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Friedhof in Rodgau wird zum Park

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Von: Ekkehard Wolf

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Entlang der Friedhofsmauer sind mehr als 40 alte Grabsteine aufgereiht. Dahinter befindet sich die Wohnanlage „Johanniter-Quartier“. Die beiden Grabsteine im Vordergrund erinnern an zwei Pfarrer und zwei Ordensschwestern.
Entlang der Friedhofsmauer sind mehr als 40 alte Grabsteine aufgereiht. Dahinter befindet sich die Wohnanlage „Johanniter-Quartier“. Die beiden Grabsteine im Vordergrund erinnern an zwei Pfarrer und zwei Ordensschwestern. © Wolf

Die Zukunft des alten Friedhofs Nieder-Roden steht in den nächsten Wochen und Monaten zur Debatte. Am Mittwoch, 26. Januar, will der Rodgauer Magistrat dem Stadtplanungsausschuss einen Plan zur Gestaltung des Geländes vorstellen. Für 9. Februar ist eine Online-Bürgerbeteiligung geplant.

Nieder-Roden - Nach der Bürgerbeteiligung entscheiden die Stadtverordneten. Im Lauf des Jahres 2022 solle die Planung in die Tat umgesetzt werden, antwortete der Magistrat kürzlich auf eine Anfrage der CDU-Fraktion. Im Haushaltsplan ist eine Million Euro dafür vorgesehen.

Dass der ehemalige Friedhof eine Grünanlage werden soll, ist seit vielen Jahren klar. „Es gab schon eine planerische Idee aus dem Jahr 2005“, ruft Bürgermeister Jürgen Hoffmann in Erinnerung. Im Sommer 2019 fand ein sogenanntes Charrette-Verfahren statt, eine Art Bürgerbeteiligung vor Ort. Die Bandbreite der Vorschläge reichte vom Freizeitpark bis zur Wiederbelegung als Friedhof.

Zweieinhalb Jahre später will der Magistrat nun das Ergebnis präsentieren. Die Planer hätten versucht, „alle Gruppen auch emotional mitzunehmen“, sagt Bürgermeister Hoffmann. Das Gestaltungskonzept erhalte „den Charakter des Friedhofs als historische Erinnerung, dessen Bedeutung als Friedhof langsam ausgeschlichen wird“.

Die quadratische Anlage mit rund 4 000 Quadratmetern in Rodgau einzigartig. Kein anderer Stadtteil hat eine solche Grünfläche in so zentraler Lage. Inmitten der alten Mauern liegt ein Ort der Ruhe, der die Hektik des Alltags vergessen lässt. Sogar die Verkehrsgeräusche der Straßen und der S-Bahn sind ausgeblendet. Dazu trägt auch die besondere Lage bei. Der ehemalige Friedhof ist an allen Seiten von Wohnhäusern umgeben. Der Eingang liegt von der Straße zurückgesetzt; eine kleine Lindenallee von 50 Metern führt dem Torbau entgegen.

Dieser Charakter soll erhalten bleiben, wie Bürgermeister Jürgen Hoffmann ankündigt. Das Gestaltungskonzept ermögliche Momente der Ruhe, aber auch Begegnungen beim Freiluftschach oder auf der Boule-Bahn. Laute Sportarten seien ausgeschlossen.

Bei der Auswahl der Pflanzen sei zum Beispiel geplant, die zwölf Kräuter der „Werzborre“ anzupflanzen, eines traditionellen Kräuterstraußes, der jährlich an Mariä Himmelfahrt (15. August) geweiht wird.

Der Torbau aus dem Jahr 1911, der Weg dorthin und das Sandsteinkreuz stehen unter Denkmalschutz.
Der Torbau aus dem Jahr 1911, der Weg dorthin und das Sandsteinkreuz stehen unter Denkmalschutz. © Wolf

Der Bürgermeister äußert große Wertschätzung für die Arbeit des Arbeitskreises für Heimatkunde, gibt aber zu bedenken: „Wir werden keiner Gruppe zu 100 Prozent entsprechen können.“ Der Verein hatte im September kritisiert, seine Vorschläge würden in der Planung nicht angemessen berücksichtigt.

Einer Anregung des Vereins ist zum Beispiel zu verdanken, dass mehr als 40 alte Grabsteine erhalten geblieben sind, als die Grabstätten abgeräumt wurden. Kulturdezernent Winno Sahm hält es für wichtig, diese Grabsteine in ihrer historischen Bedeutung für die Besucher zu erschließen.

Die Grabmale erinnern an Menschen, die im Zeitraum von 1867 bis 1965 starben. Das wohl älteste Grabmal trägt die Namen zweier Pfarrer, die in Nieder-Roden wirkten: Valentin Schropp von 1855 bis 1867 und Heinrich Effler von 1925 bis 1933. Daneben steht der Grabstein der Ordensschwestern Balduina und M. Olympia; die jüngere der beiden wurde nur 27 Jahre alt.

Sowohl die Gestaltung der Grabmale als auch die Inschriften zeigen, wie sich die Bestattungskultur im Lauf der Jahrzehnte veränderte. Neben dem klassischen Wunsch „Ruhe sanft“ war es in Nieder-Roden offenbar eine Zeit lang üblich, „Mein Jesus Barmherzigkeit“ zu erbitten.

Ein Vierzeiler drückt die Trauer über den kleinen Edmund aus, der 1941 als Vierjähriger starb: „Teures Kind, ruh’ in Frieden, der liebe Gott hat dich zu früh aus der Mutter Arm geschieden, aber aus dem Herzen nie.“

Auf dem Grabmal eines Familiengrabs heißt es: „Schlicht und einfach war ihr Leben, Ruhe hat ihnen Gott gegeben.“

100 Jahre alt ist die älteste Inschrift auf diesem Grabdenkmal, das zu einer Familiengrabstätte gehörte.
100 Jahre alt ist die älteste Inschrift auf diesem Grabdenkmal, das zu einer Familiengrabstätte gehörte. © Wolf

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