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Rödermark: Erst Geldnot, dann Fortschritt

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Von: Michael Löw

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1955 feierten die Ober-Röder den 50. Geburtstag ihres Bahnhofs. Auf der Strecke waren damals auch Lokomotiven aus der Gründerzeit der deutschen Eisenbahnen unterwegs. Tausende bestaunten alte und die seinerzeit neue Technik. Das
1955 feierten die Ober-Röder den 50. Geburtstag ihres Bahnhofs. Auf der Strecke waren damals auch Lokomotiven aus der Gründerzeit der deutschen Eisenbahnen unterwegs. Tausende bestaunten alte und die seinerzeit neue Technik. Das © Archiv HGV Rödermark

Der 2023er Kalender des Heimat- und Geschichtsvereins Rödermark erzählt von Lokomotiven, Bahnhöfen und längst verschwundenen Bauwerken wie dem „Eisernen Steg“, der in Ober-Roden die Gleise querte.

Rödermark – Kaiser Wilhelm I. – beziehungsweise die nach ihm benannte Zeit – brachte den Fortschritt nach Ober-Roden. Nach langem Hin und Her ging 1896, also Jahre nach dem Tod des Monarchen, die Rodgau-Bahn von Offenbach nach Dieburg in Betrieb. Der Heimat- und Geschichtsverein hat in seinem elften Kalender die Entwicklung der Eisenbahn von der Kaiserzeit bis in die 1960er Jahre dokumentiert. Federführend waren Patricia Lips und Winfried Hitzel.

Die Weichen wurden unter der Regentschaft von Wilhelm I. gestellt. 1876 hatte das Großherzogliche Innenministerium erstmals den Verkehr auf Hessens Straßen und Wegen zählen lassen. Ein Jahr später forderte ein „Comitee“ „mit aller Entschiedenheit“ eine Bahnlinie von Offenbach über Heusenstamm, Dietzenbach, Urberach und Ober-Roden nach Dieburg und Reinheim. Die Strecke über Rodgau war noch nicht im Gespräch.

Am 8. Juni 1881 genehmigte das Großherzogtum Hessen endlich die Rodgau-Bahn. Das Geld – knapp eine Million Reichsmark – musste vom „Comitee“ (heute würde man Zweckverband sagen) aufgetrieben werden. Sieben Jahre später gaben die Gemeinderäte von Ober-Roden und Messenhausen Gelände für den Bahnbau frei. Aber Geld, um die enteigneten Bauern entschädigen zu können, hatten sie nicht. Eine Kreditkasse musste her.

Alle Geldsorgen und Streitereien waren vergessen, als am 30. September 1896 eine Lokomotive mit acht Personen- und einem Salonwagen im Bahnhof Ober-Roden einfuhr. 1905 wurde Urberach von Westen an die Dreieichbahn angeschlossen.

Die Eisenbahn brachte den Fortschritt in die Dörfer des heutigen Rödermark. Ober-Roden wurde zum Knotenpunkt. Im Zweiten Weltkrieg mussten die Menschen das teuer bezahlen. Schon 1943 flogen die Alliierten erste Luftangriffe auf den Bahnhof und seine Umgebung. Anfangs richteten die Attacken nur Sachschäden an. „Am 26. November 1944 zerstörte ein Jagdbomberangriff auf den Bahnhof die Gaststätte von Anton Weber“, schreibt Professor Egon Schallmayer in seiner Chronik „1 200 Jahre Ober-Roden“. Der Wirt, seine Frau und zwei französische Zwangsarbeiter starben. Eine Woche vor Kriegsende wurde der Bahnhof erneut schwer getroffen und fast unbefahrbar gebombt. Drei Menschen kamen ums Leben.

Service: Der üppig bebilderte HGV-Kalender ist ein begehrtes Sammlerstück und schon seit Monaten ausverkauft. Unsere Zeitung veröffentlicht jeden Monat das entsprechende Motiv und ergänzt die ein oder andere historische Aufnahme um weitere Informationen aus neuer Zeit. (Michael Löw)

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