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Neben Recyclingcontainern und auf Waldwegen: Immer mehr Müllsünder in Rödermark?

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Von: Michael Löw

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Kleider- und Glascontainer ziehen Müllsünder an wie das Licht die Motten. Marcel Kreis vom Betriebshof hat am Urberacher Bahnhof jede Menge Dreck gefunden, der eigentlich ganz normal hätte entsorgt werden können. 
Rödermark: Kleider- und Glascontainer ziehen Müllsünder an wie das Licht die Motten. Marcel Kreis vom Betriebshof hat am Urberacher Bahnhof jede Menge Dreck gefunden, der eigentlich ganz normal hätte entsorgt werden können.  © Michael Löw

Tüten mit Klamotten, Hausmüll und Reste von der letzten Renovierung: Viele Menschen laden in Rödermark ihren Müll neben Recyclingcontainern und auf Waldwegen ab.

Rödermark – Marcel Kreis vom Betriebshof in Rödermark soll eigentlich die 244 städtischen Abfallkörbe leeren. Die größten Sauereien findet er aber oft an ganz anderen Ecken: neben Recyclingcontainern und auf Waldwegen. Manchmal hat Marcel Kreis bei der Arbeit das Glück des Tüchtigen. Einen dieser seltenen Momente erlebt der städtische Müllmann, als er knapp drei Kubikmeter Abfall inspiziert, den Unbekannte im Wald zwischen der Triftbrücke und der B 45 auf die billige Tour entsorgt haben: massenhaft gewellte Teerpappe, offensichtlich das Dach eines Schuppens, Farbeimer, verklebte Pinsel, ein Klodeckel, Lampen, ein Schlauch und andere Reste einer Renovierung. Mittendrin findet Kreis einen Karton mit Adressaufkleber. Eine Anschrift im Breidert steht drauf, Kreis wirft das Beweisstück in seinen Transporter.

Wenn der Innendienst der Kommunalen Betriebe (KBR) und das Ordnungsamt ebenfalls Glück haben, hat da ein Hausbesitzer den Dreck selbst im Wald abgeladen. Ordnungsdezernentin Andrea Schülner glaubt nicht so recht an den schnellen Erfolg, ihre Mitarbeiter haben andere Erfahrungen gemacht. Oft werden billige Profis für Entrümpelung und Entsorgung bezahlt. Die Leute gehen davon, dass alles seine Richtigkeit hat, und dann landet das Zeug doch in der Natur. Nun gilt‘s eine Ich-AG ausfindig zu machen, von der der Auftraggeber höchstens eine Handynummer hat.

„Das ist noch harmlos!“ Müllwerker Kreis hat schon Schlimmeres als in der Odenwaldstraße gesehen.
Rödermark: „Das ist noch harmlos!“ Müllwerker Kreis hat schon Schlimmeres als in der Odenwaldstraße gesehen. © Michael Löw

Rödermark: 322 illegale Müllablagerungen im vergangenen Jahr

Für erwischte Billig-Entsorger kann‘s teuer werden. 1 200 Euro stellte die Stadt einem in Rechnung, der Reifen und Hausmüll zwischen Ober-Roden und Eppertshausen abkippte. Und das sei kein Einzelfall, warnt die Erste Stadträtin. Voriges Jahr wurden 322 illegale Müllablagerungen angezeigt und mit einem Bußgeld geahndet.

Doch zurück zu Marcel Kreis. Der Offenbacher, der seit August 2019 bei den KBR arbeitet, beginnt seine Nachmittagstour am Betriebshof in der Albert-Einstein-Straße und manövriert seinen Sprinter nur ein paar Meter weiter rückwärts Richtung Bahngleise. Dort haben die KBR Ende vorigen Jahres einen neuen Abfallkorb aufgehängt, in dem fast immer Tüten voller Hausmüll stecken. Kreis vermutet, dass eigentlich kreuzbrave Pendler die Übeltäter sind. Frühmorgens entlasten sie die heimische Mülltonne auf Kosten der Allgemeinheit. „Das sieht keine Sau“, spricht Kreis Klartext.

Station Nummer zwei sind die Container in der Odenwaldstraße. Dahinter liegen Tüten voller Klamotten, allerlei Verpackungen, eine Kaffeemaschine und Tüten mit Flaschen. Die ärgern Marcel Kreis besonders, denn die Container sind leer.

Nichts für Zartbesaitete: Das Wühlen in Säcken oder Kartons fördert manchmal Adressen zu Tage.
Rödermark: Nichts für Zartbesaitete: Das Wühlen in Säcken oder Kartons fördert manchmal Adressen zu Tage. © Michael Löw

Rödermark: Laut Anwohnern vermüllt die Stadt immer mehr

Glas- und Kleidercontainer üben auf Müllsünder einen geradezu magischen Reiz aus. Für Bürgermeister Jörg Rotter, in dessen Verantwortung die KBR liegen, sind sie die größten Sorgenkinder seiner Leute. Manche Standorte lässt er statt einmal dreimal pro Woche ansteuern. Trotzdem haben viele Rödermärker den Eindruck, dass ihre Stadt immer mehr vermüllt. Kaum haben Kreis und seine Kollegen aufgeräumt, liegt neuer Dreck da.

Die Kleidercontainer in der Weserstraße sind ein extra hässliches Beispiel. Kreis stöbert in Kartons mit Handys und anderem Elektroschrott, zwischen Kunststoffteilen eines offensichtlich ausgeschlachteten Autos und „Gelben Säcken“ nach Hinweisen auf die Verursacher. Diesmal allerdings vergeblich. Immerhin geht vom Dreck dieses Nachmittags keine unmittelbare Gefahr für die Umwelt aus. Doch die KBR-Männer haben in Feuchtwiesen auch schon kaputte Kanister geborgen, aus denen Motoröl in den Boden sickerte.

Jetzt, im regnerischen Spätwinter, hält sich der Geruch noch in erträglichen Grenzen. Der Sommer stellt den Magen von Marcel Kreis vor andere Belastungen. „Wenn‘s warm wird, stinken die Hundetüten ganz pervers“, sagt er. Wahre Ekelpakete sind halb leere Lebensmittelverpackungen, aus denen die Maden kriechen. Dann atmet auch der Fachmann ganz flach durch den Mund.

Überquellende Abfallkörbe sind normal.
Rödermark: Überquellende Abfallkörbe sind normal. © Michael Löw

Müll-Probleme in Rödermark besonders im Sommer

Ihm stinkt, dass diese Art von Müll vor allem nach Grillpartys im Schiller-Wäldchen und hinterm Badehaus zurückbleibt. Keiner will die Reste mit nach Hause nehmen und sich den Rucksack mit Marinade versauen, die aus dem aufgerissenen Fleischpaket quillt. Denn die Leute wissen: Die Stadt macht‘s ja weg. „Der Mensch ist ein Schwein“, bedauert ein Passant Marcel Kreis, als der wieder einmal einen übervollen Abfallkorb leert.

Kreis ärgert sich am Ende seiner Tour noch über eine Wagenladung alter Schränke auf dem Waldparkplatz Richtung Messel. Die passen nicht auf seinen Transporter, da müssen Kollegen mit einem größeren Auto anrücken. Dass Marcel Kreis an diesem Nachmittag noch einen zweiten Umweltsünder erwischt hat, hat er da schon wieder vergessen: Vor den Containern im Breidertring hat ein Bewohner aus den benachbarten Hochhäusern den Karton einer Fritteuse deponiert, den zum Glück ebenfalls ein Adressaufkleber ziert. (Michael Löw)

Auch ein Ehepaar aus Rödermark hat ein Müllproblem: Unbekannte werfen immer wieder verschimmeltes und verpacktes Essen über den Zaun auf das Grundstück, auf dem auch Ziegen leben.

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