Rödermark: Gesichter des lokalen Widerstands
Der 8. Mai – der Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft – war genau das richtige Datum, um ein hoch informatives Buch über den Widerstand in der Region auf den Weg zu bringen. Der Urberacher Sozialdemokrat Klaus-Joachim Rink hat gründlich geforscht und das 260-Seiten-Werk gemeinsam mit dem Magistrat der Stadt Rödermark herausgegeben.
Rödermark - Mitgeholfen haben viele und haben beispielsweise Fakten und Quellen beigesteuert. Bei der Präsentation im Bücherturm betonte Bürgermeister Jörg Rotter den Wert dieser Arbeit, der mutige Männer und Frauen in den Mittelpunkt rückt, die sich gegen die braunen Machthaber gestellt und dies oft teuer bezahlt haben.
Sechs Männer sind es, symbolisch von Stacheldraht umwunden, die zum Titelbild des Buches wurden. Sechs markante und tragische Schicksale von Ober-Rödern und Urberachern, die unter Verfolgung und Repression litten. Sie sind nicht die Einzigen, doch sie stehen beispielhaft für viele und werden im Buch um weitere Namen ergänzt. Ausgewogen nach Ortsteilen sind es Adam Erter, Johannes Bangert, Karl Huther, Aloys Georg Rink, Wilhelm Weber und Martin Wolfenstädter. Ihre Lebensgeschichten, meist abrupt im Krieg abgerissen, stehen neben weiteren bebilderten Porträts, familiären Daten und den Hintergründen ihrer politischen Verfolgung.
Bei der Recherche befragten Rink und seine Helfer unzählige Bürger und noch lebende Angehörige. Vom Sattler Adam Erter etwa, der 1911 in der Dockendorffstraße geboren und im Juli 1942 in Wolchow in Russland gestorben ist, ist eine Seite eines 1934 erlassenen Urteils über eine zweijährige Zuchthausstrafe sowie weiterer Strafen, ausgesprochen durch das hessische Oberlandesgericht, abgedruckt. Urteile der gleichgeschalteten Justiz trafen auch die im Buch ausführlich dargestellten Karl Huther und Christian Auer.
„Mir haben in dem grundlegenden Werk von Dr. Egon Schallmayer und Dr. Jörg Leuschner einfach die Schicksale unserer Mitbürger gefehlt. Darum habe ich sie jetzt hiermit ergänzt und erweitert“, begründet Rink die Recherche an diesem „Gedenkbuch“. Eine ausführliche Biographie hat der Autor seinem Großvater, Aloys Georg Rink, genannt „Wienerlui“, gewidmet. Er gehörte nach überstandenen Grauen und Haft im KZ Dachau ab 1945 zu den Neubegründern der hessischen Sozialdemokratie.
Neben diesen vielen Lebensläufen mit ihren zumeist tragischen Enden enthält das Buch darüber hinaus weitere regional verankerte Kapitel Schicksale im Dritten Reich, recherchiert und geschrieben von Autoren, die sich diesen speziellen Themen besonders gewidmet haben. Neben eigenen Beiträgen Rinks etwa zur „Strafdivision 999“ oder zu Euthanasie-Opfern in Ober-Roden und Urberach findet der Leser Aufsätze von Angelika Arenz-Morch zum KZ Osthofen oder von Andreas Winterhalder zum Lager Rollwald. Der frühere Offenbacher Oberbürgermeister Wolfgang Reuter beschreibt den Widerstand in der Rhein-Main-Region und Jens Hühner schildert mit „Mit mir nicht!“ Leben und Leiden des Urberacher Kommunisten Martin Wolfenstädter.
Besonders dankte Klaus-Joachim Rink den Mitautoren, Unterstützern und Sponsoren. Besonders hob er Altbürgermeister Roland Kern hervor, der in seiner Amtszeit dieses Buch mit angestoßen hatte: „Er hatte offene Ohren, das war nicht oft so. Ich bin auf viele geschlossene Ohren gestoßen.“ Rinks Wunsch: ein Widerstandsdenkmal oder zumindest weitere Stolpersteine in Rödermark mit den Namen dieser Menschen, die nicht vergessen werden dürfen. Dann sei nichts vergeblich gewesen.
„Nichts war vergeblich - Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ heißt denn auch die Ausstellung, die Gabriele Preis vom „Studienkreis deutscher Widerstand 1933 - 1945“ in der Stadtbücherei eröffnete und die bis zum 22. Mai da zu sehen ist: Sie schildert 18 Lebensgeschichten einiger dieser wenigen Frauen, deren Widerstand bekannt wurde, aber oft unterschätzt wird, so etwa die Offenbacherin Gretel Maraldo, Tochter des Ober-Röder Reichstagsabgeordneten Wilhelm Weber.
Buchtipp
„Verfolgung und Repression während der NS-Gewaltherrschaft in Ober-Roden und Urberach Widerstand in Rödermark 1933 bis 1945“; Herausgeber Stadt Rödermark und Klaus-Joachim Rink; 260 Seiten, davon allein 18 Seiten Quellenangaben. Zu erwerben in der Kulturhalle bei Hannelore Jäger; 19,90 Euro. (Christine Ziesecke)
