Rödermark: Kirchen-Rundgang im Großformat

Ein mehr als 100 Jahre altes Sakralbauwerk bis in seinen hintersten Winkel besichtigen, ohne es zu betreten? Profi-Fotograf Oliver Rösler aus Rödermark macht es für die „Freunde des Rodgaudoms“ möglich.
Rödermark – Oliver Röslers spektakulärstes Bild ist ein riesiger Airbus mit aufgeblendeten Scheinwerfern, der ihn zu verfolgen scheint. Er tut"s tatsächlich: Als die Lufthansa ihren ersten A 350 bekam, saß der Rödermärker Fotograf im Kofferraum eines „Follow me“-Autos, das vor dem rollenden Giganten herfuhr.
Die seiner Meinung nach perfekteste Aufnahme entstand am 8. Mai 2016 – Sie sehen den Flieger, einen A 320neo, über dem Hamburger Hafenfest unten in diesem Artikel. Sogar Airbus-Manager, die in der Maschine saßen, glaubten zunächst, es handelt sich um eine Montage. Dann zerlegte Oliver Rösler die 42 MB große Datei vor ihren Augen in Einzelteile: Die Zweifler erkannten sich selbst hinter dem Fenster.
Rösler ist ein hochkarätiger Profi, zu dessen Kunden außer der Lufthansa und der Fraport AG auch Techem, die Klöckner AG, Swisslife und diverse Zeitungen gehören. Die zahlen gutes Geld für seine Arbeit. Und dieser außergewöhnliche Fotograf hat sich den „Freunden des Rodgaudoms“ angeschlossen und mit Kamera und 3 D-Scanner das Innere der St. Nazarius-Kirche dokumentiert. Ohne auch nur einen Cent zu verlangen. Der virtuelle Rundgang – den es für kein anderes Gebäude in Rödermark gibt – ist auf der Homepage des Fördervereins zu sehen.
„Stellen Sie sich einmal vor, auf ein Ober-Roden ohne Kirchturm zuzufahren“, beantwortet Oliver Rösler die Frage nach seiner Motivation. Der 47-Jährige wuchs in Waldacker auf, ging in St. Nazarius zur Kommunion, wurde danach Ministrant und empfing als Jugendlicher das Sakrament der Firmung. Die Kirche hat ihn schon immer fasziniert. Zumal er als Saxophonist des Musikvereins Viktoria 08 auch von der Akustik des „Rodgaudoms“ begeistert ist. Deshalb hat er auch wieder angefangen, Orgel zu spielen.
Als Hans Kemmer Mitstreiter für den Förderverein suchte, hatte er bei Rösler leichtes Spiel. Er brachte sein Knowhow und seine Kreativität nicht erst beim Bilder-Rundgang ein. Zuvor hatte er die Schäden am Dach, an der Fassade und in Kirchenschiff dokumentiert. Die Bilder sind ein Alarmruf. Es hat – leider – seinen guten Grund, dass die „Rodgaudom“-Freunde appellieren: „Retten Sie unser einzigartiges Kulturdenkmal vor dem Verfall!“ Wer Oliver Röslers Fotos ansieht, spendet gerne für die auf knapp zwei Millionen Euro kalkulierte Sanierung.
Gelernt hat er Elektrotechniker, doch Computer zu verdrahten war ihm zu trocken. Mit 30 Jahren sattelte er um. Denn schon der junge Oliver Rösler durfte dem renommierten Waldackerer Werbefotografen Max Neuser über die Schulter schauen. Der wurde sein Mentor und befürwortete den Wechselwunsch. Weil seine Familie Zweifel hatte, ist Rösler immer noch froh über die Unterstützung. Von Max Neuser hat er auch die gut 40 Jahre alte Plaubel-Großformatkamera bekommen, mit der er im „Rodgaudom“ arbeitet.
Oliver Rösler ist guter Dinge, dass der Förderverein das Geld zusammen bekommt, das die Ober-Röder Katholiken trotz hoher Zuschüsse von Bund, Diözese und Stadt aufbringen müssen. Schon für die Innenraum-Renovierung in den späten Achtzigerjahren und den Bau des „Forums“ spendeten sie Millionen.
Am Montag hatte Oliver Rösler übrigens die Heimkehr der deutschen Olympiateilnehmer fotografiert und seiner Datendank mit 300 000 Bildern noch etliche Medaillengewinner hinzugefügt. Als nächstes verabschiedet er gemeinsam mit seinen Kameras und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die deutschen Starter der Paralympics.
Spendenkonto: Wer die Sanierung der St. Nazarius-Kirche unterstützen will, kann seine Spende bei der Frankfurter Volksbank auf das Konto der „Freunde des Rodgaudoms“ einzahlen. IBAN: DE35 5019 0000 6003 5884 90 (Michael Löw)
