Bürger sauer über Terminvergabe: Nutzt Stadtverwaltung Corona als Ausrede?

In der Corona-Pandemie sind auch Verwaltungsbehörden in die Distanz-Beratung gegangen. In Rödermark bei Offenbach treibt das offenbar ungewollte Blüten.
Rödermark – Die Stadtverwaltung Rödermark igelt sich ein, Termine für einen Besuch im Rathaus müssen telefonisch vereinbart werden, viele Leute fühlen sich ausgesperrt. „Mein Eindruck ist, dass man Corona in der Verwaltung genutzt hat, sich zurückzuziehen, und diesen Zustand wohl beibehalten möchte. Wie ist es sonst zu erklären, dass es keinerlei Aussagen dazu gibt, wann man sich wieder auf einen normalen Umgang mit den Bürgern einstellen will“, klagt ein Vereinsvertreter, der anonym bleiben möchte, in einer E-Mail an unsere Mediengruppe.
Der Mann ist sauer, weil in fast allen Berufen – von der Supermarktverkäuferin über den Friseur, den Paketboten, Erzieherinnen, Lehrer oder die Bankberaterin – von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wieder Normalbetrieb verlangt wird. Nur in den Rathäusern öffne sich die Tür erst auf Anmeldung.
Rödermark bei Offenbach: Lange Wartezeiten trotz abgeschotteter Behörden
Allerdings stehe Rödermark nicht alleine da: Auch die Dienststellen des Kreises schotten sich ab und muten sogar angemeldeten Bürgern Wartezeiten zu. Der Vereinsmann hatte online einen Termin bei der Kfz-Zulassungsstelle vereinbart, saß dann trotzdem eineinhalb Stunden rum, bis er an die Reihe kam.
Aller schlechten Dinge sind für ihn drei. Anfang Juli teilte die Stadt den Vereinen mit, dass sowohl die Halle Urberach als auch die Sporthalle Ober-Roden wegen der Bundestags- und Landratswahl am 26. September geschlossen sind. Zwei oder drei Tage hätte er ja noch eingesehen. Aber die seiner Ansicht nach fast nicht mehr öffentlichen Einrichtungen sind vom 20. bis zum 27. September dicht. Und falls im ersten Durchgang kein neuer Landrat gewählt wird, zwei Wochen später noch mal acht Tage.
Rödermark bei Offenbach: Geschlossene Sporthallen zur Bundestagswahl ein Streitthema
„Abgesehen davon, dass beide Hallen monatelang geschlossen waren, stellt sich die Frage, warum bereits montags eine komplette Schließung für eine sonntags stattfindende Wahl erforderlich ist. Nach meinem Wissen geht es hier um die begrenzte Aufstellung von Mobiliar, wobei hinsichtlich Aufstellung ja sogar Erfahrungen von der letzten Wahl vorliegen dürften“, sagt der frustrierte Bürger, der aus Erfahrung weiß, dass es auch anders geht: Während Vereine selbst für große Veranstaltungen inklusive der Dekoration nur ein paar Tage benötigten, nehme die Stadt für einen begrenzten Aufwand in Anspruch, beide Stätten für über eine Woche komplett zu sperren: „Nicht nur mein Eindruck ist es, dass man es sich hier inzwischen ziemlich bequem gemacht hat und die Interessen derjenigen außer Acht lässt, die das Personal der Stadt eigentlich bezahlen.“
Der Bürgerservice sei durch Corona nicht beschränkt, kontert Bürgermeister Jörg Rotter die Vorwürfe. „Ich habe keine Beschwerden gehört, sondern im Gegenteil überwiegend positive Reaktionen“, sagte der Verwaltungs-Chef auf Anfrage unserer Zeitung. Die Rödermärker Rathausmitarbeiter würden sich keineswegs einigeln, sondern just so verfahren, wie es Landrat Oliver Quilling und die Bürgermeister aller 13 Kreiskommunen während der ersten Corona-Welle vereinbart hätten. Nur durch Kontaktbeschränkung könne Verwaltung auch in der Pandemie funktionieren.
Rödermark bei Offenbach: Rathausbesuch nach Terminvereinbarung bringt Vorteile
Ein Rathausbesuch nach Terminvereinbarung bringe allen Beteiligten Vorteile: Der Bürger müsse nicht warten, die Sachbearbeiterin oder der Sachbearbeiter könne sich gründlich vorbereiten. Rotter ist davon so überzeugt, dass er sagt: „Kritiker dürfen den Bürgermeister gerne anrufen.“
Lediglich im Einwohnermeldeamt müssen Bürger derzeit länger auf einen Termin warten. Das liegt nach Auskunft des Bürgermeisters aber nicht an der Pandemie, sondern an krankheitsbedingten Personalengpässen. (Michael Löw)
Zuletzt klagten viele Menschen über zunehmende Verschmutzung von Stadt und Natur in Rödermark.