Zirkus in Rodgau braucht Futter für seine Tiere

Futtersorgen plagen den Zirkus Rolina, der auf einem Privatgrundstück am Ende der Philipp-Reis-Straße in Rodgau überwintert. Zirkusdirektor Freddy Ortmann ist dankbar für die Unterstützung durch Landwirte aus der Region. Manche spendeten Heu, andere nahmen den Mist mit. Jetzt sind die Heuvorräte vor Ort aufgebraucht.
Jügesheim - „In 50 Kilometern Umkreis fahren wir jeden Landwirt an, aber dadurch wird es nicht billiger“, erzählt er. Zwei große Rundballen Heu pro Tag fressen die Tiere. Ein Ballen kostet zwischen 35 und 40 Euro. Das ist viel Geld, wenn man keines hat.
„Für uns Menschen gibt es Hartz IV, aber für die Tiere gibt es keine staatliche Unterstützung“, so Ortmann. Deshalb ist der kleine Zirkus auf Spenden angewiesen. Ab und zu kommen Familien mit Kindern und bringen Möhren oder Brot. Manche stecken auch ein paar Münzen in die Spendendose.
„Jeder Euro, der gespendet wird, wird für Futter für die Tiere verwendet“, sagt Freddy Ortmann. Die Besucherzahl hält sich allerdings in Grenzen: „Es hat ja die ganze Zeit geregnet. Wenn die Sonne geschienen hat, kamen schon ein paar Leute.“ Obwohl ein Teil der Wiese zeitweise unter Wasser stand, hatten es die Tiere trocken. Der Familienbetrieb hatte die beiden Stallzelte bewusst dort aufgebaut, wo das Gelände etwas höher ist.
Kamele, Zebras, Wasserbüffel, Schottische Hochlandrinder, Esel und Lamas gehören zur Menagerie des Familienbetriebs. „Den Tieren geht es gut“, betont Ortmann: „Sie sind alle gut genährt und gut gepflegt. Das bestätigt uns das Veterinäramt und das sagt auch unsere Erfahrung.“
Der Winter ist für kleine Zirkusbetriebe immer eine schwierige Zeit. Die Corona-Pandemie hat die Lage verschärft. Im ersten Corona-Jahr 2020 konnten die Zirkusleute nur drei Monate lang auftreten, 2021 fünf Monate.
Nach der verkürzten Tournee fehlten auch Einnahmen in der Vorweihnachtszeit. Bisher hatten die Rolina-Artisten meist ein Engagement in einem Weihnachtszirkus. Diesmal fielen die meisten großen Dezember-Gastspiele aus – und damit die Möglichkeit, dort aufzutreten.
„Alle in der Branche haben es schwer“, weiß Freddy Ortmann: „Wir haben noch das Problem, dass wir viele Tiere haben. Natürlich zwingt uns niemand, so viele Tiere zu behalten. Aber ich kann sie auch nicht alle weggeben.“
Der Familienbetrieb versucht alles, um mit 14 Menschen und 50 Tieren durch den Winter zu kommen. „Zwischen Weihnachten und Neujahr sind wir von Haus zu Haus gegangen, um Spenden zu sammeln“, erzählt Ortmann. Mit gedruckten Handzetteln wirbt er bei Unternehmen um Spenden. Wer Fragen hat, kann ihn anrufen: Name und Handynummer stehen auf dem Flugblatt.
Dem Zirkusdirektor ist es wichtig, ein Missverständnis zu vermeiden: Das Bettelplakat im Rewe-Center stammt nicht von ihm, sondern von einem anderen Zirkusbetrieb. Es steht dort schon seit rund einem Jahr.
Noch bis Ende Februar darf der Zirkus Rolina in Jügesheim bleiben. Die Zirkusleute nutzen die Zeit für Reparatur- und Wartungsarbeiten. Der Chef versucht bereits die nächsten Gastspielorte festzumachen. Das ist leichter gesagt als getan: „Die Städte wollen alle erst mal abwarten, wie sich die Lage entwickelt.“ Er hofft, dass sein Zirkus bald wieder reisen kann. „Im letzten Jahr konnten wir uns fünf Monate allein über Wasser halten. Etwas Schöneres gibt es nicht.“
Trotz Corona, Kälte und Futtersorgen blickt Freddy Ortmann voll Zuversicht der neuen Saison entgegen: „Wenn ich jammere, wird es auch nicht besser.“ (Ekkehard Wolf)