Zufahrt für Gehbehinderte am Rodgauer Badesee

Nieder-Roden - Am Rodgauer Badesee können Gehbehinderte jetzt ohne fremde Hilfe bis ins Wasser gelangen - und auch wieder hinaus. Die Rolli-Rampe mit Badelift ist seit gestern in Betrieb.
Eine Rollstuhlfahrerin lobt die neue Anlage: „Das ist wieder ein Stück Freiheit und selbstbestimmtes Leben.“ Ein Zickzackweg von rund 100 Metern führt von der Liegewiese über den Strand zu einem Betonsockel hinab. Dort muss man vom Rollstuhl auf einen weißen Sitz mit Sicherheitsbügeln umsteigen. Ein Elektrolift überwindet die letzten Meter bis zum Wasser. Das Projekt sei ursprünglich etwas kleiner angelegt gewesen, sagte Bürgermeister Jürgen Hoffmann beim Betriebsbeginn der neuen Anlage. Mit Hilfe von Sponsoren sei es gelungen, die Kosten von rund 95.000 Euro aufzubringen. Im Haushaltsplan der Stadt stand ursprünglich nur die Hälfte dieser Summe bereit.
Eine enge Zusammenarbeit mit dem Sozialverband VdK und dem Verein „Gemeinsam mit Behinderten“ (GmB) hat dazu beigetragen, eine für die Nutzer möglichst komfortable Lösung zu erarbeiten. GmB-Vorsitzender Christian Goldmann würdigte das Ergebnis als optimal. Behinderte sollten in der Mitte der Gesellschaft sein, sagte Bernd Koop (VdK): „Ich wünsche mir, dass dieses Bauwerk auch angenommen wird.“ Die bisherigen Spendenzusagen und Zahlungseingänge beziffert die Stadtverwaltung auf rund 35.000 Euro. Gestern sagte „Gemeinsam mit Behinderten“ eine Unterstützung in Höhe von 10-000 Euro zu, verteilt auf vier Jahre. Der behindertengerechte Zugang zum See entspreche dem Vereins- und Stiftungszweck von GmB, betonte Goldmann. Solche Vorhaben könne man nur gemeinsam realisieren.
„Ganz normal im See baden gehen“
Die Ersten, die die neue Anlage erprobten, waren behinderte Schüler der Erich-Kästner-Schule aus Langen. Das Wasser (22 Grad) war wärmer als die Luft (16 Grad), als die Schüler in den See stiegen. Für sie ging ein Wunsch in Erfüllung, über den die meisten Menschen gar nicht groß nachdenken würden: „Ganz normal im See baden gehen“, wie Bürgermeister Hoffmann formuliert.

Die Percussiongruppe „Hand to Hand“, ebenfalls aus der Erich-Kästner-Schule, trommelte mit zwölf Schülern zwei heiße Stücke. Und dann der große Moment: Ein Junge fröstelt leicht, als ein Helfer ihn vom Rollstuhl auf den Liftsitz setzt. Doch dann überwiegen Vorfreude und technische Begeisterung. Ein Druck auf die Fernbedienung und der Lift setzt sich in Bewegung, gleitet das Edelstahlgestänge hinab. Ein kurzes „Huch!“ beim Eintauchen ins Wasser, dann ist der Schüler in seinem Element, breitet die Arme aus und schwimmt. „Ich spüre den Sand!“, jubelt er einen Moment später. Der Bürgermeister steht oben auf dem Betonsockel und strahlt vor Freude: „Ich glaub’, wir haben’s richtig gemacht.“ (eh)