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Rodgau: Früheres Sendegebäude ist jetzt Heulager

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Von: Bernhard Pelka

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Die Betriebsgebäude des Senders Weiskirchen stehen noch mitten im Feld unweit von Rembrücken, sie dienen heute allerdings als Lager. Die Pläne zum Bau einer Biogasanlage auf dem Gelände zerschlugen sich. Sie war nicht wirtschaftlich zu betreiben.
Die Betriebsgebäude des Senders Weiskirchen stehen noch mitten im Feld unweit von Rembrücken, sie dienen heute allerdings als Lager. Die Pläne zum Bau einer Biogasanlage auf dem Gelände zerschlugen sich. Sie war nicht wirtschaftlich zu betreiben. © Pelka

Verborgene Orte in Rodgau: Der frühere Mittelwellensender des Hessischen Rundfunks bei Weiskirchen dient seit Jahren einem Landwirt als Lagerplatz.

Weiskirchen – Die Adresse „Außerhalb 13“ klingt unspektakulär – und doch wurde dort Geschichte geschrieben. Fern der Ortsbebauung errichtete der Hessische Rundfunk (hr) 1965/66 mitten im Feld und nur 600 Meter von der Grenze zu Rembrücken entfernt eine Mittelwellensendeanlage für die Frequenz 594 Kilohertz. Gemeinsam mit einem Sender auf dem Hohen Meißner in Nordhessen versorgte der Sender Weiskirchen ganz Hessen mit Rundfunkprogrammen. Die große Reichweite und die geringe Störanfälligkeit der Mittelwelle dienten aber auch dazu, Bewohner der DDR sicher mit Westrundfunk versorgen zu können. Bis zur Wende 1989 strahlten beide Sender nachts das Programm vorwiegend nach Osten aus.

Während die Betriebsgebäude sich als Flachbauten unauffällig in die Landschaft duckten, waren die zwei 126,5 Meter hohen Sendemasten weithin sichtbar – von der nahe gelegenen Autobahn A 3 aus sowieso.

Rodgau: Sendemasten waren Wahrzeichen von Weiskirchen

„Das waren Weiskircher Wahrzeichen. Wenn wir früher zusammen mit den Eltern über die Autobahn von einem Ausflug zurückgekommen sind und die Masten gesehen haben, dann wussten wir, dass wir bald zuhause angekommen sind“, erzählt Stefan Wolf von einer schönen Kindheitserinnerung. Seit dem Jahr 2012 gehören dem Ortslandwirt die Sendegebäude und die darum liegenden 20 Hektar Grünland.

Damals bot der hr den am 1. Januar 2010 stillgelegten Standort auf Immobilienportalen im Internet zum Kauf an. Die Stadt wollte die größte zusammenhängende Fläche, die es in Rodgau überhaupt noch gibt, als Ausgleich für den landwirtschaftlichen Flächenverlust bei der Ausweisung von Neubaugebieten unbedingt kaufen. Doch Wolf machte das bessere Angebot.

Er brauchte das Gelände zur Zukunftssicherung seines Pferdebetriebs, in dem derzeit schon die vierte Generation mitarbeitet. „Ich wurde damals vom hr angeschrieben, ob ich Interesse hätte, weil ich das Gebiet ohnehin bewirtschaftet habe. Klar hatte ich das. Wir machen dort schließlich das Heu für unsere Pferde. Das war für mich eine große Chance, die Futtermittelbeschaffung auf lange Sicht zu sichern.“

Nur noch wenig erinnert an den ehemaligen Radiosender in Rodgau

Heute nutzt der Landwirt seine Errungenschaft (und davon natürlich nur die bebauten Grundstücksteile) als große Lagerfläche. An den Sender erinnert nicht mehr viel. Erst kürzlich ist das frühere Hinweisschild, das noch lange Jahre an dem Asphaltweg stand, der zu dem geschichtsträchtigen Ort führt, auf dem Schrott gelandet. Das gilt für vieles andere auch, was die Arbeit dort einst prägte. Der hr räumte die Gebäude nach dem Verkauf gründlich. Es finden sich dort nur noch ganz wenige Relikte aus der Vergangenheit. Auf einer Europalette stehen im Freien zwei alte Bandmaschinen (Telefunken, Magnetophon 15 A), die früher zur Aufzeichnung von Sendungen dienten.

In einer Gitterbox liegt Elektroschrott: Kabel, Ladegeräte für Handfunkgeräte, ein TV-Demodulator und mit Elektronik gefüllte Gehäuse, deren Funktion sich dem Laien nicht erschließt. Auf manchen Teilen befindet sich noch der Aufkleber (mit Zahlenfolge), mit dem der hr sein Inventar katalogisierte.

In der Außenwand eines Betriebsgebäudes wurden zwei große Durchbrüche zugemauert. „Dahinter stand in einem Raum ein riesiges Notstromaggregat und die Öffnungen dienten zur Belüftung“, erläutert Wolf. Auch das sechseckige Loch in einer anderen Wand wurde verschlossen. Dort führten die mächtigen Kabel hinaus zu den Sendemasten.

Mehrfach hat Stefan Wolf in den vergangenen Jahren Vandalismusschäden an den Gebäuden und auch am Zaun reparieren müssen: eingeschmissene Scheiben, abgerissene Wandverkleidungen, zerstörte Rollläden und mehr. Auch Sprayer haben sich verewigt. „Die Leute sind unverschämt und dringen einfach auf fremdes Gelände vor“, bedauert er die schlechten Erfahrungen.

Serie „Verborgene Orte“

In dieser Serie blicken wir hinter die Kulissen und stellen Orte vor, die normalerweise kaum jemand betritt. Anregungen nimmt die Redaktion unter rodgau@ op-online.de entgegen. In der nächsten Folge geht es um das älteste Bauwerk Rodgaus.

Das Fundament eines Masts direkt nach der Sprengung...
Das Fundament eines Masts direkt nach der Sprengung... © Pelka, Bernhard
...und dasselbe Fundament heute im Dornröschenschlaf.
...und dasselbe Fundament heute im Dornröschenschlaf. © Pelka, Bernhard
Eine alte Bandmaschine rottet vor sich hin.
Eine alte Bandmaschine rottet vor sich hin. © Pelka, Bernhard

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