Rödermark: Beeindruckt von der polnischen Gastfreundschaft

Städtepartnerschaft Nummer vier ist nun in beiden Richtungen besiegelt. Eine 18-köpfige Delegation aus Rödermark mit Bürgermeister Jörg Rotter, Erster Stadträtin Andrea Schülner und Stadtverordnetenvorsteher Sven Sulzmann an der Spitze besuchte Polen. In Plesna hat die Gruppe aus Politikern, Musikern des Jazzclubs sowie Pfarrer Klaus Gaebler und Diakon Eberhard Utz erlebt, was Freundschaft auf kommunaler Ebene, aber auch von Mensch zu Mensch bedeutet.
Auch eine große Gruppe aus der ungarischen Partnerstadt Bodajk war in Polen.
Wichtigster Punkt der Reise war die feierliche Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde. Ein Exemplar wurde von den Bürgermeistern Józef Knapik und Jörg Rotter signiert. Die zweite Ausfertigung trägt aber eine Vielzahl von Unterschriften: Alle Delegationsmitglieder aus Rödermark, 55 Gäste aus Bodajk und viele Bürger Plesnas bezeugten mit ihren Namen die Partnerschaft.
Die Bürgermeister Józef Knapik und Jörg Rotter betonten die Bedeutung dieses Moments. Beide stimmten darin überein, dass sich die Wichtigkeit von Partnerschaften und Freundschaften zeige, wenn nahe der polnischen Grenze ein von Russland ausgehender Angriffskrieg auf europäischem Boden tobe. Dem entgegenzuwirken, sei die Verpflichtung aller, die europäisch denken.
In sehr persönlichen Worten schilderte Rotter die Auswirkungen, die der Zweite Weltkrieg auf seine Eltern und seine Schwiegereltern hatte, ihre noch heute anhaltenden Schmerzen, da sie ihre jeweilige Heimat verlassen mussten: „Ich glaube, es ist wichtig, dass wir etwas Historisches tun. Der brutale Krieg, der vor 80 Jahren von Deutschland ausging, der Überfall auf Polen, das lässt sich niemals entschuldigen. Aber wir als neue Generation, die keine Zeitzeugen sind, sind verpflichtet, immer daran zu erinnern, was war und wie es dazu kam. Und dafür ist diese Partnerschaft ein kleiner Schritt. Denn nur von Mensch zu Mensch kann es gelingen, Hürden abzubauen und freundschaftlich zusammenzuleben.“
Rotter lobte zudem die frühere Bürgermeisterin von Bodajk, Katalin Rencz: „Wir werden Ungarn und seinen mutigen Bürgerinnen und Bürgern immer dankbar sein, dass sie vor über 30 Jahren den Eisernen Vorhang eingerissen und zur Einheit Deutschlands als freies und demokratisches Land beigetragen haben.“
Die Tage in Plesna waren gekennzeichnet durch Freundlichkeit, Fröhlichkeit und eine bemerkenswerte Gastfreundschaft, beginnend mit einer Stadtführung sowohl in der neuen Partnerstadt als auch in der mit Frankfurt verschwisterten Stadt Krakau und einem herzlichen Abendessen in der Grundschule von Plesna. Gut erholt haben sich die Rödermärker in der ländlichen Hotelanlage. Zum Programm gehörten weiter die Besichtigung der nächstgrößeren Stadt Tarnów, ein Gespräch über die Zusammenarbeit der Schulen, ein ausgelassenes Fest mit Musik des Jazzclubs Rödermark und der Drei-Dörfer-Band aus Bodajk einschließlich vieler Tanzeinlagen der jungen Ungarn.
Viele Mitglieder nutzten die Gelegenheit, mit Pfarrer Klaus Gaebler und Diakon Eberhard Utz an der Heiligen Messe teilzunehmen, um danach Augen- und Ohrenzeugen des regional bedeutsamen Früchte- und Bienenfestes zu sein. Das ist nach Einschätzung vieler eine logistische Meisterleistung der nur 12 000 Einwohner zählenden Gemeinde Plesna. Hier präsentierte sich der Jazzclub mit Roland Ulatowski (Kontrabass und Gesang), Dr. Horst Bittlinger (E-Piano) und Nestor Benitez Prado (Saxofon) als bemerkenswerte kulturelle Visitenkarte.
Vor dem Abflug in Krakau wurde der Delegation nochmals beispielhaft vor Augen geführt, welch beachtliche wirtschaftliche Entwicklung sich in Polen vollzieht. Steckte der Weinberg Dabrowka vor drei Jahren – bei der ersten Stippvisite einiger Rödermärker – noch in den Kinderschuhen, zeigt sich der Familienbetrieb mittlerweile als prosperierendes Unternehmen. Aber es wird immer noch als Nebenbetrieb geführt. Klar ist, dass die nächste Generation voll einsteigen wird, zumal neben dem Wein noch die Vermietung eines neuen Appartements mit Blick auf die Weinberge Verdienstmöglichkeiten schafft.
In seinen Abschiedsgruß dankte Bürgermeister Rotter für die großen Anstrengungen der Gemeinde Plesna, die Verschwisterung anspruchsvoll, angenehm und herzlich zu gestalten. Der Dank galt seinem Amtskollegen Knapik, seinem Stellvertreter Ryszard Stankowski, Janusz Jarzab, dem Vorsitzenden des Gemeinderates, und Marcin Warchot. Der Mitarbeiter der Gemeinde war für die Delegation aus Deutschland ein treuer und sachkundiger Begleiter.
Bekanntlich schmerzen Abschiede, wenn es besonders schön war. Die Rödermärker mussten sogar doppelt – von Plesna und Bodajk – Abschied nehmen, was tatsächlich doppelt schmerzhaft war. Doch: Ein Wiedersehen ist garantiert. Die Bodajker kommen Anfang September zur Kerb nach Urberach. Die Gäste aus Plesna sind zum gleichen Ereignis im nächsten Jahr eingeladen. (Michael Löw)