Volle Dröhnung im Hochsommer

Nieder-Roden - Das bisher größte Rockfestival in der Geschichte Rodgaus soll Ende August über die Bühne gehen: 96 Bands an drei Tagen auf drei Bühnen. Born Meißner (38) aus Nieder-Roden will das Bürgerhaus samt Sporthalle vom 28. bis 30. August von früh bis spät beschallen. Von Ekkehard Wolf
Das „Rocken“-Festival verspricht volle Dröhnung für Fans von Rock und Heavy Metal. 750 Musiker wollen dem Publikum einheizen. Die Bands kommen vor allem aus Hessen, aber auch aus Österreich, der Schweiz und Luxemburg. Neben Top-Acts wie „Herzparasit“ stehen auch viele unbekannte Formationen auf der Bühne. Sie heißen „Blutgericht“, „Krayenzeit“ oder „Sündflut“, auch morbide Namen wie „Mortal Existence“ oder „Funeral Fire“ sind vertreten. Ihre Musikrichtungen reichen von Piratenrock bis zu Death Metal, wobei die härteren Spielarten besonders stark vertreten sind. Eine Ausnahme bildet die Rodgau Jazz-Big-Band: Sie spielt am Sonntag zur Frühschoppenzeit.
„Fast 400 Bands haben sich beworben und es hört nicht auf“, berichtet Born Meißner. Er ist vom Ansturm überrascht: „Die Nachfrage nach Auftrittsmöglichkeiten ist riesengroß. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Bands im Untergrund gibt.“ Viele Gruppen spielen ohne Gage, manche gegen Spritgeld. Aber alle sind mit geschulten Ohren ausgesucht. Bei fast 400 Bands ist auch eine kurze Sichtung per Youtube schon ein großer Zeitaufwand.
Festival kostet 40.000 Euro
Das Festival kostet eine Stange Geld. Selbst bei geringem Aufwand muss der Veranstalter mit fast 40.000 Euro rechnen. Drei Bühnen mit Ton- und Lichtanlagen, Saalmiete und Genehmigungen, Sicherheitsdienst, Bewirtung und vieles mehr: Mit einer guten Idee allein ist es nicht getan. Ein Beispiel: „Der ganze Boden muss ausgelegt werden, in allen Räumen. Da müssen wir tagelang kleben.“ Insgesamt, schätzen die Organisatoren, brauchen sie für die drei Tage mindestens 50 Helfer.
Die Organisation ist ein Vollzeitjob. Die Fäden laufen bei zwei Personen zusammen Während Kamran Inait als Student nur begrenzt Zeit hat, kann sich Born Meißner voll in die Arbeit stürzen: „Ich bin vor sechs Monaten arbeitslos geworden, da habe ich mir gedacht, ich mache mich selbstständig.“ Seine Firma nennt er Megafun, maximaler Spaß. Born Meißner spielt Schlagzeug in der Rodgauer Band „Numenon“ und organisiert nicht zum ersten Mal eine Musikveranstaltung. Vor ein paar Jahren stellte er in einem Langener Club „House vs. Metal“ auf die Beine, in jungen Jahren organisierte er Höhlenpartys mit elektronischer Musik auf Mallorca.
Ein bewegter Lebenslauf
Der 38-jährige Nieder-Röder erzählt von einem bewegten Lebenslauf. Als Jugendlicher schmiss er seine Ausbildung als Kfz- und Motorradmechaniker und ging für fünf Jahre nach Mallorca, Gran Canaria und Teneriffa. Dort jobbte er in Diskotheken und Hotels. Als er mit 22 Jahren zurückkehrte, hatte er weder Schul- noch Lehrabschluss. Im beginnenden Internet-Boom baute er eine Online-Medienfirma in Köln auf. Zurück nach Rodgau: Nach einer Ausbildung zum Kaufmann für Speditions- und Logistikdienstleistungen ging er zu einer Zeitarbeitsfirma nach Frankfurt und arbeitete sich bis zum Niederlassungsleiter hoch. Nun fängt der allein erziehende Vater noch einmal etwas Neues an.
„So was Großes hat es in Rodgau noch nicht gegeben“, sagt Festival-Veranstalter Born Meißner. Er zweifelt nicht daran, dass der Sound von Dark Metal bis Melodic Deathcore im Rhein-Main-Gebiet genügend Publikum anzieht: „Wenn wegen jeder Band nur zehn Leute kommen, sind wir schon bei 1000.“ Überrascht ist der 38-Jährige vom Schneeballeffekt auf der Internetplattform Facebook: „Das habe ich bisher unterschätzt.“ Die Werbung der 96 Bands für das Festival „Rocken“ erreichte schnell mehr als 30.000 Menschen.
Drei Tage volle Dröhnung im Saal sind für den Schlagzeuger und Musikveranstalter nur die zweitbeste Lösung. Noch lieber hätte er ein Open-Air-Festival im Wald nördlich von Weiskirchen veranstaltet. Und einen Mittelalteraltermarkt mit 100 Ständen. Doch das Forstamt hatte Bedenken: Bei Sturm, Gewitter oder ähnlichen Naturgewalten wäre die Sicherheit gefährdet gewesen. Außerdem wehrten sich Anwohner gegen die erwartete Lärmbelästigung.
Musikfestival am Badesee (Archiv)
Der Name wäre so schön gewesen: „Rocken Open Air“, abgekürzt „R.O.A.“, erinnert nicht von ungefähr an eine andere Musikveranstaltung. „Wacken Open Air“ lockt seit 25 Jahren Heavy-Metal-Fans in eine 2000-Seelen-Gemeinde in Schleswig-Holstein. Längst gilt „W.O.A.“ als größtes Heavy-Metal-Festival der Welt. Vergangenes Jahr waren 70.000 Besucher dort.
In Rodgau darf es gern ein paar Nummern kleiner sein. Trotz der Namensähnlichkeit hätte Meißner von einer Größenordnung wie in Wacken nie zu träumen gewagt. „Wenn ich ganz ehrlich bin, war ich noch nie auf einem solchen Festival. Wacken wär‘ mir auch zu groß. Da hätte ich Angst, in der Masse zertrampelt zu werden.“ Die beiden Organisatoren stehen Ende August auch als Musiker auf der Bühne: Born Meißner spielt Schlagzeug bei „Numenon“, Kamran Inait ist Gitarrist und Sänger bei „120 Minds“.