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Rodgau: Radio vertreibt Raubvogel

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Von: Bernhard Pelka

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Norbert Grimm im Freilauf mit dem ungewöhnlichen Habicht-Schreck: einem Radio auf einer Tonne.
Norbert Grimm im Freilauf mit dem ungewöhnlichen Habicht-Schreck: einem Radio auf einer Tonne. © Pelka

Kurios, aber wirkungsvoll: Dem Rodgauer Hühnerzüchter Norbert Grimm dient ein Radio als Habicht-Schreck. Im Freilauf seiner 100 Legehennen läuft tagsüber Deutschlandfunk. Seither bleibt der Raubvogel fern. Vergangene Saison hatte er acht Hennen geholt.

Jügesheim – Zur Abwehr von gefiederten Räubern nutzen Winzer in ihren Weinbergen aufwendige Technik und lassen Böllerschüsse aus teuren Propangaskanonen krachen. Schädlingsbekämpfer setzen gegen Gänse, Möwen und Tauben gerne kostspielige Laser ein. Landwirt Norbert Grimms Vogelabwehrsystem ist hingegen viel preiswerter. Und kurios: Um einen hungrigen Habicht von seiner Hühnerschar fernzuhalten, lässt der Hobbyzüchter im Freilauf seiner Legehennen tagsüber ein Radio in plärrender Lautstärke dröhnen. Immer läuft Deutschlandfunk. Stundenlang Nachrichten, Reportagen und Kulturprogramm rauf und runter. Da der Auslauf im Gewerbemischgebiet von Jügesheim direkt an der B 45 und der Brücke an der Haingrabenstraße liegt, stört sich niemand am Lärm des Radiosenders. „Die Autos auf der B 45 übertönen hier alles“, sagt der 75-Jährige.

Rodgau: „Der Habicht hört die menschliche Stimme und bleibt weg“

Warum ausgerechnet Deutschlandfunk? „Das ist der Sender mit den meisten Wortbeiträgen. Der Habicht hört die menschliche Stimme und bleibt weg“, erläutert der Landwirt seine Strategie. „Ein weiterer Vorteil ist: Meine Hühner sind jetzt äußerst gebildet“, scherzt der gebürtige Jügesheimer.

Die skurrile Taktik geht auf. In der vergangenen Saison holte der Habicht acht Hennen. Fast jede Woche eine. Seit das Radio plärrt, ergreift er die Flucht. Oder ist er einfach nur einem Lkw auf der B 45 zum Opfer gefallen? „Nein“, versichert Grimm. „Ich höre ihn immer mal, aber er traut sich nicht näher ran. Normalerweise sitzt er in Bäumen, lauert und schlägt im günstigsten Moment zu.“

Geflügelzüchter in Rodgau schützt seine Tiere mit einem ungewöhnlichen Trick

Seit 20 Jahren züchtet Grimm Geflügel. Etwa 100 Hennen hat er derzeit. Sie leben mit sieben Hähnen zusammen. Mit Räubern gibt es oft Probleme. Zum Beispiel mit Mardern. Um dem Habicht die Jagd zu vermiesen, hat der Vogelfreund über einem kleinen Auslauf ein Netz gespannt. In dem anderen Freigehege dröhnt das Radio, das bis zu seinem Einsatz im Keller ein Schattendasein fristete. Es steht auf einer großen Mülltonne. Sie dient als Resonanzkörper und Wetterschutz zugleich.

Um sich zu helfen, hatte Grimm vor der Radio-Variante im Internet nach Tricks gestöbert und war dabei leider auch einem fragwürdigen Angebot aufgesessen. Silbern bedampfte Kugeln, groß wie Fußbälle, wurden zur Vogelabwehr angepriesen. „Die sollte man im Gehege verteilen. Das Spiegelbild würde den Greifvogel dann vertreiben, weil er denkt, das sei ein Kontrahent. Der Habicht hat darüber aber nur gelacht“, erinnert sich Grimm nur ungern an die teure Enttäuschung. „200 Euro hab’ ich dafür in den Sand gesetzt.“ Danach hörte er von einem befreundeten Landwirt von der Radio-Methode. „Erst konnte ich’s nicht glauben. Aber es wirkt.“ (Bernhard Pelka)

Seinen kleinen Hennen-Freilauf hat Norbert Grimm mit einem Netz überspannt. Es schützt das Federvieh vor Räubern. Im großen Auslauf plärrt hingegen das Radio.
Seinen kleinen Hennen-Freilauf hat Norbert Grimm mit einem Netz überspannt. Es schützt das Federvieh vor Räubern. Im großen Auslauf plärrt hingegen das Radio. © Pelka, Bernhard

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