1. Startseite
  2. Region
  3. Rodgau

Verteidiger in Kinderporno-Prozess gibt Anklage in allen Punkten recht

Erstellt:

Von: Stefan Mangold

Kommentare

Kinderporno-Prozess: Mann aus Rödermark in Darmstadt zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt.
Kinderporno-Prozess: Mann aus Rödermark in Darmstadt zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. (Symbolbild) © Arne Dedert/Dpa

Im Kinderporno-Prozess in Darmstadt sind sich Anklage und Verteidigung einig. Der Verurteilte sitzt bereits seit 23. März in Haft.

Rödermark/Darmstadt – Dass ein Rechtsanwalt auf Wunsch seines Mandanten auf eine genauso hohe Strafe plädiert wie der Staatsanwalt, passiert selten. Die 2. Strafkammer des Landgerichts Darmstadt verurteilte nach zwei Verhandlungstagen einen Mann aus Rödermark zu viereinhalb Jahren Gefängnis. Der 29-Jährige hatte im Internet schrecklichste Kinderpornos verbreitet. Außerdem hat er Kinder und Jugendliche über Bildschirmchats genötigt, sich sexuell zu berühren.

Seit dem 23. März sitzt der Angeklagte in Haft. Eine damals ermittelnde Polizistin erklärte, bei seiner Verhaftung habe er sich freundlich und kooperativ verhalten, außerdem ausgesagt, er sei erleichtert, dass nun alles vorbei sei. Der Vorsitzende Richter Marc Euler fragt die Beamtin, zu deren dienstlichem Alltag es gehört, kinderpornografisches Beweismaterial auszuwerten, ob sie eine solche Reaktion bei Entdeckten häufiger erlebe: „Nein, eigentlich nie.“

Prozess in Darmstadt: US-Behörden gaben entscheidende Hinweise

Jeweils nach Meldungen von US-Ermittlern bei deutschen Behörden erschien die Polizei beim Angeklagten zur Hausdurchsuchung. Zum ersten Mal 2019. Beim dritten Mal klickten die Handschellen. Vorher war es noch zu keinem Prozess gekommen. Nicht selten dauert es Jahre, bis nach einer Tat eine Verhandlung beginnt, wenn der Angeklagte nicht in U-Haft sitzen muss.

Der psychiatrische Gutachter Dr. Christian Knöchel hatte den 29-Jährigen vor dem zweiten Prozesstag früh morgens noch einmal für eine Stunde gesprochen. Dieser habe ihm erzählt, beim ersten Verhandlungstermin große Scham vor den Zuschauern empfunden zu haben, als der Staatsanwalt die Anklage samt der inhaltlichen Details der Kinderpornofilme verlas. Im Knast meide er die Gemeinschaftsräume, sehe viel fern.

Urteil gegen Mann aus Rödermark: Angeklagter voll schuldfähig

Aber auch dort gerate er in sexuelle Rauschzustände. Dann denke er an Szenen aus den Kinderpornofilmen. Kinderpornografische Gewaltexzesse habe er in Freiheit immer gegen Ende eines Rausches konsumiert. Am liebsten wäre es ihm, keinen Rechner mehr zur Verfügung zu haben, was jedoch aus beruflichen Gründen nicht möglich sei. Der Gutachter bescheinigt dem Angeklagten volle Schuldfähigkeit.

Oberstaatsanwalt Wolfgang Sattler betont, das Geständnis sei durchaus löblich, „allerdings wäre alles andere auch sinnlos gewesen, auf ihrem Rechner ließ sich ja alles nachweisen“. Der Angeklagte könne sich steuern, „es lag also in ihrer Verantwortung, damit aufzuhören. Sie haben keine schwere Krankheit“. Trotz der beiden Warnschüsse durch die Hausdurchsuchungen habe er weiter gemacht. Der Oberstaatsanwalt fordert eine Haftstrafe von viereinhalb Jahren.

Verurteilt für Kinderpornografie: „Ich weiß, ich brauche Hilfe.“

Dem Strafmaß folgt auch Rechtsanwalt Tobias Pribramsky: „Als Verteidiger sage ich von Haus aus ungern, dass der Staatsanwalt in allem recht hat.“ Es sei schwer nachzuvollziehen, dass jemand weitermache, obwohl er wisse, im Visier der Polizei zu stehen. Pribramsky erklärt, „ich sehe schon eine Krankheit“. Der Angeklagte brauche eine Therapie und die Chance, „dass seinen Worten auch Taten folgen“.

Der Mann aus Rödermark erklärt mit leiser Stimme unter einer Maske, es falle ihm schwer, etwas zu sagen: „Ich weiß, ich brauche Hilfe.“

Der Vorsitzende Richter Marc Euler verkündet nach weniger als fünf Minuten Beratungszeit das Urteil von viereinhalb Jahren Gefängnis: „Sie sind ein junger Mann und stehen vor den Trümmern ihrer Existenz.“ Es könne kein Leben sein, ständig die Polizei zu Hause zu haben, weil in den USA jemand merke, wie er im Internet unterwegs sei: „Es liegt jetzt an Ihnen, was Sie im Gefängnis aus sich machen.“ Das Urteil ist rechtskräftig. (Stefan Mangold)

Zuletzt stand ein 43-Jähriger aus Rödermark ebenfalls wegen Kinderpornografie vor Gericht.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion