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Verwundete Natur schöpft Kraft

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Von: Bernhard Pelka

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Der Jügesheimer Wald sieht mancherorts noch zum Fürchten aus. Hier eine eingezäunte Aufforstungsfläche. Die Haufen aus Totholz haben Methode. Unter anderem schützen sie den Boden vorm Austrocknen. Sie bieten den Setzlingen also Schutz vor Unbilden der Witterung. Mit den Jahren zerfallen die unansehnlichen Berge zu Biomasse, die Grundlage fürs weitere Wachstum sein kann.
Der Jügesheimer Wald sieht mancherorts noch zum Fürchten aus. Hier eine eingezäunte Aufforstungsfläche. Die Haufen aus Totholz haben Methode. Unter anderem schützen sie den Boden vorm Austrocknen. Sie bieten den Setzlingen also Schutz vor Unbilden der Witterung. Mit den Jahren zerfallen die unansehnlichen Berge zu Biomasse, die Grundlage fürs weitere Wachstum sein kann. © P

Auch im Jügesheimer Wald sieht es teils noch erschreckend aus. Meterhoch türmt sich auf verwüsteten Flächen der Bewuchs, den die Stürme der vergangenen Jahre brutal entwurzelt, abgeknickt oder abgedreht hatten. Doch mit der Nachpflanzung tausender junger Bäumchen mitten im Chaos aus Tot-Holz und Schnittresten wächst die Hoffnung darauf, dass die Wunden im Wald heilen.

Jügesheim – Die Aufforstung der von Stürmen verwüsteten Flächen im Jügesheimer Wald geht weiter. 26 200 Bäume sind seit Januar gepflanzt worden. Hessen Forst und die Mitarbeiter des städtischen Fachgebiets Forst um ihren Chef Steffen Freckmann gehen dabei andere Wege als Nachbarkommunen, die angesichts des Klimawandels hauptsächlich auf die als hitzebeständig geltende Douglasie setzen. In Rodgau hingegen entsteht eine abwechslungsreiche Wohngemeinschaft aus 24 000 Traubeneichen, 1 000 ungarischen Eichen, je 400 Wildkirschen und Edelkastanien, 300 Mehlbeeren sowie je 50 Wildbirnen und Wildäpfeln. Sie stehen zusammen auf einer Fläche von vier Hektar unweit des Wasserwerks.

Die Baumarten wurden entsprechend der Standortverhältnisse und den zu erwartenden klimatischen Verhältnissen ausgewählt. Die Pflanzen überstehen nach Überzeugung der Forstleute längere Trockenperioden relativ unbeschadet. Die Anzahl der verschiedenen Baumarten dient der Erhöhung der genetischen Vielfalt und ist Teil des Wiederbewaldungskonzepts, um einen klimastabilen Mischwald zu bekommen.

Die vier Hektar sind in vier je einen Hektar große Zonen unterteilt, die Zäune voneinander trennen. „Nur so können wir die Aufforstungsfläche wildfrei halten“, nennt der Jügesheimer Revierleiter, Michael Kobras, den Grund für die insgesamt 800 Meter Zaun. Das Forstamt Langen überwacht und koordiniert die Zaunbau- und Pflanzarbeiten einer Fachfirma und achtet darauf, dass dabei auf den jetzt noch verwüsteten Flächen ein in der Höhe abgestufter Bewuchs entsteht, um einen sturmstabilen Wald zu entwickeln. „Darum werden entlang der Ränder an drei Seiten Wildkirsche, Wildbirne sowie Wildapfel und an der anderen Seite Mehlbeeren gepflanzt. Diese Baumarten erreichen nicht die Wuchshöhe der Eichen. Unter einem stufigen Aufbau versteht man, dass die hoch wachsenden Hauptbäume im Zentrum stehen – gefolgt von niedrigeren Sekundärbäumen wie zum Beispiel Obstbäume. Den Abschluss bilden dann Sträucher und Büsche“, schildern Freckmann und Kobras die Arbeiten. Die spezielle Anordnung habe den Vorteil, dass sich die Bäume bei Stürmen gegenseitig stützen und den Wind ableiten.

„Entgegen der klassischen Reihenpflanzung werden auf der Fläche verteilt in vier Nestern beziehungsweise Plots zwischen den Trauben- und ungarischen Eichen zusätzlich je 100 Kastanienbäume gesetzt, um neben dem Innenrand auch auf der gesamten Fläche einen durchmischten Bestand zu erhalten.“ Auch setzen die Waldexperten auf Naturverjüngung durch Samen, die angeflogen kommen (Kiefer, Birke) oder sich aus früheren Jahren noch im Boden befinden.

Sobald die Bäume eine bestimmte Größe erreicht haben, wird die Umzäunung entfernt. Außerdem werden auf der Fläche sogenannte Sitz-Krücken aufgestellt. Von diesen Aussichtspunkten aus können Raubvögel die Speisekarte in ihrem Revier besser lesen und die Mäusepopulation unter Kontrolle halten. Die Nager schädigen neben den Wurzeln auch die Rinde und Triebe der Bäumchen.

Die Forstleute appellieren, dass Spaziergänger den Wald im Moment noch meiden sollen: Unfallgefahr! „Auch wenn schon wieder kräftig aufgeräumt wird, bleibt die Situation gefährlich. Ein Baum kann auch erst nach Tagen umfallen, wenn beispielsweise der Wurzelbereich durch den Sturm gelockert wurde. Auch hängen an vielen Stellen gebrochene Äste in den Bäumen, die erst später herabfallen“, warnt Freckmann. Er und seine Kollegen eilen sich, die Verkehrssicherheit auf den Wegen wieder herzustellen. Die Waldarbeiter können aber nicht überall gleichzeitig sein.

Von Bernhard Pelka

Das wird mal ein kleiner Wald: Steffen Freckmann, städtischer Fachgebietsleiter Forst, mit einem stattlichen Bündel Setzlinge.
Das wird mal ein kleiner Wald: Steffen Freckmann, städtischer Fachgebietsleiter Forst, mit einem stattlichen Bündel Setzlinge. © Pelka
Der Jügesheimer Revierleiter Michael Kobras überwacht die Anpflanzungen.
Der Jügesheimer Revierleiter Michael Kobras überwacht die Anpflanzungen. © Pelka

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