Rodgauer Hilfsaktion im Ahrtal mit neuem Rekord

Die Rodgauer Hilfsaktion für Betroffene der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal hat einen neuen Rekord erreicht. Vor wenigen Tagen wurde die 1000. Klimaanlage als provisorische Heizung installiert. „Das hätten wir nie gedacht. Es war ein Riesenkraftakt“, sagt Tobias Schott (Dudenhofen), der die Hilfe koordiniert.
Rodgau - Aus Dudenhofen stammt auch die Idee, mit Klimaanlagen zu heizen. Den Geräten ist es schließlich egal, ob sie Wärme nach draußen oder nach drinnen pumpen. Marco Eckel von der Eckert & Stück GmbH mobilisierte seine geschäftlichen Kontakte und Tobias Schott vom Eventwerk Rodgau verbreitete die Idee über soziale Medien. Das Ergebnis: Hersteller und Händler spendeten die Geräte, Fachhandwerker aus der ganzen Bundesrepublik bauten sie ein.
Mit jedem Gerät kann man bis zu 50 Quadratmeter warm bekommen. Die Wärmepumpen verbrauchen weniger Energie als eine konventionelle Elektroheizung.
Erst vor einer Woche wurde eine Garage mit einer solchen Einraumheizung ausgestattet. Dort lebt eine junge Familie, bis ihr Haus wieder bewohnbar ist. „Sie hatten gerade erst gebaut und sind bis zum Anschlag verschuldet“, erzählt Tobias Schott.
Ein berührendes Erlebnis hatten die Helfer bei einer alten Dame, die weit über 90 Jahre alt ist. Sie hatte die kalte Jahreszeit bisher mit vier Decken und einem Radiator überstanden. Jetzt hat sie es erstmals seit Monaten wieder richtig warm.
Bei ihren Montagearbeiten in 1000 Häusern haben die Helfer auch 1000 Schicksale miterlebt. Tobias Schott erzählt von einer Mutter, die mit ihren fünf Kindern seit einem halben Jahr in einer schimmligen Wohnung leben muss, weil der Vermieter nicht renoviert. Sein Eindruck: „Es gibt viele Menschen, die keinen Weitblick mehr haben. Die triste Jahreszeit schlägt aufs Gemüt. Die Leute hoffen nur noch, dass es endlich vorbei ist.“ Manche seien aber auch mit ihrer Hoffnung am Ende: „Ein Mann sagte neulich: Die bei der Überschwemmung gestorben sind, haben es gut. Sie haben das Elend hinter sich.“
Seit dem Herbst haben die Handwerker etwa 15 Kilometer Kabel und 15 Kilometer Schläuche verlegt. Die 1000 Klimaanlagen liefern eine Heizleistung von fünf Megawatt.
„Die Anfragen sind glücklicherweise zurückgegangen: ein gutes Zeichen, dass jeder seine Heizsituation im Griff hat“, sagt Tobias Schott: „Mitte Februar machen wir die letzte große Aktion mit den Klimatechnikern.“
Aber auch dann ist die Hilfsaktion noch lange nicht beendet. „Wir haben noch ganz viele Projekte, die laufen“, berichtet Schott, der in den vergangenen sechs Monaten vom Eventmanager zum Krisenmanager geworden ist. Unter dem Stichwort #Rodgaufüreifel packen ehrenamtliche Helfer mit an. Das Rodgauer Kernteam besteht aus etwa 15 Leuten, die jedes Wochenende in die Eifel fahren.
Weil die weitere Hilfe einen rechtlichen Rahmen braucht, will Schott mit seiner Freundin eine gemeinnützige GmbH gründen: ein Unternehmen der Bauplanung und Beratung, das sich auf ein Netzwerk von Handwerksbetrieben stützen kann. Der Name steht schon fest: Bauwerk Rodgau.
Nebenher schreibt der Unternehmer aus Dudenhofen noch ein Buch über Krisenmanagement für Firmen und Organisationen – allerdings nicht allein, sondern mithilfe einer Agentur. Das Werk soll Ende März erscheinen. Schott fasst den Inhalt in einem Satz zusammen: „Wie agiert man, wenn es doch mal kracht?“

