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Rodgauer Segler hören auf

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Von: Ekkehard Wolf

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Die Segler-Crew aus Rodgau bei einem ihrer letzten großen Törns an Bord der „Poseidon“ 2019 in den Niederlanden.
Die Segler-Crew aus Rodgau bei einem ihrer letzten großen Törns an Bord der „Poseidon“ 2019 in den Niederlanden. © p

Der Verein „Rodgauer Segler“ streicht die Segel und löst sich nach fast 40 Jahren auf. Die meisten Mitglieder sind zu alt für große Törns.

Rodgau - „Ich hätte gern das Jahr noch vollgemacht“, sagt Uwe Rädiker im Hinblick auf das fast 40-jährige Bestehen. Er war bisher Vorsitzender und ist nun Liquidator des Vereins. Für die Fortsetzung der Vereinsarbeit habe es einfach keine Perspektive mehr gegeben: „Keiner wollte Verantwortung übernehmen.“

Die Mitgliederversammlung hat die Konsequenz gezogen und am 24. März die Auflösung des Seglervereins beschlossen. Einstimmig. Wer noch finanzielle Forderungen erheben will, hat dazu jetzt ein Jahr lang Zeit. Uwe Rädiker ist sicher, dass da nichts kommen wird: „Wir haben keine Gläubiger.“ Nach dem Sperrjahr fällt das Vereinsvermögen an die Stadt. Es geht um ein paar Hundert Euro.

Zu ihrer besten Zeit hatten die Rodgauer Segler 33 Mitglieder. Zum Schluss waren es noch 24. „In dieser Region sind wir keine Wasserratten“, sagt Uwe Rädiker. Die geringe Größe des Vereins liegt sicher auch daran, dass es kein schiffbares Gewässer in der Nähe gibt. Die Vereinsjolle hatte ihren Liegeplatz auf dem Großen Brombachsee, gut 200 Kilometer von Rodgau entfernt.

Echte Seeluft schnuppern konnten die Rodgauer bei den jährlichen Törns auf einem Großsegler in niederländischen Gewässern. Eine Woche lang schipperten sie im westfriesischen Wattenmeer und im Ijsselmeer. Zwei Dutzend Leute packten mit an, wenn es die Segel zu setzen oder zu bergen galt.

Am Ijsselmeer hatte sich der Rodgauer Verein auch gegründet, und zwar in der Koffiebar „Bruine Bakkie“ im Hafen von Medemblik. Es war am Mittwoch, 3. Oktober 1984, um 22.30 Uhr. Die Vereinsgründung in feuchtfröhlicher Runde war der Höhepunkt eines einwöchigen Chartertörns mit drei Yachten. Die offizielle Gründungsversammlung fand ein Jahr später statt. Den Rahmen dafür bot die erste Rodgauer Wassersportausstellung im Bürgerhaus Weiskirchen.

Wie bitte? Wassersport in Weiskirchen? Auch in den folgenden Jahren machten die Rodgauer Segler mit originellen Ideen auf sich aufmerksam. Zwei frühe Beispiele: ein Kentertraining auf dem Badesee Nieder-Roden (1986) und die Teilnahme am Fastnachtszug mit einer zur Segeljolle umgebauten Zinkbadewanne (1989). Vor allem der langjährige Vorsitzende Klaus Kölpin sprühte vor Ideen. Mal überquerte er den 50. Breitengrad in einem Schlauchboot-Kajak auf der Rodau (2011), mal überwinterte er auf seiner Sieben-Meter-Jacht im Hafen Hamburg-Harburg. Schlagzeilen machte er mit einem Selbstbau-Boot aus einer Badewanne mit zwei Mülltonnen als Auftriebskörper. Damit schipperte er sogar auf der Elbe.

Seglerfreund Uwe Rädiker erinnert sich aber auch an eine Beinahe-Havarie auf dem Großen Brombachsee: Damals saß Kölpin bis zum Bauchnabel im Wasser, nachdem die linke Mülltonne seines Wasserfahrzeugs vollgelaufen war.

Einige Jahre lang engagierte sich der Verein auch in der Ausbildung und bot zum Beispiel einen Lehrgang zum Allgemeinen Sprechfunkzeugnis an. Skipper des Vereins unternahmen Chartertörns auf der Ostsee, im Mittelmeer oder an der Westküste Kanadas. Der frühere Binnenschiffer Uwe Rädiker überführte im Ruhestand mehrere Segelschiffe vom Mittelmeer nach Holland.

Die Erinnerungen an maritime Abenteuer leben auch nach der Auflösung des Vereins weiter. Raum dafür bietet der Seglerstammtisch am letzten Mittwoch jedes Monats in der Gaststätte „Hayat“ der SG Hainhausen. (Ekkehard Wolf)

Bootstaufe auf dem Puiseauxplatz im Jahr 2012.
Bootstaufe auf dem Puiseauxplatz im Jahr 2012. © Wolf
Beim Trockenfallen im Watt: die Rodgauer Segler 2011.
Beim Trockenfallen im Watt: die Rodgauer Segler 2011. © Privat
Ahoi aus der Badewanne: Klaus Kölpin 2008 auf der Elbe.
Ahoi aus der Badewanne: Klaus Kölpin 2008 auf der Elbe. © Privat

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