Rödermark: Fünf Kilometer statt fünf Schritte

Michael Ahlrichs Elektrohandel und die Postagentur Rödermark-Waldacker teilen sich eine Adresse, die Hauptstraße 29. Deren Dach ragt ein gutes Stück über die Gebäudekante, und der Geschäftsmann könnte seine Postgeschäfte mit ein paar Schritten sogar trocknen Fußes erledigen. Der kurze Weg wäre eine gute Sache, denn fast täglich bekommt er Päckchen. Soweit die Theorie.
Rödermark -Die Praxis ist wie so oft anders. Die Firma Elektro-Kohl bekommt ihre Pakete nämlich früh morgens. Aber da sind weder Ahlrichs noch sein Sohn im Geschäft, es öffnet nämlich erst um zehn. Beinahe jeden Tag finden sie beim Aufschließen der Tür die berühmt-berüchtigte Benachrichtigung, dass „eine persönliche Zustellung leider nicht möglich war“. Abholen können sie ihre Pakete erst einen Tag später. Aber nicht beim Nachbarn, sondern in der Postfiliale 592 in der Traminer Straße 12. Die liegt nicht ein paar Meter, sondern 4,9 Kilometer entfernt – ohne Auto geht da nichts.
Ein schwacher Trost für Ahlrichs: Immerhin muss er keine Kühlschränke, Waschmaschine oder Backöfen von Urberach nach Waldacker karren. Seine wichtigsten und schwersten Waren kommen zeitlich abgesprochen per Spedition. Die Post bringt lediglich Zubehör und Kleingeräte.
Ahlrichs hat sich schon ein paar mal bei den Fahrern beschwert. Terminservice könnte beim Postfrachtzentrum in Nieder-Roden beantragt werden, teilte einer der Postler mit, konnte aber weder mit Telefonnummer noch mit E-Mail-Adresse dienen. Der zweite ließ durchblicken, dass er lieber alle nicht ausgelieferten Sendungen en bloc nach Urberach fährt als einen zweiten Versuch zu unternehmen.
Michael Ahlrichs Postärger hat indes noch eine zweite Dimension. Immer wieder stehen Postkunden aus Ober-Roden in seinem Geschäft und wollen ihre Päckchen. „Da steht doch Hauptstraße 29 und am Mittwoch ab 10 Uhr“, hielt ihm dieser Tage ein Mann aus dem Breidert die Benachrichtigung entgegen. Pech gehabt: Die Postagentur 528 hat nur von 15 bis 18 Uhr offen.
Die Postagentur Ober-Roden, die erst vor Kurzem in der Frankfurter Straße 19 eröffnet wurde, ist nämlich schon seit drei Wochen wieder dicht. „Allerdings werden wir auch wieder eine neue Filiale eröffnen. Momentan laufen dazu Gespräche und Verhandlungen mit potenziellen Partnern. Sobald diese Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind, werden wir selbstverständlich darüber informieren“, verspricht Stefan Heß von der Post/DHL-Pressestelle in Frankfurt.
Er weist auf Alternativen für den Empfang von Paketen hin: Grundsätzlich können Kunden den Empfang ihrer Paketsendungen selbst steuern, indem sie einen Ablageort mit der Post vereinbaren, einen Wunsch-Nachbarn benennen, bei dem Pakete abgegeben werden sollen, wenn man nicht zuhause ist oder eine Wunsch-Packstation für Paketabholung rund um die Uhr auswählen. Außerdem können Kunden den Service „Postfiliale Direkt“ nutzen und sich Sendungen direkt an den DHL-Paketshop ihrer Wahl senden lassen, um diese später dort abzuholen. (Michael Löw)
