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Hommage an die Mittelwelle

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Von: Simone Weil

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Bernd-Michael Land bot sich die Möglichkeit, ein mobiles Musikstudio einzurichten, um im ehemaligen Sender des Hessischen Rundfunks ein Album aufzunehmen.
Bernd-Michael Land bot sich die Möglichkeit, ein mobiles Musikstudio einzurichten, um im ehemaligen Sender des Hessischen Rundfunks ein Album aufzunehmen. © p

Weiskirchen - „Stadtgeschichte sollte nicht verloren gehen“, meint Bernd-Michael Land.

Der Musiker hat sich sehr gewundert, dass sich kaum einer dafür interessiert hat, als der letzte deutsche Mittelwellensender des Hessischen Rundfunks 2010 abgeschaltet wurde und damit eine langjährige Tradition zu Ende ging. Weil ihn das Thema nicht in Ruhe ließ, hat der 63-Jährige die CD „Transmitter 594 kHz“ als Hommage an die Mittelwelle produziert.

Der gebürtige Offenbacher gerät ins Schwärmen, wenn er zurückblickt: „Ich war noch ein junger Bub, vielleicht so um die neun oder zehn Jahre alt, als ich mein erstes eigenes Radio bekam. Es war eines dieser Transistorgeräte, die damals gerade so angesagt waren. Die Empfänger waren klein und preiswert. Mein kleines Radio hatte ich fast immer dabei und manchmal einfach vorn am Fahrradlenker mit etwas Draht angezwirbelt. Gehört wurde damals zu Hause natürlich überwiegend Mittelwelle. Im Großraum Frankfurt war das der AFN und natürlich auch der Hessische Rundfunk, denn diese beiden Sender konnte man in unserer Region überall gleich gut empfangen.“

Hunderttausende seien mit der Mittelwelle aufgewachsen, das Radio sei das Tor zur großen weiten Welt gewesen, glaubt der Klangkünstler. „Auf der Sendefrequenz von 594 kHz wurden die Hörer aus dem kleinen Ort Weiskirchen weit über die hessischen Grenzen hinaus, bis in die ehemalige DDR hinein, mit (West-)Radio versorgt. Es gab Diskussionen, Politik, Kultur, Unterhaltung, Nachrichten und Musik – ja, viele tausend Stunden Musik.“

Damit all das nicht in Vergessenheit gerät, hat sich Bernd-Michael Land diesem Thema angenommen. Er beschäftigt sich seit den 70er Jahren mit musikalischen Projekten der elektronischen Experimentalmusik und Klangkunst. Mehrfach wurde Land mit dem begehrten „Deutschen Schallwelle Musikpreis“ für elektronische Musik als bester Künstler oder für das beste Album ausgezeichnet.

Ihm bot sich die einmalige Gelegenheit, in diesem historischen Gebäude ein mobiles Musikstudio einzurichten, um im ehemaligen Sender des Hessischen Rundfunks ein komplettes Album aufzunehmen. Ein ganzes Arsenal an Synthesizern und elektronischen Geräten ist dafür aufgebaut und mit einem Mischpult verkabelt worden.

Zum Zeitpunkt der Musikproduktion im vergangenen Jahr standen überall noch Fragmente alter Funk- und Studiotechnik aus den 60er Jahren herum. Land ließ sich von der Technologie inspirieren und hat versucht, etwas vom Flair dieser vergangenen Zeiten musikalisch umzusetzen. Ziel war es, insbesondere die verbliebene Energie des alten Senders aufzufangen und in die musikalische Arbeit zu integrieren.

Nach dem Abschluss der Musikproduktion im Gebäude wurden zusätzlich weitere Außenaufnahmen aus der direkten Umgebung erstellt. Aus diesen sogenannten Field Recordings, beispielsweise von der angrenzenden Autobahn, der Einflugschneise, den rauschenden Blättern der Bäume oder dem vorbeiplätschernden Flüsschen Rodau, entstanden dann mehrere „Soundscapes“, die verfremdet wurden und als Spezialeffekte in das Werk eingeflossen sind. Die CD „Transmitter 594 kHz“ stellt somit eine Hommage an die gute alte Mittelwelle dar.

Der Musiker hat übrigens gute Erfahrungen damit gemacht, seine Werke bei Ausstellungen, Kunst-Festivals und ähnlichen Veranstaltungen wie etwa am Samstag, 12. August, in Obertshausen oder bei den Rumpenheimer Kunsttagen am 29. September vorzustellen: „Dann erreiche ich Leute, die sonst keine elektronische Musik hören würden.“ Außerdem sei die Atmosphäre relativ entspannt. Die meditativen Klänge verdienen nach Meinung ihres Schöpfers volle Aufmerksamkeit: also hinsetzen, lauschen und träumen. (siw)

Infos unter: www.bernd-michael-land.com

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