1. Startseite
  2. Region
  3. Rodgau

Theaterfundus im Seecontainer

Erstellt:

Von: Ekkehard Wolf

Kommentare

Alles nur Theater: Kulissen und Requisiten im Fundus der Theatergruppe Großes Welttheater.
Alles nur Theater: Kulissen und Requisiten im Fundus der Theatergruppe Großes Welttheater. © Wolf

Seefrachtcontainer sind in den Rodgauer Gewerbegebieten ein alltäglicher Anblick. Doch zwei davon haben einen ungewöhnlichen Inhalt: Statt Handelswaren aus Übersee befindet sich darin der Fundus der Theatergruppe Großes Welttheater.

Rodgau - „Diebstahl lohnt sich nicht“, könnte man in Großbuchstaben an die Türen schreiben. Was sich dahinter verbirgt, sieht auf den ersten Blick wie gut geordneter Sperrmüll aus. Nichts, was man zu Geld machen kann. Für den Theaterverein ist es aber ein kleiner Schatz. In mehr als 25 Jahren Amateurtheater haben sich viele Dinge angesammelt: Bühnenteile, Kostüme, Requisiten. Dinge, die man vielleicht noch brauchen kann.

Das Grundstück gehört einem Vereinsmitglied. Die tonnenschweren Stahlcontainer hat der Verein gebraucht gekauft. Einer ist zwölf Meter lang, der andere sechs Meter. Genauer gesagt: 40 und 20 Fuß, die Normmaße in der weltweiten Frachtbranche. Niemand weiß, was darin früher transportiert wurde.

Vier dicke Stahlstangen verriegeln die Türen. Man braucht Kraft, um sie zu bewegen. Die Türen sind so schwer wie bei einem Tresor. Dahinter verbirgt sich ein Sammelsurium: ein Ornament in mittelalterlichem Stil, ein Krummdolch aus Plastik, ein alt aussehendes Zirkusplakat. Und was ist das? Ein Elefant auf Rollen. Weiter hinten liegt ein Felsblock aus Styropor.

Jedes einzelne Teil weckt Erinnerungen an eine Theaterproduktion. Da sind zum Beispiel die Namensschilder der Schiffe aus „In 80 Tagen um die Welt“. Oder die praktischen Sitzgelegenheiten aus der jüngsten Produktion „Die Gestrandeten“, die je nach Szene als Eisenbahnabteil oder Schiffsbug dienten.

Die ältesten Bühnenteile stammen aus dem Jahr 1996, als „Das große Welttheater“ in Nieder-Roden nach 50 Jahren wieder aufgeführt wurde. Eines davon ist eine Bühnentreppe aus massivem Holz. „Sie ist so stabil, dass wir sie immer wieder verwendet haben“, sagt Steffen Hartmann, der Vorsitzende des Theatervereins. Er ist als Architekt auch für den Bühnenbau verantwortlich.

Auch die Stühle mit den gedrechselten Rückenlehnen kommen regelmäßigen Theaterbesuchern bekannt vor. Kein Wunder: Sie waren bei mehreren Stücken auf der Bühne zu sehen. Hartmann: „Für ,Die Physiker’ haben wir einige davon weiß angemalt, damit sie zum klinischen Weiß in der Psychiatrie passten.“

Frachtcontainer sind allerdings kein idealer Lagerraum: im Sommer brütend heiß, im Winter bitterkalt, und das bei wechselnder Luftfeuchtigkeit. Deshalb ist dort auch nicht der komplette Theaterfundus untergebracht. Die großen Sperrholzplatten für die Bühnenbilder stehen in einer Garage. Kostüme und unzählige Kleinrequisiten sind hingegen im Keller eines Wohnhauses an der Schulstraße eingelagert: trocken, staubfrei und geschützt vor Nagetieren.

Für den Theaterverein ist das Gewerbegrundstück nicht nur ein Lagerplatz, sondern auch ein Ort, an dem ein neues Bühnenbild entstehen kann. „Im Sommer haben wir hier draußen schon viel gearbeitet“, erzählt Steffen Hartmann. Ab und zu bauen die Helfer dann einen Grill auf, um nach getaner Arbeit in geselliger Runde zusammenzusitzen. Die Stühle dafür holen sie einfach aus dem Fundus.

„Verborgene Orte“ in Rodgau

In der Artikelserie „Verborgene Orte“ blicken wir hinter die Kulissen und stellen Orte vor, die normalerweise kaum jemand betritt. Anregungen nimmt die Redaktion unter rodgau@op-online.de entgegen. In der nächsten Folge geht es um den Pfarrsaal St. Rochus in Hainhausen, der seit 30 Jahren für Veranstaltungen gesperrt ist.

Für bis zu 24 Tonnen ist der kleinere der beiden Frachtcontainer zugelassen.
Für bis zu 24 Tonnen ist der kleinere der beiden Frachtcontainer zugelassen. © Wolf, Ekkehard

Auch interessant

Kommentare