Fasziniert vom „Panzerband“-Musiker

Ober-Roden - Blaze Foley war ein Außenseiter, in mancher Hinsicht sogar ein Versager, und ist seit fast 30 Jahren tot. Carmen und Kai Nees haben ein Buch über den texanischen Musiker geschrieben. Von Michael Löw
Eben weil er ein Mann am Rande der Gesellschaft war und seit fast 30 Jahren tot ist. Eigentlich war"s ein Zufall, der das Ober-Röder Ehepaar Carmen und Kai Nees zu Schriftstellern machte. „Wir sahen ein Musikvideo, in dem ein schnauzbärtiger Unbekannter zusammen mit Townes van Zandt „Snowing on Raton“ sang“, erzählt Carmen Nees. Sie bekam Gänsehaut, das Video lief an diesem Abend in einer Endlosschleife. Mister Unbekannt bekam einen Namen: Blaze Foley. Den kannten beide nicht, daher begaben sie sich auf Spurensuche. Dass daraus ein Buch werden sollte, wussten sie da noch nicht. Carmen und Kai Nees entdeckten einen unangepassten Charakter, der prima singen und Gitarre spielen konnte, sonst aber wenig zustande brachte.
Blaze Foley war ein Außenseiter, oft auch obdachlos. Er belagerte die Sofas seiner Freunde, bis sie ihn rausschmissen. Oder schlief unter den Billardtischen des „Austin Outhouse“-Clubs. In der texanischen Musikszene machte er sich einen Ruf als Singer und Songwriter und als „Duct-Tape-Messiah“. Was im Deutschen „Panzerband-Messias“ bedeutet und Foleys Lieblingsmaterial zum Dekorieren und Reparieren seiner Kleidung beschreibt. Mit den grauen Klebestreifen zauberte er sogar ein Schlangenledermuster auf seine Cowboystiefel - ein Affront gegen das texanische Establishment, das in echten Schlangenhäuten durch die Gegend stiefelte.
Typisch amerikanisch war Blaze Foleys Tod am 1. Februar 1989: Der Sohn eines Freundes erschoss ihn im Streit. Typisch Foley war die Ursache dieses Streits. Der junge Mann nahm seinem Vater immer den Scheck ab, den er am Monatsanfang von der Sozialbehörde bekam. Blaze Foley hasste Ungerechtigkeit, sein Mitgefühl für andere arme Seelen kostete ihn im Alter von nur 39 Jahren das Leben.
Foleys Musik wurde zu Lebzeiten nie auf Schallplatten oder CDs veröffentlicht, fanden Carmen und Kai Nees bei ihrer Spurensuche heraus: Die ersten Demobänder wurden aus seinem Auto gestohlen, die zweiten beschlagnahmte das FBI, die dritten gingen im Tonstudio verloren. Das erste Album erschien 1999. Da war Foley schon zehn Jahre tot und in den USA eine Legende.
In Deutschland kannte ihn keiner. „Legenden können nur dann leben, wenn andere an sie erinnern“, sagt Carmen Nees. So wurde die persönliche Sammlung zum Buch: „Blaze zog bei uns ein!“ Die Ober-Röder telefonierten und mailten nach Texas und fanden Weggefährten des Musikers. John Casner stellte ihnen sein umfangreiches Archiv digital zur Verfügung. Foleys Schwester besorgte bei amerikanischen Fotografen die Erlaubnis, dass ihre Bilder im Buch von Carmen und Kai Nees veröffentlicht werden durften.
Sie lernten immer mehr Menschen aus Foleys Umfeld kennen, darunter zwei Freunde, die heute in Deutschland leben. Foleys Musik ist auch 30 Jahre nach seinem Tod aktuell. Carmen Nees hat da den Song „Oval Room“ im Blick. Foley kritisierte damals den US-Präsidenten Ronald Reagan. Seine Biographin findet, dass der Text auch für Donald Trump hätte geschrieben sein können.
Das Buch war ihr eine „Herzensangelegenheit, die uns nichts einbringt, sondern Geld kostet“. Doch das war vergessen, als sie an einem Donnerstagabend beim Hessischen Rundfunk anrief und Moderatoren-Legende Werner Reincke von ihrer Begeisterung für Foley erzählte - den Reincke bis dahin nicht kannte. Doch Samstagsmorgens spielte er „Clay Pigeon“ und lieferte gleich die deutsche Übersetzung. Carmen Nees: „So etwas erfüllt einem doch mit Befriedigung!“
Das Buch „Blaze Foley - ein Außenseiter, der zur Legende wurde“ kostet 19,80 Euro und kann über www.blazefoleybuch.de bestellt werden.