„Baukollaps“ befürchtet: Hohe Baukosten bremsen Wohnungsbau im Kreis Offenbach
Hohe Baukosten und steigende Zinsen bremsen die Baubranche aus. Doch die Schwarzkopf-Baustelle in Rödermark beweist, dass es auch weitergehen kann.
Rödermark – „Wir werden beim Wohnungsbau einen Zahn zulegen, um den sozialen Frieden zu wahren“, kündigte Bürgermeister Jörg Rotter während der Haushaltsdiskussion im Parlament an. Der Baudezernent weiß allerdings, dass die Stadt Rödermark (Kreis Offenbach) mangels Grundstücken und Geld selbst kaum bauen kann, sondern Investoren (fast) jeder Größenordnung braucht. Aber die tun sich in Zeiten steigender Zinsen, knappen Rohstoffen und geradezu explodierender Preise schwer. Rotter befürchtet gar einen „Baukollaps“. Quer durchs Stadtgebiet stocken Projekte. Oder werden nicht einmal begonnen.
Einer der Lichtblicke ist das Schwarzkopf-Gebäude in der Konrad-Adenauer-Straße. 92 Jahre kleideten sich nicht nur die Urberacher dort ein, Ende 2017 machte das Textilhaus zu. Besitzerin Sophia Schwarzkopf hatte voriges Jahr über den Bürgermeister Kontakt mit Investor Christian Früchtenicht (Rossdorf) aufgenommen, weil sie die Immobilie in 1A-Lage nicht an einen x-beliebigen Bauträger verkaufen wollte. Die Stadt kennt Früchtenicht als seriösen Entwickler: Er hat das mit Schadstoffen belastete Hitzel & Beck-Grundstück in der Odenwaldstraße zum „Wohnquartett S1“ gemacht und baut derzeit auch auf dem Citroen-Gelände, ebenfalls eine Altlast, in der Dieburger Straße dringend benötigten Wohnraum.

Schwarzkopf-Baustelle in Rödermark (Kreis Offenbach): Stadthaus mit dreizehn Wohneinheiten
In Urberach plant Früchtenichts Architekt Michael Riegelbeck ein Stadthaus mit zwei Vollgeschossen und einem zurückgesetzten Staffelgeschoss, dessen Höhe die der bisherigen Bebauung nicht übersteigt. Dreizehn Wohneinheiten mit Wohnflächen zwischen 70 und 100 Quadratmetern können darin geschaffen werden. Darunter wird eine Tiefgarage mit 16 Stellplätzen ausgebaggert, neun weitere Parkplätze finden vor dem Haus Platz. Der Neubau soll ein begrüntes Dach erhalten. Das Energiekonzept sieht den Einsatz einer Wärmepumpe und eine Fotovoltaik-Anlage vor. Das ursprüngliche Textilhaus zur Straße hin wird entkernt und gewerblich genutzt.
Mit „noch guten Zinsen“ hatte Christian Früchtenicht das Projekt zeitig gegen Turbulenzen gesichert. Die Kostensteigerung hält sich mit etwa zehn Prozent im Rahmen: Statt fünf Millionen Euro kalkuliert er nun mit 5,5 Millionen Euro.

Brandruine des „Paramount Park“ in Rödermark (Kreis Offenbach) größtes Sorgenkind
Der Bürgermeister wünscht sich, Baufortschritt gäbe es auch andernorts in Rödermark. Aber das Gegenteil ist der Fall: Ein alteingesessener Bauträger gab sein Projekt auf, weil es nicht mehr zu finanzieren war, und verkaufte das Grundstück weiter. Ein Bauzaun, hinter dem schon seit mehr als einem Jahr nicht passiert, steht gegenüber der Volksbank in Ober-Roden. Und Rotter weiß von mehreren, teils großen Grundstücken in Ober-Roden, für deren Bebauung es schon Genehmigungen gibt. Aber von Baggern noch nichts zu sehen ist.
Größtes Sorgenkind der Stadt ist die Brandruine des „Paramount Park“. Rotter spricht von einer Zangengeburt. 2016 hatte ein Investor seine hochfliegenden Pläne im Bauausschuss vorgestellt und die Politiker quer durch alle Fraktionen überzeugt. Die Stadt stellte einen Bebauungsplan auf und tauschte Grundstück in der Kapellenstraße, um den Weg freizumachen.
Geschehen ist seit mehr als sechs Jahren nichts. Bürgermeister Rotter verliert die Geduld: Noch vor der Sommerpause will er dem Stadtparlament einen neuen Satzungsbeschluss vorlegen. Der soll t dann auch eine Frist enthalten, in der der Investor abreißen und mit dem Bau beginnen muss. (Michael Löw)