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Einst 22 Wirtschaften in Urberach

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22 Gasthäuser sind aus dem früheren Urberach übermittelt, viele davon schräg zur heutigen Durchfahrtsstraße.
22 Gasthäuser sind aus dem früheren Urberach übermittelt, viele davon schräg zur heutigen Durchfahrtsstraße. © Ziesecke

Patricia Lips vom Heimat- und Geschichtsverein entführt Zuhörer ins alte Orwisch

Rödermark – Zwischen immerhin 22 Wirtschaften hatten die Urberacher einst die Wahl, wo sie einkehren wollten. Und das, obwohl der Rödermärker Stadtteil damals – in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die 60er Jahre hinein, als viele Wirtschaften geschlossen wurden – noch kleiner war als heute. Wo diese Wirtschaften einst waren, davon haben am Wochenende 20 Zuhörer beim gemeinsamen Ortsrundgang des Heimat- und Geschichtsvereins (HGV) Rödermark mit dem Team des „SchillerHaus“ unter der Leitung von Christiane Rasmussen gesehen. „Beim heutigen Eiscafé war der Ort zu Ende. Was heute als Mitte von Urberach gilt, war damals der Rand“, erinnert die HGV-Vorsitzende und versierte Stadtführerin Patricia Lips. Hoch-Zeit war die Zeit vor dem 2. Weltkrieg.

Robert-Bloch-Straße, Wagnerstraße, Bahnhof, Konrad-Adenauerstraße, Darmstädter Straße, Töpfergasse: Auf diesem Rundweg lagen praktisch alle früheren Kneipenstandorte oder waren zumindest zu sehen. Die Wirtshäuser waren nicht so, wie man sich heute ein Gasthaus vorstellt. Sie wurden meist im Nebenerwerb von Landwirten, Metzgern oder Bäckern geführt und man kehrte dort nach der Arbeit auf einen Schoppen ein. Früh schon waren sie „farblich sortiert“, überwiegend in schwarz und rot; die vielen Vereinsgründungen gerade nach den Kriegen sagten darüber viel aus. Wurde eine Wirtschaft der einen Parteifärbung zu groß, zog die andere nach.

Am Gallusplatz mit Blick auf den Gasthof zum Stern von Familie Neidhardt begann und endete die Führung.
Am Gallusplatz mit Blick auf den Gasthof zum Stern von Familie Neidhardt begann und endete die Führung. © Ziesecke, Christine

Einige der früher schon bekannten Häuser stehen heute noch, oft aber mit ganz anderem Aussehen: So wurden einst verputzte Fachwerke inzwischen freigelegt oder umgekehrt. Oft waren es nur die kleinen heutigen Anbauten, die damals die Stammwirtschaft waren – wie etwa beim „Stern“ gegenüber der Galluskirche. Die heutigen Haupthäuser wurden erst später, meist in den 60er Jahren, angebaut. Das „Zum“ bei „Zum Stern“ steht auch für die Namen der Gasthäuser, fast alle nannten sich so. Wobei sie im täglichen Sprachgebrauch meist nach den Namen ihrer Besitzer bekannt waren: Familie Reiß stand für „Zur Neuen Welt“, Schließmann für „Zur Traube“, Knapp für „Zum Hirsch“; und „Zur Krone“ war natürlich „der Mickler“. So steht’s auch in den Vereinsannalen: „Da steht nicht ‚gegründet im Gasthaus Zum Stern, sondern da steht ‚Wir gründeten uns beim Neidhardt’“, erläuterte Lips, die ihre Zuhörer immer wieder mit ihrem Wissen „rund ums Ort“ begeistert hat. So erfahren die Teilnehmer auch, wo früher die Post war und wo die alte Synagoge heute noch erkennbar ist. Man erfährt aber auch, dass „Zur Eisenbahn“ keine Einkehrstätte für Bedienstete war, sondern nur Reisende kamen; dass in „Zur guten Quelle“ bis vor wenigen Jahren gekegelt werden konnte und dass die heutige Volksbank auf dem Grund des einstigen „Hanauer Hof“ steht.

Besonders dicht standen damals die Gasthäuser rund um den heutigen Dalles, von der damaligen Metzgerei und Wirtschaft der Familie Knapp über den „Schasser“ bis hinein in die Bachgasse. Vom Schwarzbach war ebenso zu erfahren wie von der uralten Bleikugel, die bei einer Straßensanierung gefunden wurde, woraus auf die Zeit um 1400 für die Anlage der Straße zu schließen ist. Auf dem weiteren Weg: Das alte Gasthaus „Zur Sonne“ und das Gasthaus von Familie Schließmann, die eigentlich mit ihrer Metzgerei bekannt wurde – dann wurde „Zur Traube“ daraus.

Wer das alles nachlesen und sich in alte Fotos und Karten dazu vertiefen möchte, kann das beim „Historischen Gedächtnis“ im Töpfermuseum, Bachgasse 26, tun. Termine unter 06074 1390. Dort sind alle heimatgeschichtlichen Themen digital aufbereitet. Weitere Infos im Internet. (chz)

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