Rodgau-Bahn fährt seit 125 Jahren

Zum 125. Geburtstag der Rodgau-Bahn arbeiten Heimatkundler aus der Region an einem einmaligen Projekt: Autoren aus allen Orten an der ursprünglichen Strecke von Offenbach bis Reinheim schreiben ein gemeinsames Buch.
Rodgau - Das geplante Festwochenende ist der Covid-19-Pandemie zum Opfer gefallen. Drei Tage lang sollte entlang der Bahnstrecke gefeiert werden. Neben einer Ausstellung über die Geschichte der Rodgau-Bahn sollten Sonderfahrten mit historischen Zügen und Modellbahnausstellungen stattfinden. Die Initiative dazu ging von den Rodgauer Heimat- und Geschichtsvereinen aus.
Das Buchprojekt läuft trotz Pandemie. Allerdings konnte das Buch pandemiebedingt nicht zum 125. Jahrestag am 1. Oktober erscheinen. Wenn alles klappt, soll es aber noch in diesem Jahr fertig sein.
„Es ist einmalig, dass so viele beteiligt sind“, sagt Werner Stolzenburg (Rollwald), der sich schon seit mehr als 40 Jahren mit der Geschichte der Rodgau-Bahn beschäftigt. Im Januar 1979 veröffentlichte er erstmals ein 48-Seiten-Heft über den Bau der Eisenbahnlinie Offenbach – Reinheim. 1996 war er einer der drei Autoren des Buchs „100 Jahre Rodgau-Bahn“. Obwohl damals 1 500 Exemplare gedruckt wurden, ist das Buch längst vergriffen: „Ein Erfolg, mit dem wir nicht gerechnet hatten“, wie Stolzenburg sagt.
Vor knapp einem Jahr baten die Initiatoren des Buchprojekts erstmals die Bürgermeister der neun Städte und Gemeinden um ihre Unterstützung: „Es gibt wohl wenige Elemente, die eine solch stark verbindende Wirkung haben wie eine Bahnstrecke. Sie lässt Gemeinden, Stadtteile und Landkreise zusammenwachsen und berührt die Leben nahezu all ihrer Einwohner. Welch schöneres Thema gäbe es, um es für eine solche Kooperation zum Anlass zu nehmen?“
Das Werk zum 125-jährigen Bestehen der Rodgau-Bahn stellt Vergangenheit und Gegenwart der Bahnlinie aus unterschiedlichen Blickwinkeln dar. Neben der regionalen und überregionalen Vorgeschichte werden alle 18 Haltepunkte der Strecke einzeln vorgestellt. Weitere Themen sind die Schienenfahrzeuge im Lauf der Zeit, die Bahnpost, der S-Bahn-Bau und ein Ausblick in Sachen Odenwaldbahn.
Dahinter steckt nicht nur die Leistung der zahlreichen Autoren. Frank Stoffels vom Arbeitskreis für Heimatkunde Nieder-Roden und andere Aktive haben auch viel Zeit investiert, um Quellen zu erschließen, Autoren zu finden und die Finanzierung auf die Beine zu stellen. Das Ergebnis: Alle neun Städte und Gemeinden von Offenbach bis Reinheim beteiligen sich an der Finanzierung, ebenso die beiden Landkreise Offenbach und Darmstadt-Dieburg. Die einzelnen Förderbeträge liegen zwischen 100 und 6 000 Euro. Auch Geldinstitute und der Rhein-Main-Verkehrsverbund haben Zuschüsse zugesagt.
Eingeweiht wurde die Rodgau-Bahn am 1. Oktober 1896 mit einer Eröffnungsfahrt mit geladenen Gästen. In blumigen Worten berichtete die Offenbacher Zeitung: „Besonders hübsch gestaltete sich der Empfang jedoch in Jügesheim und Dudenhofen. In beiden Orten hatten sämtliche Vereine mit Fahnen auf den Perrons Aufstellung genommen und die frohen Weisen einer Musikkapelle begrüßten den einfahrenden Zug. Im erstgenannten Ort begrüßte die Tochter des Gemeindevorstehers Fecher den Herrn Ministerialdirektor mit einem passend gewählten Gedicht und einem duftenden Strauße, in Dudenhofen bot der greise Ortspfarrer unmittelbar inmitten einer Schar Ehrenjungfrauen den Willkommensgruß.“
Auch damals war der Neubau einer Eisenbahnstrecke eine langwierige Angelegenheit. Schon 1870 hatten die Gemeindevertretungen der Rodgau-Gemeinden über einen Bahnanschluss beraten. (Von Ekkehard Wolf)

