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Rödermark: „Hauptsache keine Headhunter!“

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Von: Michael Löw

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Was unterscheidet Hans-Dieter Günther von Barack Obama? Der CeoTronics-Gründer hat seine Nachfolge zu aller Zufriedenheit geregelt. Was dem früheren US-Präsidenten bekanntlich nicht gelungen ist.
Was unterscheidet Hans-Dieter Günther von Barack Obama? Der CeoTronics-Gründer hat seine Nachfolge zu aller Zufriedenheit geregelt. Was dem früheren US-Präsidenten bekanntlich nicht gelungen ist. © Löw

Wenn Hans-Dieter Günther aus Rödermark-Urberach in den Memoiren von Barack Obama blättert, kann er sich gemütlich zurücklehnen. Denn ihm ist etwas gelungen, was dem einstigen US-Präsidenten verwehrt geblieben ist. Im börsennotierten Familienunternehmen ging der Machtwechsel nämlich in bestem Einvernehmen über die Bühne.

Rödermark - Zugegeben: Der Vergleich zwischen lokaler Wirtschaft und Weltpolitik hinkt ein wenig; die CeoTronics-Zentrale in Urberach ist nicht das Kapitol in Washington. Aber Hans-Dieter Günther war fast 52 Jahre unternehmerisch tätig, und da darf"s zum Ruhestand etwas mehr sein. Denn den hat der inzwischen 80-Jährige mit großer Weitsicht eingeleitet.

Sein Sohn Thomas, der heutige Vorstandsvorsitzende der CeoTronics-AG, war Student und hat Pakete gepackt oder in der Telefonzentrale wichtige Gespräche an seinen Vater vermittelt. Thomas Günther hatte also ziemlich alle Geschäftsbereiche im Unternehmen durchlaufen, als sein Vater sich mit 60 Jahren aus dem operativen Geschäft zurückzog und ihm die Verantwortung übertrug. Das war 2003.

„Es ist mir sehr schwergefallen“, gibt Hans-Dieter Günther zu. Aber der Verstand hat vor 20 Jahren über den Bauch gesiegt. Zumal er als Vorsitzender beziehungsweise stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates immer noch Mitentscheider war. „Ich wollte nicht nur Frühstücksdirektor sein“, widerspricht Günther einem Klischee.

Thomas Günther arbeitete sich über Jahre ins Chefbüro hinein. Vorstandsvorsitzender und Aufsichtsratsvorsitzender seien in dieser Phase nicht immer einer Meinung gewesen, plaudert Günther senior ein wenig aus dem Nähkästchen.

Sein Rat für die offizielle Übergabe: sechs Monate Vorlauf und eine offensive Kommunikation. Ein plötzlicher Wechsel an der Spitze könne Kunden verunsichern und im schlimmsten Fall den Aktienkurs drücken.

Die ungeklärte Nachfolge schadet darüberhinaus dem Betriebsklima. Hans-Dieter Günther kennt Unternehmer, die viel Zeit und Geld in die Ausbildung ihrer Kinder investiert haben, im entscheidenden Moment aber nicht über den eigenen Schatten springen konnten: „Da wurde ein Sohn, 45 Jahre alt und Dr.Ing., vor versammelter Mannschaft von seinem Vater runtergeputzt!“

Um das zu vermeiden, sollten sich Unternehmer nach Günthers Ansicht nicht erst im amtlichen Rentenalter von 65 Jahren Gedanken über ihren Nachfolger – oder natürlich die Nachfolgerin – machen. Mit 50 oder 55 sei der richtige Zeitpunkt gekommen. Gibt"s weder Töchter oder Söhne mit der nötigen Qualifikation, empfiehlt Hans-Dieter Günther den Blick in die erweiterte Familie. Bringt auch der nichts, lohne es sich, junge, erfolgversprechende Mitarbeiter möglichst früh mit Führungsaufgaben zu betrauen. Hauptsache keine Headhunter, die für teures Vermittlungsgeld Manager von draußen ins Familienunternehmen holen: „Das geht schief!“

Diese Sorgen sind dem CeoTronics-Gründer und seinem Nachfolger an der Firmenspitze fremd. Tristan, der Sohn von Thomas Günther, studiert an der Berufsakademie Rhein-Main in Urberach und schreibt seine Bachelorarbeit. Im Herbst könnte er voll einsteigen – als dritte Generation eines weltweit operierenden Hightech-Unternehmens, das zu seinen Rödermärker Wurzeln steht. Dieses enge Verhältnis würdigte auch Bürgermeister Jörg Rotter, als er Hans-Dieter Günther Anfang November die Rödermark-Medaille in Gold verlieh. Günther war der erste Wirtschaftsmann, den die Stadt so ehrte. (Michael Löw)

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