So etwa der achtjährige Tikhan. „Er ist seit 30 Tagen in Deutschland und oft noch traurig“, erzählt er und zeigt auf den zwölfjährigen Pascha. Doch auch dieser weiß schon mit wenigen Worten in der fremden Sprache ein Fazit zu ziehen. „Es ist gut hier“, stellt er fest.
Auch wenn das Kriegsgeschehen in der Ukraine kaum erwähnt werde, sei es vielen hier heimischen Kindern wichtig, den Neuankömmlingen etwas Gutes zu tun, hat die Camp-Koordinatorin Olivia Zadeh beobachtet. „Ein Mädchen hat Kekse mitgebracht für die Ukrainer, um sie ein bisschen zu trösten, weil sie ihr Zuhause verloren haben“, berichtet sie.
Die Kooperation zwischen dem freien Träger SBL und der Stadt soll auch weiterhin Früchte tragen. Geplant sind wieder eine Sommer-Kita und ein Herbstcamp.
Von Barbara Scholze