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Ohne Bakschisch läuft wenig

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Herold Heu hat schon Hilfsprojekte in Ruanda (Foto) und im Kongo organisiert. Jetzt hat er eine komplette Werkstatt nach Ghana verschifft.
Herold Heu (2. von rechts) hat schon Hilfsprojekte in Ruanda (Foto) und im Kongo organisiert. Jetzt hat er eine komplette Werkstatt nach Ghana verschifft. © p

Urberach (chZ) - Praktische Entwicklungshilfe ohne viele Umwege leistet der Urberacher Schlossermeister Herold Heu an einer ghanaischen Schule. Diese Woche schickte er eine stählerne Halle - verpackt in einen großen Überseecontainer - auf die Reise nach Westafrika.

Sie soll in der Stadt Kumasi als Lehrwerkstatt für Schreiner- und Stahlarbeiten dienen. Deshalb haben Heu und der Verein „Springs of Life“ monatelang auch Werkzeuge und Materialien aller Art gesammelt, die nun per Schiff zu Joe Afriyie, dem Gründer der Schule, reisen.

Vom Urberacher Industriegebiet aus ging der Container auf die Reise. „Die Schlösser lieber abmachen – sonst kontrollieren sie garantiert, weil’s interessant wirkt“, gab Lkw-Fahrer Henrich Szeponek einen Tipp, den Weg durch den Zoll zu verkürzen.
Vom Urberacher Industriegebiet aus ging der Container auf die Reise. „Die Schlösser lieber abmachen – sonst kontrollieren sie garantiert, weil’s interessant wirkt“, gab Lkw-Fahrer Henrich Szeponek einen Tipp, den Weg durch den Zoll zu verkürzen. © Ziesecke

Herold Heu (73) sowie Wolfgang Bachmann (70) und Reinhard Knauf (70) vom Freundeskreis sind erleichtert, dass die Warterei endlich ein Ende hat und der Container mit 20 Tonnen Hilfsgütern, darunter auch eine Strickmaschine, endlich auf dem Weg ist. Er wurde auf einen Sattelschlepper verladen und nach Mainz gebracht, von wo er nach Rotterdam und dann weiter Richtung Tema, dem Hafen 25 Kilometer vor der ghanaischen Hauptstadt Accra, verschifft wurde. Dort soll er am 13. September ankommen; dann beginnt für Joe Afriyie der Spießrutenlauf durch die Behörden. Wenn die Frachtpapiere per Post aus Urberach eintrudeln, muss er beim Ministerium eine Freistellung beantragen – den Bescheid, dass er keinen Zoll zahlen muss, da die Lieferung von einem Förderverein kommt. Sonst wären 47 Prozent des Wertes, der sich gar nicht messen lässt, fällig. Die Schule ist im Lande anerkannt, deshalb sollte die Freistellung keine Schwierigkeiten machen.

Schlafräume für Mädchen

Das klingt einfach und logisch, doch Wolfgang Bachmann hat vor ein paar Wochen dort gleich einmal Geld vom Verein bei Joe Afriyie deponiert: Er weiß, dass ohne „Bakschisch“, ohne ein gewisses Trinkgeld zur „Besänftigung“, gar nichts geht. Von da ab muss Joe Afriyie auf eigene Kosten den Transport zu „Springs of Life“ organisieren, wo 500 aufgeregte Kinder den Container begrüßen.

Bachmann hat bei seinem jüngsten Besuch vorsorglich schon eine Kamera unten gelassen, damit Afriyie die Ankunft fotografieren kann. Begutachtet hat er dabei auch den vom Freundeskreis mit finanzierten Anbau, in dem Schlafräume für Mädchen entstanden sind – auf dem täglichen langen Weg zur Schule lauern für sie viel zu viele Gefahren.

Herold Heu und seine Mitstreiter sind nicht die einzigen Rödermärker, die Kindern in Ghana helfen. Monika und Günter Frey, die lange Jahre Lehrer in Ober-Roden waren, ihre Tochter Anna und deren Mann Amin Zaaki haben 2006 den Verein „Nima“ gegründet, der sich für ein Waisenhaus und eine Schule einsetzt. Seit 2009 fliegen regelmäßig Freiwillige für sechs Monate nach Ghana. Zu den bekanntesten Unterstützern gehört der aus Münster stammende Tischtennis-Bundestrainer Jörg Roßkopf. Kontakt im Internet, per Email (infor@nima-ev.de) oder unter der Nummer 06071/33392.

Auf eben diesem Gelände wird auch die stählerne Halle aufgestellt. „Doch auch das geht nicht so schnell: die Genehmigung dafür liegt vor, aber im gleichen Stil wie das Schulgebäude als Betonbau – das heißt nun, lange warten, bis es dennoch genehmigt wird, oder wieder Bakschisch in anständiger Höhe“, weiß Wolfgang Bachmann, Seniorchef eines Urberacher Kunststoff verarbeitenden Betriebes, aus Erfahrung. Während der Container auf hoher See nach Ghana schaukelt und seine Familie froh ist, dass die gesammelten Spenden endlich vom Hof kommen, gehen bei Herold Heu die Gedanken schon weiter: „Das Grundstück nebenan, wo der Container stand, ist verkauft – dann müssen wir einen neuen Platz für den nächsten Container finden!“ In seinem Kopf nimmt das nächste Afrika-Projekt schon Gestalt an.

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