Rödermark: Fast drei Millionen Euro Miese

Die schwarze Null war für den Haushalt 2022 mehr Hoffnung als realistisches Ziel. Kämmerin Andrea Schülner fehlen mehr als 2,9 Millionen Euro. Der Ausgleich ist nur möglich, weil die Stadt Rödermark in den fetten Vor-Corona-Jahren Rücklagen gebildet hat.
Rödermark – Die kürzeste Haushaltsrede, die je im Rödermärker Parlament gehalten wurde, dauerte nicht einmal eine Minute. Kämmerin Andrea Schülner riss drei Dinge kurz an: keine schwarze Null, hohes Defizit, finanzielle Handlungsfähigkeit aber dank Rücklagen bis 2025 gesichert. Sprach"s, wies auf die gleichzeitig verteilte schriftliche Langform und die bis zum Sitzungsende in Kisten gepackten 570 Seiten Haushaltsplan 2022 hin. In der Pandemie wollte die Erste Stadträtin die Sitzung so knapp wie möglich halten.
Die wichtigsten Zahlen im Überblick: Im Ergebnishaushalt, aus dem die Stadt ihre laufenden Kosten bezahlt, stehen Ausgaben von gerundet 69,5 Millionen Euro nur etwas mehr als 66,5 Millionen Euro gegenüber. Das Defizit beträgt 2,93 Millionen Euro. Dieses Minus ist traditionell die Kennziffer, die die Kassenlage einer Kommune erklärt. Dass im Finanzhaushalt bei einem Volumen von 6,5 Millionen Euro 2,75 Millionen Euro fehlen, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Investitionen werden oft mit Krediten bezahlt.
Den Alleinschuldigen für das Defizit gibt es laut Kämmerin nicht. Vor allem seien die von der bundesweiten Steuerschätzung prognostizierten Daten im zweiten Corona-Jahr „deutlich unter den Erwartungen geblieben“.
Nach Auffassung der Steuerschätzer wird das Niveau von 2019 erst im Jahr 2023 wieder erreicht. Das macht die Finanzplanung schwierig. Denn egal, ob Bundesfinanzminister oder Kommunalkämmerin: Sie konnten davon ausgehen, dass Bürger und Unternehmen je nach Wirtschaftslage jährlich zwischen drei und acht Prozent mehr Geld in die öffentlichen Kassen zahlen. Die Einnahmen gehen zurück, die Ausgaben nicht – im Gegenteil.
„Ich denke hier an die jährliche Steigerung des Lohnniveaus, gestiegene Hygiene-Anforderungen an die städtischen Einrichtungen, die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, und vieles mehr“, nannte Schülner einige Beispiele. Allein die Inflationsrate von mehr als fünf Prozent macht ihrer Ansicht nach deutlich, wie angespannt die Situation ist.
Dazu kommt die Erhöhung der Kreisumlage, die Rödermark etwa 700 000 Euro per anno kostet. „Sehr bitter“, so die Kämmerin, ist die Minderung der Schlüsselzuweisung von fast 900 000 Euro. Damit zahlt die Stadt verspätet die Quittung, dass sie in den Jahren zuvor solide gewirtschaftet hat. Die Gewerbesteuer ist ein weiterer Risikofaktor mit Verzögerung: Unternehmen, die vor Corona gut verdient – und gezahlt – haben, backen jetzt oft kleinere Brötchen.
Dank ihrer Rücklagen komme die Stadt 2022 wieder ohne ein Haushaltssicherungskonzept mit scharfen Sparvorgaben aus, sieht Kämmerin Schülner ihren Entwurf durchaus positiv. Nächstes Jahr müssen die Rödermärker keine Angst vor höheren Steuern haben. Die Erste Stadträtin warnt aber: „Es gibt keine Garantie, dass alles so bleibt, wie es ist!“
Zeitplan: Der Haushalt ist jetzt eingebracht. Für viele der neuen Stadtverordneten dürfte der Entwurf ein Buch mit sieben Siegeln sein. Mitte Januar findet die sogenannte Blätterrunde statt. Dann können die Parlamentarier Magistrat und Verwaltung mit Fragen und Kritik konfrontieren. Beschlossen werden soll der Haushalt Ende März. (Michael Löw)