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Rödermark: Bilder, die keine Worte brauchen

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Von: Michael Löw

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Lieblingsbild: Normalerweise setzt Peter Müller seine Porträts aufwendig in Szene und leuchtet das Drumherum perfekt aus. Doch das
Lieblingsbild: Normalerweise setzt Peter Müller seine Porträts aufwendig in Szene und leuchtet das Drumherum perfekt aus. Doch das © „Through my Eyes“/Peter Müller

Peter Müller aus Rödermark-Urberach ist ein fotografischer Hochkaräter, der am liebsten Menschen porträtiert. Sein Bildband „Through my Eyes“ zeigt nicht nur die Jungen und Schönen.

Rödermark – 36 Zentimeter hoch, 27 Zentimeter breit, gefühlt fünf Kilo schwer, 270 Seiten dick: Peter Müller hat das wahrscheinlich wuchtigste Buch herausgegeben, das es je in Rödermark gab. Und abgesehen von Einleitung, Danksagung und Namensliste kommt er ohne Worte aus. Der Fotograf lässt Bilder sprechen. „Through my Eyes“ – übersetzt „Durch meine Augen“ (gesehen) – heißt der überwiegend in Schwarz-Weiß gehaltene Porträtband.

Peter Müller, 1965 in der Eifel geboren, hat schon mit sieben Jahren von seinem Vater das Fotografieren gelernt. Er hat Filme selbst entwickelt und in der eigenen Dunkelkammer vergrößert. Von den wenigen Sätzen, die Müller schreibt, widmet er seiner Familie denn auch vier.

2010 legte ein Workshop beim amerikanischen Fotografen Greg Gorman, der inzwischen Freund und Mentor ist, den Grundstein zur Porträt-Fotografie, die Müller vor fünf Jahren zu seinem Beruf gemacht hat.

„Der Mensch vor meiner Kamera ist in dem Moment die wichtigste Person in meinem Leben“, sagt Peter Müller, wenn er erklärt, warum seine Porträts oft intensiver, dichter und persönlicher sind, als andere, die von dieser Person existieren. Die Bilder sind im Studio, aber auch auf vielen Reisen durch die Welt entstanden. Rund um den Globus hat er für unterschiedliche Kunden, aber auch an eigenen Projekten gearbeitet.

Mal setzt Peter Müller seine Models aufwendig mit glitzernden Galagewändern vor einem Prachtbau in Szene, mal wirken seine Bilder aber auch wie ein Schnappschuss von der Begegnung zweier Freundinnen. Oldtimer dienen ebenso als Staffage wie ein Gepard oder ein Flugzeug, vor dem ein Paar zu fliehen scheint.

Die Models sind meist weiblich und fast alle jung, manchmal sparsamst bekleidet und mitunter nackt. Peter Müller porträtiert quasi als Gegengewicht Charakterköpfe beiderlei Geschlechts jenseits der 60 – wie zum Beispiel eine norwegische Fischersfrau: „Ich will nicht nur die Jungen und Schönen fotografieren.“

Müllers Ausrüstung ist vergleichsweise klein. Eine (Profi-)Spiegelreflexkamera und ein Objektiv 70 bis 200 Millimeter sind seine Lieblingswerkzeuge, Blitzgeräte oder Lampen benutzt er selten. 95 Prozent der Aufnahmen, schätzt er, entstehen bei natürlichem Licht.

Aus den Porträts der Jungen, Schönen und Charakterstarken stechen einige Bilder hervor. Die Frau mit Gepard auf Seite 149 zum Beispiel. Peter Müller hat die beiden in der Nähe von Kapstadt fotografiert, wo er Workshops für Profis gibt. Die Raubkatze ist Menschen gewohnt, denn sie lebt in einer Aufzuchtstation für verwaiste oder befreite Geparden. Alles andere hätte wohl einen Shitstorm ausgelöst, ist Müller sicher, Kunst und Tierwohl unter einen Hut gebracht zu haben.

Geradezu abenteuerlich ist die Geschichte hinter dem Bild auf Seite 76. Zwei junge Leute rennen vor einem Doppeldecker davon, der knapp über ihre Köpfe hinwegdonnert. Cary Grant und Hitchcocks Klassiker „Der unsichtbare Dritte“ lassen grüßen. Eigentlich arbeitete Müller für einen Uhrenhersteller an der stehenden Maschine: „In meiner nassforschen Art habe ich den Piloten einfach gefragt, ob das Ding überhaupt fliegt.“ Es flog – und hetzte das Paar immer über Müller drüber, der auf der Wiese lag und mit der Kamera draufhielt. Der Pilot leistete Präzisionsarbeit: Immer wieder wurde er per Funk gesteuert: „Flieg mehr nach links, flieg mehr nach rechts!“

Müllers Lieblingsmotiv – vier Ballerinas, die sich aufs Tanzen vorbereiten – passt nicht so recht in die perfekt arrangierten Aufnahmen des Buchs. Drei der vier Frauen sind angeschnitten und teilweise unscharf, eine Ecke des Bildes ist überbelichtet. Aber sie strahlen Persönlichkeit und Lebensfreude aus. Müllers Philosophie: „Ein Merkmal meiner Arbeit ist die Konzentration auf den Moment – einen unbeobachteten Moment, in dem mein Protagonist bei sich selbst ist und in sich ruht beziehungsweise nicht mehr posen kann oder will.“

Peter Müllers Kamera ist natürlich eine digitale. Doch er arbeitet wie zu Analogzeiten. Seine Bilder sind schon in der Kamera „fertig“, die Bearbeitung am Computer ist der Feinschliff, den seine Kunden fordern.

„Through my Eyes“ dokumentiert die Ergebnisse vieler unterschiedlicher Fotosessions mit Menschen aller Couleur. Peter Müller will sie so zeigen, er sie in dem Moment erlebt und gesehen hat – eben durch seine Augen. (Michael Löw)

Peter Müller – ausnahmsweise vor und nicht hinter der Kamera.
Peter Müller – ausnahmsweise vor und nicht hinter der Kamera. © -
„Through my Eyes“ heißt der großformatige Bildband.
„Through my Eyes“ heißt der großformatige Bildband. © -

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