Stadt kürzt Öffnungszeiten in Kitas: Eltern schreiben wütenden Brief

Personalmangel ist in den Kitas oft trauriger Alltag. In Rödermark ist die Betreuungszeit dermaßen verkürzt, dass wütende Eltern an den Magistrat geschrieben haben.
Rödermark – 73 und 22,5: Das sind die Zahlen, die Eltern im Süden von Ober-Roden zur Verzweiflung bringen. Jedenfalls die, deren Kinder in die Kita Zwickauer Straße gehen. Die Personalnot dort ist dermaßen groß, dass die Stadt die Öffnungszeiten um zwei Stunden gekappt hat. Kinder werden nur noch von 7.30 bis 15.30 Uhr betreut (statt von 7 bis 17 Uhr).
Eltern, die einen Halbtags- oder Zweidrittelplatz gebucht haben, müssen seit Februar sehen, wie sie 22,5 Stunden fehlende Betreuung stemmen. Beim Ganztagesplatz klafft eine Lücke von 73 Stunden. Das entspricht im Berufsleben zwei vollen Arbeitswochen.
Kita wegen Streik, Fastnacht und Personalversammlung geschlossen
Jetzt ist den Eltern der Kragen geplatzt: „Rosenmontag, Personalversammlung, spontan frühzeitige Schließungen durch akuten Personalmangel, der die Aufsichtspflicht gefährdet, zwei pädagogische Tage, drei Streiktage – fehlende Betreuung, die von uns nicht mal so im Vorbeigehen zu kompensieren ist“, klagen sie in einem Brief, der an Bürgermeister Jörg Rotter und Erste Stadträtin Andrea Schülner adressiert ist und allen Parteien im Stadtparlament geschickt wurde.
Der „massive Personalmangel“ mache Kindern und Eltern schon seit dem vorigen Herbst zu schaffen. Doch durch längerfristige Ausfälle habe sich die Situation seit Anfang des Jahres nochmals erheblich zugespitzt. Die um täglich zwei Stunden gekürzte Öffnungszeit ist nach Ansicht der Eltern nicht mehr zumutbar. Zumal sie befürchten, dass diese Regelung bis zu den Sommerferien gilt. Sauer sind sie über allzu kurzfristige Informationen von der Stadt und dem Grund der Kürzung: Schutz des Personals.
„Nicht mehr tragbare Notsituationen“ bei Eltern in Rödermark
Die Mängelliste der Eltern: Ganze Gruppen haben tagelang keine feste Bezugsperson, das Vorschulprogramm fällt zu oft aus, die Kita-Leitung rotiert zwischen Büroarbeit und Unterstützung in den Gruppen.
„Machen Sie sich bewusst, dass die verkürzten Öffnungszeiten auch zu nicht mehr tragbaren Notsituationen führen, dass Arbeitgeber mittlerweile kein Verständnis mehr haben, sogar Arbeitsplätze bedroht sind“, warnt der Elternbeirat. Erste Firmen würden Regressansprüche wegen Minderleistung geltend machen. „Trägt die Stadt Rödermark auch diese Kosten?“, fragen die Eltern spöttisch.
Rödermärker Eltern: Situation ist zermürbend
Eine Familie – beide Eltern berufstätig – beschreibt die Konsequenzen aus täglich zwei fehlenden Betreuungsstunden drastisch: „Unser Leben wird seit Wochen auf den Kopf gestellt. Um unserer Arbeit gerecht zu werden, müssen wir immer wieder unsere Tätigkeit auf die Nachtstunden legen. Unsere Arbeitgeber haben sich bisher sehr verständnisvoll gezeigt, jedoch ist ihre Geduld nun auch am Ende – so wie wir mit unseren Kräften.“
Aber nicht nur der Chef macht Stress. Die kinderlosen Kollegen fühlen sich benachteiligt, weil sie ständig einspringen müssen. Einer der Zwickauer-Väter hängt seine Arbeitszeit nach vorne in das Morgengrauen oder bis in den späten Abend.
- Der Elternbeirat nimmt bei seinen Forderungen kein Blatt vor den Mund:
- – Unterstützung in Notfällen durch Verwaltungspersonal mit Ausbildung im Kinderdienst.
- – Die Nähe zur Kita Potsdamer Straße macht es möglich, die Ganztagskinder ab 15 Uhr zu betreuen. Zwei Mitarbeiterinnen aus der Zwickauer Straße können sie begleiten und sind vertraute Bezugspersonen.
- – Springer unterstützen das Stammpersonal in den Randstunden nachmittags.
Geradezu ultimativ fordert der Elternbeirat ein Konzept, das „den Erzieherinnen wieder eine zufriedenstellende pädagogische Arbeit ermöglicht und eine verlässliche Betreuung in den gebuchten Zeiten von 7 bis 17 Uhr garantiert“. Als Ausgleich erwarten die Eltern eine rückwirkende Gebührensenkung ab Februar: „Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, behalten wir uns das Recht vor, die zu viel bezahlten Beiträge mit der nächsten Zahlung einzubehalten.“ (Michael Löw)
Zuletzt streikte das Personal an den Kitas in Rödermark. Die Mitarbeiter wollten damit im Tarifstreit den Druck auf die Kommunen erhöhen.