Polizei äußert sich zum skandalösen Aufkleber im Kreis Offenbach

In Urberach im Kreis Offenbach macht sich eine Gruppe von Querdenkern den Namen der studentischen Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime zu eigen.
Rödermark – Aufs Schärfste verurteilen Bürgermeister Jörg Rotter und Erste Stadträtin Andrea Schülner eine Aktion gegen die Corona-Impfung in Urberach (Landkreis Offenbach). Dort hatten Unbekannte, die sich als Querdenker verstehen, ihre verqueren Ansichten an Glascontainern, Briefkästen und Laternenmasten hinterlassen – in Form von Aufklebern, für die eine Gruppe namens „Die Weiße Rose“ die Urheberschaft beansprucht.
„Es ist schändlich, den Namen einer Gruppe junger Menschen, die sich gegen die Nazi-Diktatur mit ihren millionenfachen Morden aufgelehnt haben, zu missbrauchen, um Stimmung gegen die Impfung zu machen“, betonen Rotter und Schülner in einer Stellungnahme. Bis heute gelte die „Weiße Rose“, eine Gruppe Studenten um die Geschwister Hans und Sophie Scholl, als bekanntestes und symbolgebendes Beispiel für den studentisch-bürgerlichen Widerstand gegen das NS-Regime innerhalb Deutschlands. Ihre prägenden Mitglieder wurden 1943 verhaftet und hingerichtet.
Die Argumente der Querdenker-Szene seien zu absurd, um darauf einzugehen, so Rotter und Schülner weiter. Sobald sich der Widerstand gegen eine angebliche Corona-Diktatur in Deutschland darin äußere, dass das Andenken von echten Widerstandskämpfern wie den Geschwistern Scholl beschmutzt werde, dann sei eine Grenze überschritten.
Kreis Offenbach: Polizei äußert sich zum skandalösen Aufkleber in Urberach
Auch die Polizei hat sich auf unsere Anfrage inzwischen zu dem Vorfall geäußert. Sachverhalte, die mit solchen Aufklebern/Flugblättern in Zusammenhang stehen, seien „bislang noch nicht angezeigt oder anderweitig bekannt“, teilte ein Polizeisprecher mit.
Insgesamt sei diese Art des Protests gegen die derzeit geltenden Corona-Maßnahmen kein neues Phänomen. Vorlagen für Aufkleber und Flugblätter seien im Internet frei erhältlich zum Download. Das gelte auch für den Aufkleber in Urberach. Die Vereinigung „The White Rose“ setze sich, soweit bekannt, aus internationalen Anti-Corona-Gruppierungen zusammen, mit Schwerpunkt Großbritannien. Sie verbreite in ihrem Internetauftritt/Telegram-Kanal sämtliche bekannten Verschwörungstheorien.
Offenbach – Fragen an die Polizei: Ist der Namensmissbrauch in Urberach strafbar?
Ist es strafbar, den Namen einer Widerstandsgruppe gegen das Nazi-Regime in der Querdenker-Szene zu missbrauchen?
Das ist jeweils einzelfallabhängig. Alleine die Nutzung des Namens „Die Weiße Rose“ oder der Verdacht, dass dieser Aufkleber von einem vermeintlichen Querdenker angebracht wurde, ist, sofern dieser rückstandsfrei entfernt werden kann, für eine Strafbarkeit nicht ausreichend. Hierzu müssten weitere Faktoren hinzukommen, wie etwa Tatbestandsmerkmale der Volksverhetzung oder die Verwendung verfassungswidriger Symbole/Parolen. Sollte Inhalt eines verteilten Aufklebers/Flugblatts entspreche Straftatbestände erfüllen, hätte dies ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren zur Folge.
Polizei Offenbach: Keine weiteren Fälle wie in Urberach bekannt
Sind weitere Fälle aus dem Kreis Offenbach bekannt? Nein.
Wie ordnet die Polizei die hiesigen Querdenker/Spaziergänger ein? Sind sie von Rechtsextremisten unterwandert? Die sogenannten Spaziergänger können nicht pauschal eingeordnet werden. Aufgrund der heterogenen Zusammensetzung der Teilnehmenden muss jede Veranstaltung immer aufs Neue bewertet werden. Rechtsextremisten unter den Teilnehmern konnten im hiesigen Zuständigkeitsbereich nicht festgestellt werden. (Michael Löw)