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Gaststätte „Zum Waldacker“ schließt nach 42 Jahren

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Alles muss raus - nicht nur Bembel, Gläser, Töpfe und Lampen, sondern auch die von Rosi Hartzdorf liebevoll gesammelten Dekorationsstücke, aus denen in ihrer Wirtschaft vier jahreszeitliche „Ausstellungen“ wurden. Ein Hausflohmarkt soll die Bestände etwas lichten.
Alles muss raus - nicht nur Bembel, Gläser, Töpfe und Lampen, sondern auch die von Rosi Hartzdorf liebevoll gesammelten Dekorationsstücke, aus denen in ihrer Wirtschaft vier jahreszeitliche „Ausstellungen“ wurden. Ein Hausflohmarkt soll die Bestände etwas lichten. © Ziesecke

Waldacker - Das nächste Stück Tradition in Waldacker geht verloren: Die Gastwirtschaft und Kegelbahn „Zum Waldacker“ öffnet nach 42 Jahren am morgigen Sonntag zum letzten Mal ihre Türen. Von Christine Ziesecke

„Solange wir gesundheitlich können, machen wir weiter. Danach werden wir verkaufen und in den Odenwald in die Richtung der Familie ziehen.“ So klang es noch beim 40. Geburtstag vor zwei Jahren aus dem Mund von Rosi und Reiner Hartzdorf. Nun ist es so weit. Sie schließen die Traditionsgaststätte „Zum Waldacker“, und es wird noch stiller im nördlichsten Ortsteil Rödermarks. Geplant war’s schon lange, nun haben eine kurzfristig freie Wohnung in der Nähe der Familie in Groß-Umstadt und der überraschend flotte Verkauf der eigenen Wirtschaft in Waldacker das Ende beschleunigt. Nach einer größeren Umbauphase wird eine junge Familie mit Drillingen hier zuhause sein.

Die Eltern des heutigen Inhabers, Käthe und Karl Böttcher, hatten das Haus in der Goethestraße einst gekauft; 1974 übernahmen dann Reiner und Rosi Hartzdorf die Gaststätte „Zum Waldacker“ und führten sie mehr als vier Jahrzehnte. Nicht nur der Biergarten und die beiden Kegelbahnen wurden zum Renner und sorgten für volle Tische, sondern auch die bekannt gute Küche. Nach vielen gesundheitlichen Tiefschlägen, aus denen die Wirtsleute sich immer wieder hochrappelten, haben die mittlerweile 72-jährige „Chefin“ und der 77-jährige Herr der Küche neue Zukunftspläne. Sie ziehen in die Nähe von Sohn und Enkel und vor allem von seiner Schwester, die vor einigen Jahren einen 30.000 Quadratmeter großen Pferdehof gekauft hat und bewirtschaftet – Langeweile wird also nicht aufkommen.

Die Fliegergemeinschaft Aschaffenburg hatte zum letzten Stammtisch in Waldacker ein großes Foto eines Rundflugs ihrer Wirtsleute mitgebracht.
Die Fliegergemeinschaft Aschaffenburg hatte zum letzten Stammtisch in Waldacker ein großes Foto eines Rundflugs ihrer Wirtsleute mitgebracht. © Ziesecke

Dennoch fällt der Abschied nach so langer Zeit schwer. Den Gastwirten wie auch ihren Gästen, die meist in schöner Regelmäßigkeit kamen. Die Fliegergemeinschaft Aschaffenburg etwa traf sich hier seit mehr als 15 Jahren jeden Mittwoch zum Stammtisch: Rainer und Astrid Korff, Erich Späth, Joachim Kapp und Richard Klein, der inzwischen verstarb, die Hartzdorfs aber seit 43 Jahren kannte und die Verbindung einfädelte. Jetzt sind sie auf der Suche nach einem zentralen Lokal zwischen Dietzenbach, Rodgau und Eppertshausen, „aber es muss mindestens so gemütlich und gesellig sein wie bei Reiner und Rosi“. Einer der Stammtischgründer, Joachim Kapp, bedauert zutiefst: „Leider hat es die Rosi ja bis jetzt nicht geschafft, ihr Wohnzimmer so umzubauen, dass wir jeden Mittwoch hier alle vorbeikommen können.“

Natürlich gab’s ein sentimentales Abschieds-Dankeschön in Form eines großen Fotos, von der scheidenden Wirtin voll Rührung entgegen genommen: „Ich werde euch auch nie vergessen!“ Dass Reiner Hartzdorf bei den Fliegern Mitglied ist, zeigt das Interieur der Wirtschaft: Fliegerlampen und andere Accessoires sind überall dekoriert.

Deko ist das Hobby von Rosi Hartzdorf: Zu jeder Jahreszeit räumte sie sehr zur Freude der Stammgäste das ganze Lokal um. Das ist nun auch das Problem, das Familie Hartzdorf an den Wochenenden 13. und 14. sowie 20. und 21.  August jeweils von 12 bis 18 Uhr mit einem Hausflohmarkt zu lösen versucht. Dann steht all das zum Verkauf, was in den vergangenen 42 Jahren die Gäste umgeben hat, aber in eine Drei-Zimmer-Wohnung wirklich nicht mehr hineinpasst – vom Deko-Frosch über die Laterne bis zu Bembeln und Gerippten.

Und mancher Gast wird sich wohl als Erinnerung das eine oder andere Stück sichern, wie etwa Karin und Roland Schlögl, die sich mit einem Gedicht verabschieden: „Ach, was werden wir euch beide hier vermissen! Wer wird wohl in Zukunft hier die Fahne hissen? Wer wird liebevoll an Weihnachten hier dekorieren und halb Waldacker mit Kunstgewerbe inspirieren? Doch bleibt gesund und freut euch alle Tage lang, denn für euch fängt jetzt ein neues Leben an!“

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