1. Startseite
  2. Region
  3. Rodgau

Zensus-Panne in Rodgau: Fragen über das Haus eines Fremden

Erstellt:

Von: Ekkehard Wolf

Kommentare

Blick auf die Seestraße und einen Teil des Leipziger Rings: Wie viele Hauseigentümer sind irrtümlich angeschrieben worden? (Archivfoto)
Blick auf die Seestraße und einen Teil des Leipziger Rings: Wie viele Hauseigentümer sind irrtümlich angeschrieben worden? (Archivfoto) © Häsler

Bei der Gebäudezählung zum „Zensus 2022“ ist es in Rodgau zu einer Panne gekommen: Das Statistische Landesamt hat den falschen Eigentümer angeschrieben.

Nieder-Roden – Bei 23 Millionen Briefen kann schon mal eine falsche Anschrift dabei sein. So begründet das Statistische Landesamt eine Panne bei einer Zensus-Befragung, die den Rodgauer Künstler Karl-Heinz Kalbhenn betrifft. Er soll Auskunft über ein Wohnhaus geben, das ihm gar nicht gehört – und auch nie gehört hat.

Die Fragen zum eigenen Reihenhaus sind per Online-Fragebogen schnell beantwortet: Baujahr, Wohnfläche, Heizungsart und noch ein paar Angaben mehr. Neben Kalbhenns Adresse steht auf dem Brief noch eine zweite. Sie gehört zu einem Bungalow am Leipziger Ring. „Soll ich etwa da hingehen und nach dem Eigentümer fragen?“, grübelt der Künstler. Für ihn ist klar, dass das nicht geht. Man könne doch nicht wildfremde Leute nach ihren Eigentumsverhältnissen fragen.

Zensus-Panne in Rodgau: Telefon-Hotline ist überlastet

Die Telefon-Hotline der Statistiker kann nicht helfen. Sie ist so überlastet, dass der Anrufer trotz mehrfacher Versuche nicht durchkam. Wartezeiten von mehr als 20 Minuten hält er für unzumutbar. Die Pressestelle des Statistischen Bundesamtes geht erst gar nicht ans Telefon. Stattdessen läuft eine Ansage: „Leider ist es zurzeit nicht möglich, mit unserem Telefonservice in Kontakt zu treten. (…) Vielen Dank für Ihr Verständnis.“

Ein Online-Formular und einen Tag später erfahren wir, dass nicht die Bundes-, sondern die Landesstatistiker für die Wohnungszählung zuständig sind. Beide Behörden sitzen in Wiesbaden, einen Kilometer Luftlinie voneinander entfernt. Die Antwort des Hessischen Statistischen Landesamts macht deutlich, wo die Fehlerquelle liegt: Die Adressdaten der Eigentümer stammen nicht aus dem Grundbuch, sondern aus einer Reihe unterschiedlicher Datenbanken.

Woher stammen die Adressen der Haus- und Wohnungseigentümer?

Zur Vorbereitung der Gebäude- und Wohnungszählung 2022 wurden Daten aus Verwaltungsregistern verwendet. Dazu zählen die Gebäudeanschrift, Name und Anschrift der Eigentümerinnen und Eigentümer oder der Verwaltung des Wohnobjekts und, falls vorhanden, sogenannte Strukturmerkmale wie Gebäudeart, Eigentumsverhältnis und Art der Eigentümerinnen und Eigentümer (zum Beispiel, ob es sich um eine Firma oder eine Privatperson handelt). Die im Rahmen der Zensusvorbereitung verwendeten Verwaltungsdaten sind in §§ 8 und 12 ZensVorbG 2022 geregelt und stammen beispielsweise von den Grundsteuerstellen, den Ver- und Entsorgungsbetrieben oder den Vermessungsämtern.

Wie kann es passieren, dass ein Gebäude einem falschen Eigentümer zugeordnet wird?

Im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung werden bundesweit rund 23 Millionen Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Verwalterinnen und Verwalter von Wohnraum angeschrieben – alleine in Hessen sind es 1,8 Millionen Anschreiben gewesen. Bei dieser Vielzahl von Einzeldaten kann es in Einzelfällen zu falschen Zuordnungen kommen. In diesen Einzelfällen helfen uns Meldungen wie die von Herrn Kalbhenn, um die Datenqualität weiter zu verbessern.

Was soll der Betroffene tun?

In diesem Fall geht Herr Kalbhenn wie folgt vor: Er meldet sich mit den Zugangsdaten aus dem Anschreiben des Gebäudes im Online-Fragebogen an. Im Fragebogen gibt es dann die Möglichkeit, einzutragen, dass er nicht der Eigentümer ist. Hierzu gibt er bei den Angaben zur neuen Eigentümerin bzw. zum neuen Eigentümer „unbekannt“ ein. Mehr ist (...) nicht zu tun.

Ganz so einfach ist es allerdings nicht, wie Karl-Heinz Kalbhenn berichtet. Der Online-Fragebogen gibt sich mit der Angabe „unbekannt“ nicht zufrieden, sondern verlangt beharrlich die vollständigen Adressdaten des Hauseigentümers – die Kalbhenn aber nicht weiß. Das Problem lässt sich erst lösen, als er die Adresse des fremden Grundstücks nochmals eintippt. „Das ist ein absoluter Witz“, ärgert sich der Künstler. Überrascht ist er aber nicht: „Wir sind ja eher ein Entwicklungsland, was Digitalisierung betrifft.“ (Ekkehard Wolf)

Mit den Zensus-Befragungen kommt es auch immer wieder zu Betrugsfällen. Das Statistische Bundesamt rät Bürgerinnen und Bürgern aufmerksam zu bleiben.

Auch interessant

Kommentare