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Rodgaus längstes Kunstwerk ist bedroht

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Von: Ekkehard Wolf

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Rodgaus längstes Kunstwerk: die 92 Meter lange Fassadenmalerei mit dem Titel „Skurrile Typen“.
Mehrere Tausend Menschen fahren und gehen täglich an der bemalten Fabrikfassade vorbei. Doch die Tage der „Skurrilen Typen“ sind gezählt. © Wolf, Ekkehard

Wohin mit einem 92 Meter langen Kunstwerk? Diese Frage stellt sich in Rodgau. Die bemalte Blechfassade der alten Rußfabrik sucht einen neuen Eigentümer, weil die Fabrik abgerissen werden soll.

Hainhausen - Seit fast zehn Jahren begleiten „Skurrile Typen“ die Auto-, Fahrradfahrer und Fußgänger entlang der Rußfabrik. Nun schlägt die Stunde des Abschieds: Die alte Fabrik soll abgerissen werden.

Die bemalte Blechfassade ist das wohl größte Kunstwerk in Rodgau. Auf einer Länge von 92 Metern und einer Höhe von bis zu sechs Metern tummeln sich 66 Figuren, die meisten wirken schmal und in die Länge gezogen. Man sieht plaudernde Paare, Musiker, Menschen am Fenster und ein Baby im Kinderwagen. Die Leute entspannen sich, flanieren oder feiern.

Rodgau: Fassadenkunst als Auftragsarbeit

Entstanden ist das Werk 2014 als Auftragsarbeit im Rahmen der „Kunst vor Ort“ des Kreises Offenbach. Der Rodgauer Künstler Gerd Steinle gestaltete die 66 Figuren, dabei stets beobachtet von vorbeigehenden, radelnden oder Auto fahrenden Menschen. Bei der Arbeit wurde er von dem Airbrush-Designer Matthias Meissner aus der Nähe von Aschaffenburg unterstützt.

Den Malgrund stellten die damaligen Eigentümer zur Verfügung. Die Chemischen Werke Brockhues montierten sogar auf eigene Kosten grüne Trapezbleche vor die unansehnlich gewordene Backsteinmauer. Das war im Jahr 2013. Das Unternehmen investierte damals nach eigenen Angaben gut 100 000 Euro in die Fassadenverkleidung. Knapp zwei Jahre später wurde die Fabrik nach einem Eigentümerwechsel stillgelegt. Mehr als 80 Jahre lang war dort Flammruß hergestellt worden. Das ging nicht immer ohne Störfälle ab.

Abbau der Rußfabrik in Rodgau steht bevor - die Zeit wird knapp

Im Dezember 2021 begann die RSG Immobilien GmbH (Frankfurt) mit der Demontage des Ofenhauses. Die technischen Anlagen waren bereits kurz nach der Stilllegung entfernt worden.

Nun ist die Zeit des Abschieds gekommen: Die Bauten auf dem verlassenen Gelände sollen abgetragen werden. Davon betroffen ist auch die Mauer und damit das Kunstwerk. „Vereinbart waren vertraglich eigentlich nur fünf Jahre. Jetzt sind es fast zehn geworden“, sagt Kulturdezernent Winno Sahm.

Rodgau: „Skurrile Typen“ zu schade für die Schrottpresse

Nach Ansicht des Künstlers und der städtischen Kulturagentur sollten die „Skurrilen Typen“ nicht in der Schrottpresse landen. Doch wohin mit einem derart großformatigen Kunstwerk? Die Kulturagentur hat bereits viele Möglichkeiten der Weiterverwendung durchdacht und verworfen. Eine wird gerade noch geprüft. Im Moment sieht es aber so aus, als würden sich die „Skurrilen Typen“ ohne viel Aufhebens aus dem Stadtbild verabschieden.

Die Bandbreite der Ideen reicht von einem Firmengebäude in Weiskirchen-West bis zum Strandbad Nieder-Roden. Zum Badesee würden die sommerlichen Freizeitszenen gut passen. Eine Aufstellung wäre dort aber technisch mit enormem Aufwand verbunden. Winno Sahm: „Man kann die Bleche nicht frei aufstellen aufgrund des Winddrucks. Man braucht wieder eine Wand.“

Wer hat Interesse an Fassadenkunst aus Rodgau?

Nun setzen die Beteiligten ihre Hoffnung auf die Öffentlichkeit. Vielleicht findet sich ja doch noch jemand, der Verwendung für die ungewöhnliche Fassade hat und sie vor der Verschrottung rettet. Die Agentur für Kultur, Sport und Ehrenamt vermittelt auf Anfrage den Kontakt zur Eigentümerin des Geländes. Interessierte können sich unter der Rufnummer 06106 693-1221 an Gabriele Ziegler wenden.

Allerdings ist nur noch wenig Zeit. Der Abriss der Halle, an der die „Skurrilen Typen“ hängen, soll bald beginnen.

Die Eigentümerin der ehemaligen Rußfabrik ist nach Angaben der Stadt bereit, die Bleche schonend abzubauen und den Transport zu unterstützen – falls sich jemand findet, der das Kunstwerk gern hätte. (Ekkehard Wolf)

Fröhliche, feiernde Figuren bevölkern die Fassade der ehemaligen Rußfabrik an der Alfred-Delp-Straße.
Fröhliche, feiernde Figuren bevölkern die Fassade der ehemaligen Rußfabrik an der Alfred-Delp-Straße. © Wolf

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