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Pikse am laufenden Band

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Von: Andreas Pulwey

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Beruhigt in die Weihnachtsfeiertage: Jürgen Deppe bekam seine dritte Impfung von Hanim Seker.
Beruhigt in die Weihnachtsfeiertage: Jürgen Deppe bekam seine dritte Impfung von Hanim Seker. © pulwey

Bei der ersten Rodgauer Impfnacht hatte das medizinische Personal zeitweise alle Hände voll zu tun. Etwa 400 Kunden kamen zum Piksen.

Dudenhofen – Die Pandemie hat Rodgau und die Welt weiterhin im Griff. So sind Impfungen zum Schutz gegen die Virusmutationen zurzeit sehr begehrt. Da die Arztpraxen aktuell kaum mit dem Spritzen hinterherkommen, koordinierten die Rodgauer Mediziner Dr. Eric Sittler, Dr. Marcus Gille, Dr. Andreas Hinkel und Dr. Frederik Johnson gemeinsam mit der Stadt die erste Rodgauer Impfnacht.

Von 15 Uhr bis Mitternacht stand am Samstag das von Dr. Sittler und dem Offenbacher Diabetologen Dr. med. Christian Klepzig betriebene Medizinische Versorgungszentrum Rodgau (mevero) für Besucher offen. Die genauen Patientenzahlen lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor, doch ließen sich in den drei Impfzimmern etwa 400 Personen mit dem Wirkstoff versorgen.

Mehr als eine Stunde vor Beginn kamen die ersten Impfwilligen zur Eingangstür. Es bildete sich eine Warteschlage bis auf die Kronberger Straße. Die Ersten genossen den zügigen Durchlauf der Stationen. „Ich bin rechtzeitig Zuhause für Kaffee und Kuchen“, freute sich ein Besucher. Später Gekommene warteten zunächst etwas länger, und in einigen Köpfen wuchs der Unmut. Nach dem ersten Ansturm ließ die Resonanz etwas nach; tatsächlich kam der letzte Impfwillige um 23.50 Uhr.

Die Stadt sorgte auf dem Hof und auf der Straße für einen reibungslosen Ablauf. 15 städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilten sich den Schichtdienst. Ein Zelt war aufgebaut, falls sich der Wettergott für Regenfälle entschieden hätte. Ältere konnten sich darin setzen, wenn die Wartezeit bis zum Piks zu anstrengend wurde.

Einer der Patienten war Jürgen Deppe. Die neue Virusvariante Omikron richtete seine Aufmerksamkeit auf seinen eigenen Schutz und den seiner Familie. „Mit einem sicheren Gefühl in die Weihnachtstage zu gehen“, war ihm besonders wichtig. Der Jügesheimer hatte die ersten beiden Impfungen in den vergangenen Monaten gut vertragen. So nutzte er die Chance für eine schnelle Auffrischung.

Presse und soziale Medien warben für die Rodgauer Impfnacht auch über die Stadtgrenzen hinaus. Dominik Lukas Michel kam aus Offenbach: „Ich erfuhr davon über meine Familie“, berichtete der 19-Jährige. Er absolviert sein Freiwilliges soziales Jahr an der Ernst-Reuter-Schule. Verantwortungsvoll ging er mit dem Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern um und frischte seinen Impfschutz auf.

Als Mit-Geschäftsführer des mevero führt Dr. Eric Sittler seine Praxis in der Nieuwpoorter Straße. Die Notwendigkeit dieses nächtlichen Impfangebots stand für ihn außer Frage: „Viele Ältere haben die dritte Dosis noch nicht, manche Menschen noch nicht einmal die Grundimmunisierung.“ Besonders vor Weihnachten sollte die Bereitschaft zum Eigenschutz und der der Familie besonders groß sein. Gemeinsam mit seinen Rodgauer Medizinerkollegen setzte er ein Zeichen pro Immunisierung: „Das war die Botschaft nach draußen, dass wir die Aktion gemeinsam in die Hand nehmen“.

4 000 Dosen Impfstoff besorgten sich die Veranstalter im Vorfeld. Beim Wirkstoff des US-Unternehmens Moderna war die Verfügbarkeit gegeben. Auch von der Wirksamkeit ist Dr. Sittler überzeugt. Die Omikron-Virusvariante lässt Dr. Sittler sorgenvoll in die Zukunft schauen: „Es kommt etwas auf uns zu, von dem wir noch nicht wissen, wie es ausgeht“. Das Gesundheitssystem hätte bundesweit besser laufen können, kritisiert der Mediziner. Die Lockerungen durch die 2G-Regel sind für ihn nicht nachvollziehbar: „Es würde bedeuten, dass Geimpfte und Genesene nicht mehr Teil der Infektionskette sind, das sind sie aber. 2G ist eine Katastrophe“.

Die Impfzentren im August zuzumachen, war für ihn ebenfalls nicht nachvollziehbar: „Wir wissen seit August, dass wir boostern müssen“, da waren die Schließungen die falsche Entscheidung.

Für die Praxen stellen die Auswirkungen der Pandemie einen enormen Arbeitsaufwand dar. Und nun kommt die Erkältungswelle dazu. Bei Erkältungspatienten wird in voller Schutzkleidung zunächst ein Abstrich gemacht, berichtet Dr. Sittler. „Wir kommen an die Kapazitätsgrenzen, wir haben die Grippeimpfungen zu machen, dieses Jahr ist wirklich ein Grenzbereich“. Der Mediziner hofft auf Besserung im Jahr 2022: „Ich hoffe, dass es nächstes Jahr etwas besser wird“, denn zwei Jahre hintereinander, das ist für alle Beteiligte eine enorme Herausforderung.  (pul)

Die Impfnacht stieß auf positive Resonanz. Schon mehr als eine Stunde vor Beginn warteten die ersten Bürger auf ihre Impfdosis Moderna.
Die Impfnacht stieß auf positive Resonanz. Schon mehr als eine Stunde vor Beginn warteten die ersten Bürger auf ihre Impfdosis Moderna. © -

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