Stadtwerke: Fokus auf die Kernaufgaben

Die Stadtwerke Rodgau haben nur noch einen Chef. Die Zeit der Doppelspitze ist nach dreieinhalb Jahren vorbei. Markus Ebel-Waldmann, seit April 2018 im Amt, spricht im Interview über die aktuelle Situation der Stadtwerke und anstehende Projekte. Sein Ziel: die Kernaufgaben gut erfüllen.
Sie sind zurzeit der einzige Betriebsleiter der Stadtwerke Rodgau. Warum hat Ihr Kollege Stefan Lambert den Eigenbetrieb verlassen?
Er will sich beruflich neu orientieren. Das hat sich schon seit einiger Zeit abgezeichnet.
Wird die Stelle wieder besetzt?
Das ist derzeit nicht vorgesehen. Diese Stelle gibt’s ja erst seit drei Jahren. Davor habe ich die Stadtwerke alleine geleitet, ebenso wie mein Vorgänger Dieter Lindauer.
Wie sieht die personelle Situation der Stadtwerke zurzeit aus?
Nach wie vor gut – na ja, sagen wir: auskömmlich. Den Fachkräftemangel spüren wir immens. Wir bekommen unsere Stellen im Moment zwar besetzt, aber es ist sehr schwer – vor allem in technischen Bereichen. Was in diesem Zusammenhang ganz interessant ist: Im Moment prüfen wir, wie wir uns zukunftsfähig aufstellen. Das betrifft sowohl den Eigenbetrieb als auch die Tochtergesellschaften. Wir wollen Antworten auf die Fragen der Zukunft finden. Stichwort: agiles Arbeiten.
Was ist denn das?
Wir wollen insgesamt flexibler werden und Synergien schöpfen. Agil arbeiten heißt letztendlich, dass man von höchster Flexibilität ist. Gerade in der Verwaltung hat man früher sehr starre, strenge Strukturen mit engen Stellenbeschreibungen gehabt. Nicht erst seit Corona gibt es moderne Formen, bei denen man mehr im Team und projektorientiert arbeitet. Durch die Digitalisierung verändern sich die Stellen und die Ansprüche, die dahinter stehen.
Wie wirkt sich die Bauchlandung beim Stromvertrieb auf die Mitarbeiterzahl aus? Haben Sie jetzt vielleicht zu viele Mitarbeiter und ein viel zu großes Bürogebäude?
Wir hatten im Stromvertrieb keine Bauchlandung. Ich kann es nur zum wiederholten Mal sagen: Wir befinden uns in einer globalen Veränderung, die mit Rodgau, der Energieversorgung Rodau und den Stadtwerken nichts zu tun hat. Wir haben dadurch im Kundenservice auch nicht weniger zu tun. Im Gegenteil: Die Kollegen gehen auf dem Zahnfleisch. Ob wir neue Kunden akquirieren oder ob wir uns mit den Stromkunden über den Strom- und Gaspreisdeckel auseinandersetzen, macht nicht weniger, sondern mehr Arbeit. Unsere Mitarbeiter sind hoch motiviert und bestens qualifiziert. Ich hoffe, dass sie sich bald wieder auf die Gewinnung neuer Kunden fokussieren können – was uns allen mehr Spaß macht.
Und wie sieht es mit dem Gebäude an der Philipp-Reis-Straße aus?
Das Gebäude ist bedarfsgerecht zugeschnitten. Wir haben kleine, multifunktionale Konferenzbereiche, damit für die Büros mehr Platz ist. Wir konnten jetzt noch die Wirtschaftsförderung im Haus unterbringen, aber nur, weil wir mehr mobiles Arbeiten anbieten.
Was wird aus der Erweiterungsfläche hinter ihrer Zentrale?
Da steht im Moment nichts an. Wir haben das Grundstück ja damals strategisch-perspektivisch gekauft. Man hat nicht alle Tage das Glück, dass das man das Nachbargrundstück erwerben kann. Es verliert ja nicht an Wert.
Wie steht es um die drei großen Energieprojekte, die aktuell in Arbeit sind? Lassen Sie uns mit Tesla anfangen: Wie weit ist der Schnellladepark gediehen?
Wir prüfen zwei Standorte für Tesla und für die Wasserstofftankstelle im westlichen Bereich des Gewerbegebiets D 30. Da arbeiten wir im engen Schulterschluss mit der Wirtschaftsförderung. Im Moment geht es um die Frage: Wie weit müssen wir auf ein Biotop Rücksicht nehmen? Die Vorentwurfsplanung ist abgeschlossen. Wir sind im Gespräch mit Partnern für die Gastronomie. Wir unterhalten uns sowohl mit Systemgastronomen als auch mit Betrieben vor Ort.
Und was wird aus der Wasserstofftankstelle?
Da überprüfen wir im Moment noch einmal das ganze Geschäftsmodell: also ob sich die veränderte Marktsituation auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung und den Businessplan auswirkt. In den nächsten Wochen werden wir die Antworten haben.
Und dann gibt es ja noch die geplante Fotovoltaikanlage auf den Wiesen bei Rollwald. Wie ist dort der Stand der Dinge?
Auch das macht große Fortschritte. Wir haben Klarheit über die Eigentumsverhältnisse. Bei der Abweichung vom Flächennutzungsplan und Regionalplan sind wir bestens im Zeitplan. Die Gutachten liegen vor. Wir reichen die Anträge möglicherweise in den nächsten Wochen ein. Aber auch bei diesem Projekt lassen wir noch mal validieren, ob es Veränderungen an unseren Wirtschaftlichkeitsberechnungen gibt. Sie wissen ja, dass bei den erneuerbaren Energien in diesem Jahr viel Musik hineingekommen ist.
In den vergangenen 20 Jahren haben die Stadtwerke viele neue Geschäftsfelder dazubekommen – zuletzt 2014, also vor Ihrer Zeit. Welches zusätzliche Geschäftsfeld wäre aus Ihrer Sicht noch sinnvoll?
Es geht nicht darum, möglichst viele Geschäftsfelder zu haben, sondern dass wir die Geschäftsfelder so bedienen, dass die Stadt und die Bürger etwas davon haben. Es ist wichtig, dass wir unsere Kernaufgaben der Daseinsvorsorge zeitgemäß, attraktiv und bürgerfreundlich erfüllen. Und dass wir sehr gute Leistungen für Rodgau liefern.
Die Stadtwerke Rodgau sind ein städtischer Eigenbetrieb mit etwa 130 Mitarbeitern. Sie wurden 1989 als Wasserversorger und Verkehrsunternehmen (Rodgau-Bus) gegründet. Nach und nach gliederte die Stadt weitere Aufgaben aus der Stadtverwaltung in die Stadtwerke aus: Kanalisation und Kläranlage (1997), Wasser- und Abwassergebühren (1999), Bauhof (2004), Friedhöfe (2011) sowie Abfallwirtschaft, Straßenbau, Straßenbeleuchtung und die Abwicklung des S-Bahn-Baus (2012). Die Tochtergesellschaft Energieversorgung Rodau (EVR), die zur Hälfte der Maingau Energie GmbH gehört, hat im Herbst 2022 die Stromverträge von rund 3.000 Kunden gekündigt. (eh)
